Bei unserer Reise nach Südböhmen haben wir auch in Volary Station gemacht, die alpenländischen Häuser besichtigt und das Schnitzen von Dachschindeln probiert.
Volary wurde wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts durch das Stift Vyšehrad gegründet. Hier kamen die Säumer durch: Menschen, die Waren über die Berge von Bayern nach Böhmen transportierten und auf ihren Weg Verpflegung, Übernachtungsmöglichkeiten und die eine oder andere „Service-Einrichtung“ wie Schmiede, etc. brauchten.
Wahrscheinlich kamen die ersten Siedler aus Passau, aber auch aus der Steiermark und Tirol sollen einige Zuwanderer gekommen sein.
Zu Beginn des 15. Jahrhunderts war Wallern das bedeutendste Säumerzentrum im böhmischen Teil des Goldenen Steiges. Die Herrschaft wechselte ständig, Kriege sorgten für Verwüstung und auch Räuberbanden setzten den Händlern auf ihrem Weg immer wieder zu. Während des 16. Jahrhunderts blüht der Passauer Salzhandel und damit auch Volary: 13 Gasthäuser und vier Schmieden sorgen für die Säumer. Während dieser Zeit werden die typischen alpinen Häuser gebaut, die man zum Teil heute noch besichtigen kann und die zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt zählen.
Mit dem Dreißigjährigen Krieg geht der Salzhandel zurück, der Goldene Steig wird aber als Aufmarsch- und Versorgungsweg vom kaiserlichen Heer genutzt. Doch die Blütezeit ist vorbei. Auch nach dem Krieg erlangt der Handel wegen der hohen Schutzzölle auf bayrisches und Passauer Salz und die verstärkte Einfuhr des österreichischen Salzes aus Gmunden nie wieder seine ursprüngliche Größe.
Einige große Brände in der Stadt zerstören nicht nur einen Teil der alpinen Holzhäuser und die Kirche, sondern sorgen auch dafür, dass bei einem Wiederaufbau oft Stein mit Holz kombiniert wird.
Im 19. Jahrhundert verliert der alte Goldene Pfad seine Bedeutung, da er nur für Saumpferde nutzbar war und hat nur mehr regionale Bedeutung. Haupterwerbsquelle wird der Ackerbau, die Viehzucht und die Viehmast, aber auch Leinenweberei und die Herstellung von Garnen sorgen für Einkommen der Bevölkerung. Zu dieser Zeit beheimatet Volary 73 Gewerbebetriebe, darunter zwölf Leinweber, neun Schneider und acht Bäcker.
1863 ist es wieder einmal soweit: ein Großbrand zerstört 59 Häuser, die Kirche und die Schule, am Tag danach setzt ein Sturmunwetter der Gegend weiter zu.
Eine Brauerei wird 1879 gegründet, holzverarbeitende Betriebe, Sägewerke und eine Fahrradkettenfabrik entstehen. 1899 wird die Stadt an die Bahnstrecke angeschlossen.
Während die Stadt in der Zeit der Österreich-Ungarischen Monarchie überwiegend deutschsprachige Einwohner hatte, folgt in den Zeiten der Ersten tschechischen Republik ein zunehmender Zuzug von tschechisch sprechender Bevölkerung. 1938 wurde Volary im Rahmen des Münchner Abkommens an das Deutsche Reich angeschlossen. 1940 ein Kriegsgefangenenlager eingerichtet und unter dem Deckmantel der Möbelwerke Franzensthal wurde in der Nähe eine unterirdische Fertigungsstätte der Messerschmitt AG errichtet.
Ende des Zweiten Weltkrieges erreichte der Todesmarsch des KZ-Außenlagers Helmbrechts Wallern und sorgt auch heute noch für traurige Berühmtheit. Der jüdische Friedhof erinnert heute noch an die schreckliche Zeit.
Ab März 1946 vertrieb man die deutschsprachigen Bewohner auf Grund der Beneš-Dekrete fast vollständig. 1951 wurde eine Einheit des Grenzschutzes installiert, der erst nach dem Fall des Eisernen Vorhangs aufgelöst wurde.
Die Wallerer Häuser (Volarské domy)
Die sogenannten Wallerer Häuser im historischen Ortskern von Volary lassen sich auf die Einwanderer aus dem alpinen Raum zurückführen. Die größtenteils hölzernen Häuser waren eng aneinandergebaut und besaßen flache, mit großen Steinen beschwerte Satteldächer sowie Pawlatschen an der Giebelfront. Bis zum Brand in der Mitte des 19. Jahrhunderts haben diese Häuser den überwiegenden Teil der Gebäude der Gemeinde gebildet. Die gezimmerten und halb gezimmerten Häuser haben eine Dachstube, an der Frontseite mindestens drei Fensterachsen, einen Laubengang im vorgesetzten Dachgiebel und ein niedriges Giebeldach. In einem dieser Häuser ist auch das Museum Volary untergebracht.
