Ungefähr 4 km vom Städtchen Dolní Dvořiště entfernt liegt die Festung Tichá, ganz in der Nähe der Grenze zu Österreich an einem Teich.
Die ehemalige Festung besteht heute (wieder) aus einem Turm und der freigelegten Festungsmauer. Im Steinhaus daneben, etwas außerhalb gelegen, befindet sich nicht nur ein Café, sondern auch eine kleine Ausstellung, in der man mehr über die Festung und ihre Geschichte erfahren kann.
Die Festung, im deutschen Oppolz genannt, liegt am Burgen- und Schlösserweg, der mit seinen 215 Kilometern durch Österreich und Tschechien führt und insgesamt 19 Burgen und Schlösser miteinander verbindet.
Die Geschichte
Wahrscheinlich wurde die Festung in der 2.Hälfte des 13. Jahrhunderts gebaut. Die erste schriftliche Erwähnung findet sich 1360 in einem Testament. Danach wechseln die Besitzer – wie in diesen Zeiten üblich – des Öfteren und natürlich findet man unter den Herrschern wieder einmal auch die Rosenberger aus Český Krumlov.
Um 1486, während der Podebrady-Kriege wird die Festung durch Österreich angegriffen und zerstört – auch das nahe Dorf wird niedergebrannt.
1620 kommt die wieder aufgebaute Festung in den Besitz der Familie Buquoy. 1687, 1707 und 1789 beschädigt Feuer wieder die Burg, die man schließlich in eine Brauerei umwandelt. Diese bleibt allerdings nicht lange bestehen.
Im 19. Jahrhundert verliert die Festung ihre ursprüngliche Form, ist aber weiterhin in Gebrauch. Es werden einige Gebäude dazu gebaut.
1945 wird die Burg vom Staat konfisziert, ihre Umgebung wird nun zur Viehzucht genutzt.
Da die Burg im Grenzgebiet zum „Westen“ liegt, beginnt man mit der systematischen Liquidierung der Ortschaften in der Nähe um die Grenzzone zu verstärken. Die Gebäude um die Festung werden teilweise abgerissen, ein Zaun wird in einer Entfernung von nur 100 Meter vom Turm aufgerichtet.
In den 1970er/80er Jahren versucht man den Festungsturm zu sprengen, im Vorhof entstehen Werkstätten für Staatsgüter.
Nach der Samtenen Revolution geht die Festung in den Besitz der Gemeinde Dolní Dvořiště, doch der Turm verfällt weiter, auch nach dem Verkauf an Privatpersonen. Schließlich kauft der Verein Hrady na Malši und die Gemeinde die Festung und das umliegende Land wieder zurück.
2009 werden am Festungsgelände die ersten archäologischen Forschungen durchgeführt, bei denen unter anderem ein intakter Krug im Erdgeschoss des Turminneren gefunden wird. Gleichzeitig laufen intensive Vorbereitungen für die Erhaltung des Turms. Ein Jahr später wird mit der Renovierung begonnen und die Fundamente der Begrenzungsmauer der Festung werden gefunden.
2011 findet man Reste von Kammeröfen, 2012 findet man im Keller des ursprünglichen Palastes einzigartige Keramiken, die Restaurierung des steinernen Teils des Turms, einschließlich der Außentreppe und der Innenböden ist abgeschlossen.
2017 werden die Planungen für die Überdachung der Festung und des Fachwerkbodens abgeschlossen, ein Jahr später übernimmt der Verein die Anteile der Gemeinde.
Bei unserem Besuch erstrahlt der Turm bereits wieder in alter Pracht. Der Eingang in den Turm, von dessen oberem Stockwerk man einen wunderschönen Überblick über die Umgebung, ist in luftiger Höhe, wobei die Treppe mit einem Dach versehen ist, das uns den Einsatz jener Schindeln zeigt, deren Herstellung unser Kollege in Volary versucht hat. Es ist kaum zu glauben, dass hier noch vor einiger Zeit ein heruntergekommener Bauernhof mit verrosteten Landmaschinenwracks, Ölfässern und eine Müllhalde war.
Heute sieht man den großen Turm mit Fachwerkgeschoss und gemeißeltem, mit Holzschindeln gedecktem Dach das einzigartig in seiner Art in der Tschechischen Republik ist, bereits von weitem.
Eine Hauptattraktion bei der Besichtigung ist unter anderem ein funktionsfähiger mittelalterlicher Kachelofen und auch Möbel, die an frühere Zeiten erinnern.
Bei einer Führung wird von österreichischen Häftlingen im Turmkeller erzählt, deren Schicksal nicht bekannt ist. Auch den Schlosskeller aus der Zeit der Festungsgründung kann man dabei kennen lernen, während im Schlossmuseum die Geschichte der Region und ihrer Bewohner vom Mittelalter bis zur Gegenwart erzählt wird.
Der Hláska-Teich neben dem Turm, war einst die „Quelle“, die den Wassergraben rund um die Festung füllte.
Die Festung ist im Moment von Juli bis Oktober bei Schönwetter geöffnet.
Bitte checkt auf jeden Fall die Website der Festung: https://www.hradynamalsi.cz/tvrz-ticha/
Eine kleine Rundreise in die Umgebung:
Písek ♥ Schloss Orlík und Umgebung ♥ Vyšší Brod (Hohenfurth) ♥ Horní Planá ♥ Volary (Wallern) ♥ Stožec (Tusset) ♥ Trocnov, Jan Žižka und das Freilichtmuseum ♥ Český Krumlov ♥ České Budějovice - Budweis ♥ Purkarec und Karlův hrádek
Der Besuch erfolgte im Rahmen einer Pressereise auf Einladung der Tourismuszentrale Südböhmen und Czech Tourism