Ich war fest davon überzeugt, dass auch Poděbrady zu den böhmischen Königsstädten gehört. Aber: mitnichten. Und doch kam einst ein böhmischer König aus dieser Stadt.
Heute ist die Stadt wohl eher als Kurort bekannt, da einige kohlensäurehaltigen Quellen auf dem Stadtgebiet entspringen und auch die reine Luft dafür sorgt, dass sich bald ein Erholungseffekt einstellt.

Dennoch: eine berühmte Persönlichkeit der böhmischen Geschichte, deren Handlungen über Böhmen hinausgingen, stammt aus dieser Stadt und wird auch mit einem Denkmal am Hauptplatz geehrt: Jiří (Georg) von Poděbrady.
Die Geschichte der Stadt
Bei der Gründung der Stadt war sicher auch ihre Lage entscheidend. Hier führte eine Furt über die Elbe und seit alten Zeiten kam man auf einem Handelsweg von Prag nach Schlesien durch die Stadt.
Auf die Furt weist auch der Name der Stadt hin, den man mit „Unter der Furt“ übersetzen könnte. Jedenfalls stammt die erste schriftliche Erwähnung aus dem 12. Jahrhundert.

Wenn die Stadt auch nicht zu den Königsstädten gezählt wird, hier trafen sich wichtige Persönlichkeiten und gekrönte Häupter öfter: So errichtete König Přemysl Ottokar II. hier eine steinerne Burg (heute steht an diesem Platz das Schloss) und traf sich 1268 in dieser mit Herzog Ulrich von Kärnten. Die Burg sorgte für einen weiteren Aufschwung und unterstützte die Lage an dem wichtigen Handelsweg.

Wie so oft wechselten auch hier die Herrscher öfter. König Johann von Luxemburg hatte sie an Hynek Žleb von Lichtenburg vergeben, der seine Tochter Elisabeth wiederum mit Boček I. von Kunstadt und Poděbrad verheiratet hatte und so nach dem Tod des Vaters in den Besitz der Pfandherrschaft kam.
König Karl IV. bestätigte Poděbrad als erblichen Besitz und so bezeichnete sich Boček auch als erster von Poděbrady. Allerdings traten seine Nachfahren zum hussitischen Glauben über und Kaiser wie Taboriten und Waisen versuchten die Stadt in ihren Besitz zu bringen.
Jiří (Georg) von Poděbrady
Georg von Poděbrad, der ebenfalls der utraquistischen Partei angehörte wurde ab 1448 zum Landesverwalter von Böhmen bestimmt und war 1458 bis 1471 König von Böhmen, wovon einige katholische Adelige und auch die Kurie nicht besonders begeistert waren. Er war der erste König im spätmittelalterlichen Mitteleuropa der sich von der römischen Kirche abgewandt hatte und zu den gemäßigten Hussiten übergetreten war. Das hatte nicht nur einige kriegerische Auseinandersetzungen und Streitigkeiten zur Folge, Georg von Poděbrad wurde schließlich am 23. Dezember 1466 von Papst Paul II. exkommuniziert.

Neben seinem Glauben war dafür sicher auch ausschlaggebend, dass er sowohl Kirchenoberhaupt wie auch Kaiser in ihren Einflussbereichen zurückdrängen wollte.
Allerdings sind auch einige seiner anderen Handlungen bemerkenswert: Im Kampf gegen die Osmanengefahr hatte er 1462 als böhmischer König den ersten europäischen Föderationsplan ausarbeiten lassen. Eine Abhandlung über einen Bund europäischer Fürsten zur dauerhaften Sicherung des Friedens, wobei verschiedene gemeinsame europäische Einrichtungen vorgesehen waren, wie Heer, Haushalt, Gericht, Volksvertretung, Asyl, Verwaltung und ein Wappen.

Ein Bündnissystem aus Staaten der Christenheit gegen die Türkenbedrohung, jedoch ohne wesentliche Führungsrolle von Papst oder Kaiser, die Entscheidungen sollten in einem gemeinsamen Organ des Bundes gefällt werden, Streitigkeiten auch hier geschlichtet werden. Souveräne Gleichheit der Staaten, Streitbeilegung auf friedlichem Weg, die Stellung eines Aggressors außerhalb des Gesetzes und das Prinzip der kollektiven Sicherheit waren Eckpunkte des Konstrukts: außerdem eine eigene Rechtspersönlichkeit, eigene Organe, eigene Beamte und eine eigenständige Finanzierung über eine gemeinsame Kasse mit einer gemeinsamen „Münze“. Georg von Poděbrad war also seiner Zeit weit voraus.