Die Wände bestehen aus meist gezimmerten, manchmal auch unbehauenen Holzbalken. Die großen Häuser waren für die Landwirtschaft gebaut und mit Stall, Wohnräume und Scheuer unter einem Dach ausgestattet. Damit die landwirtschaftliche Fuhrwerke in die Häuser fahren konnten, waren die Hauseingänge an der Straßenfront teilweise groß. Die Räume gliederten sich in d’Stum (Stube), die Koumer (Kammer), den Dachboden, das Gwölb, die Kuchl, den Stull (Stall) und den Stou(d)l (Stadl).
Einige Häuser sind nicht mehr gänzlich aus Holz errichtet, sondern nach den großen Bränden teilweise mit Mauern aus Stein und Ziegel versehen.
Ein Teil des historischen Ortskerns mit den Wallerer Holzhäusern wurde 1995 zum dörflichen Denkmalschutzgebiet erklärt. Die Häuser dienen jetzt zu Erholungszwecken (Haus Nr. 41 und Nr. 81) oder werden dauerhaft bewohnt. In einigen Häusern kann man auch die Innenräume besichtigen.
Im Museum
Im Museum zeigt man uns zu Beginn gleich wie Holzschindeln früher gemacht wurden und mein Kollege probiert es – sehr erfolgreich übrigens – auch gleich aus.
Danach werfen wir einen Blick in das Museum, das sich in ihren Dauerausstellungen dem Goldenen Pfad, Fragmenten der Geschichte, dem Todesmarsch, und dem Kreuzweg widmet. Auch das alte Volary kann man in Fotografien kennen lernen.
Während unseres Besuches haben wir auch noch die Sonderausstellung „aus Pfarrdepots“ gesehen. Diese Sonderausstellungen wechseln regelmäßig.
Das Volary-Museum ist von Anfang Mai bis Ende September von Dienstag bis Sonntag von 10:00 bis 17:00 Uhr mit einer Mittagspause von 12:00 bis 12:30 Uhr geöffnet. Montag ist geschlossen.
Das Volary Museum findet ihr in der Česká 71.
Die Kirche der Heiligen Katharina
Im oberen Teil des Stadtplatzes findet ihr die frühbarocke Kirche, die in den Jahren 1688 bis 1690 nach den Plänen des Baumeisters Giovanni Domenico Canevalle erbaut wurde.
Der jüdische Friedhof der Opfer des Todesmarsches
Am Friedhof von Volary sind 96 russische, polnische, ungarische, deutsche und tschechische Gefangene begraben, die während des Todesmarsches aus dem Konzentrationslager Ravensbrück im Mai 1945 gestorben sind. Der im Jahre 1945 gebaute Friedhof ist den Opfern des Holocaust gewidmet und steht auf der Liste der jüdischen Denkmäler.
Die Namen der Opfer sind auf den einzelnen Grabsteinen aus weißem Granit angeführt, die regelmäßig in Reihen platziert sind. In der Vergangenheit trugen sie Namensschilder aus Blech, erst später wurden die Inschriften in die Grabsteine eingemeißelt.
Der Friedhof (Židovský hřbitov Volary) befindet sich in der Zlatá stezka 279.
Die Menhire von Volary
Auf dem Lehrpfad nach Zelené Dvory kommt man gleich hinter der Gemeinde auf dem Hügel U Dvou líp (Zu den zwei Linden) die 11 Menhire.
Ursprünglich standen die tausend Jahre alten Steine auf einer Hochebene im Erzgebirge, wo sie Reste eines urzeitlichen runden Baus bildeten. Ein Straßenbau hätte beinahe dafür gesorgt, dass sie nicht nur in Vergessenheit geraten wären, sondern für die Nachwelt verloren gewesen wären.
Durch das Engagement des Geologen und Chemikers Dipl.-Ing. Pavel Polák wurden sie gerettet und in Volary aufgestellt. Nun sind die 11 Menhire wieder zu einem Rondell geformt, das als Tempel und als Observatorium konzipiert ist. Die höchste Visierstele steht in der Mitte, die übrigen Steine sind in zwei sich durchdringenden Pentagrammen aufgestellt, die sich nach der Sonne bei der Sommer- und bei der Wintersonnenwende richten.
Weitere Informationen findet ihr auf Facebook unter https://www.facebook.com/kic.volary.cz oder im
Stadtinformationszentrum
384 51 Volary, Náměstí 325
Tel: +420 910 001 810
Email:
https://kic-volary.cz
Hier noch einige Ideen für eine kleine Rundreise in die Umgebung:
Písek ♥ Schloss Orlík und Umgebung ♥ Vyšší Brod (Hohenfurth) ♥ Dolní Dvořiště und die Festung Tichá ♥ Horní Planá ♥ Stožec (Tusset) ♥ Trocnov, Jan Žižka und das Freilichtmuseum ♥ Český Krumlov ♥ České Budějovice - Budweis ♥ Purkarec und Karlův hrádek
Der Besuch erfolgte im Rahmen einer Pressereise auf Einladung der Tourismuszentrale Südböhmen und Czech Tourism