Jiří z Poděbrad starb im März 1471 in Prag und wurde in der Krypta der Kirche der heiligen Kreuzritter mit dem Roten Stern begraben. Er hatte zuvor bereits an gesundheitlichen Problemen, vor allem Herz- und Kreislaufbeschwerden gelitten.
Georg von Podiebrad hatte dem Ort die Stadtrechte verliehen, die auch nach seinem Tod von seinen Söhnen bestätigt wurden. 1495 kam die Herrschaft an König Wladislaw II. und wurde wieder mehrmals verpfändet. König Ferdinand I. löste Poděbrad 1542 wieder aus und veranlasste 1548 den Umbau der Burg in ein Renaissance-Schloss.

Der Dreißigjährige Krieg richtet auch hier große Verwüstungen an. Schwedische und sächsische Truppen plünderten und brandschatzten die Stadt. Ein Brand im Jahre 1681 vernichtete das Rathaus und zerstörte die meisten Holzhäuser, danach durften auf dem Stadtplatz nur mehr Häuser aus Ziegel gebaut werden. Doch große Brände 1800 und 1832 vernichteten wiederum große Teile der Stadt, die dadurch ihr mittelalterliches Aussehen verlor.

Georg Simon von Sina, ein Wiener Bankier kaufte 1839 die Burg und den Besitz, durch eine Heirat gelangte das Schloss schließlich 1884 an die Fürsten von Ypsilanti. Die letzten Residenten waren eine Urenkelin von Sina, Fürstin Chariklia und ihr Ehemann Philipp Ernst zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Sie waren es auch, die den Ausbau der Quellen und den Umbau des Ortes zu einem Kurort vorantrieben.
Das Heilbad
Reines Wasser war knapp in der Stadt und im Schloss und so holte man einen deutschen Rutengänger Karl von Bülow 1905 in die Stadt, der tatsächlich im Innenhof des Schlosses eine starke Wasserader aufspürte. Eine 96,7 Meter tiefe Bohrung brachte schließlich Gewissheit und führte zur Entdeckung einer Mineralquelle mit kohlendioxidhaltigem Wasser. Es war zwar nicht das geschmacklich hervorragende reine Trinkwasser, das man gesucht hatte, aber schon bald stellte sich die heilende Wirkung des Wassers heraus und so feiert der Kurort 2025 seinen 120. Geburtstag. Wenn gleich der Kurbetrieb erst 1908 eröffnet wurde. Seitdem werden in Poděbrady in erster Linie Herz- und Kreislauferkrankungen behandelt. Poděbrady ist damit der erste auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen spezialisierte Kurort in Tschechien.

Schließlich folgte die Erschließung mehrerer Quellen am Stadtgebiet und noch heute kann man die erste Quelle im Schlosshof sehen und bei ihr und auch bei einer Quelle im Stadtpark das Wasser verkosten oder sich für den Privatgebrauch abfüllen.
Das Wasser zeichnet sich nicht nur durch den hohen Kohlensäuregehalt aus, sondern enthält auch Hydrogencarbonate, Kalzium und Magnesium. Heute verwendet man es nicht nur für medizinische Bäder, sondern auch für Trinkkuren und unter der Marke Poděbranka wird es auch als Heil- und Tafelwasser verkauft.
Sehenswürdigkeiten
Der Kurpark
Eine Kurstadt braucht einen Kurpark. Wir haben in einem Hotel am Rande des Parks übernachtet, das ich nicht nur von der Lage her empfehlen kann. (Mehr darüber findet ihr hier)

In der Früh kann man den Tag gleich mit einer Joggingrunde durch den Kurpark beginnen, die vielen Statuen im Park bewundern, an der berühmten Blumenuhr (zumindest im Sommer) innehalten und dann schnurstracks zum Hauptplatz marschieren.

Die Blumenuhr ist weit über die Grenzen der Stadt bekannt. Jeden Tag legen hier die Gärtner in der Früh das Datum aus kleinen und großen Steinen neu. Leider war bei unserem Besuch das Wetter noch ziemlich schlecht – daher konnte mit der Pflanzung der Blumen noch nicht begonnen werden.

Eingerahmt wird der Kurpark von Hotels und Restaurants, Cafés und Wohnhäusern, die meistens aus der großen Zeit der Kurstadt in den 1930er Jahren stammen. Damals war es schick und sehr in für wohlhabende Prager Bürger, aber auch für Schauspieler und Sänger sich am Wochenende nach Poděbrady zur Erholung zu begeben. Auch die eine oder andere Villa stammt noch aus dieser Zeit.
2007 wurde die Revitalisierung des Areals abgeschlossen, ein Teil wurde als englischer Park angelegt, mit Pergolen, Kaskaden und Wasserkanälen.
Der Hauptplatz (Georgsplatz)
Wir gehen aber an der Blumenuhr geradeaus vorbei und kommen schließlich zum großen Hauptplatz, der vom Denkmal vom berühmtesten Bürger der Stadt geprägt ist: Jiří z Poděbrad.
Das Denkmal von Georg von Poděbrad
Das Denkmal wurde von einem der führenden Bildhauer des Landes des 19. Jahrhunderts in einer besonderen Technik gestaltet: Bohuslav Schnirch: 12 Kupferplatten, die in Form gehämmert und an einem Eisenrahmen befestigt wurden, bilden die Statue. Am Sockel kann man das Stadtwappen erkennen und die Wappen von Böhmen, Mähren, der Lausitz und Schlesien.

Die Mariensäule
Sie wurde 1765 als Erinnerung an das Ende der Pest in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts gebaut, vermutlich von Josef Bergmann, der ebenfalls aus der Stadt stammte.

Die vier Heiligen am Sockel sind der Heilge Albert, Florian, Wenzel und Prokop. Über den Heiligen am Ende der Statue thront die Statue der Unbefleckten Maria.

Georg von Poděbrad war es auch, der während seiner Herrschaft den Platz umgestalten ließ. Wenn auch die Häuser durch die Brände verloren gingen, ihre Grundrisse stammen größtenteils noch aus dem Mittelalter. Die Renaissance-Arkaden, wie auch die Fassaden der Häuser wurden immer wieder durch Brände zerstört wie auch die Stadtmauer 1832. Dennoch finden sich um den Platz mehrere Kulturdenkmäler wie die Stadtsparkasse, das Alte Rathaus (in dem heute die Stadtbibliothek untergebracht ist), das Neue Rathaus und einige weitere schöne Bürgerhäuser.

Beachtenswert ist auch, dass in vergangenen Zeiten 37 Häuser am Hauptplatz das Recht hatten, Bier zu brauen.
Das Schloss
Wenn ihr am Hauptplatz beim Denkmal von Jiří z Poděbrad steht, seht ihr auch schon den Eingang zum Schloss, der in der Nähe liegt.
Wie schon erwähnt ließ König Přemysl Ottokar II. im 13. Jahrhundert auf einem Felsenvorsprung eine gewaltige Wasserburg bauen, die Mitte des 14. Jahrhunderts zur Familie Kunštat wechselte und deren bedeutendster Spross Georg von Poděbrad war.

Im 16. Jahrhundert beginnt Kaiser Ferdinand den Umbau der Burg zu einem Schloss, wobei der Umbau aber erst unter Rudolf II. abgeschlossen wird.

Ihr heutiges Aussehen verdankt das Schloss einem Umbau 1752-1757, der von Maria Theresia in Auftrag gegeben wurde.
Die letzten adeligen Besitzer des Schlosses waren Filip und Chariclea Hohenlohe, die den Wünschelrutengänger Karl von Bülow nach Poděbrady holten. Die Quelle, die er gefunden hat, befindet sich im 2. Schlosshof und spendet auch heute noch Wasser. Wer will, kann auch hier einen Schluck versuchen. Die letzten Besitzer waren nach dem Fund des Mineral- und Heilwassers auch dafür verantwortlich, dass die Stadt sich bald einen Namen als Kurstadt machte.

Nach dem 2. Weltkrieg diente das Schloss kurzzeitig als Internat, hier war auch das sogenannte Kings George College untergebracht, in dem berühmte tschechoslowakische Persönlichkeiten wie Milos Forman, Vaclav und Ivan Havel und Ivo Passer studierten.
Auch heute ist das Schloss eine Sprach- und Berufsausbildungsstätte der Karls Universität.
Wenn ihr durch das Burgeingangstor geht könnt ihr noch die drei Stuckembleme sehen, die auf die Vergangenheit hinweisen: links und rechts sind das tschechische und das ungarische Wappen abgebildet, in der Mitte findet sich das Wappen der Habsburger.

Im Schloss ist auch ein Museum untergebracht, das sich in den Räumen der ehemaligen Schlosskapelle befindet. Die Dauerausstellung wurde bereits 1964 eröffnet und widmete sich damals – anlässlich des 500. Jahrestages - den Friedensbemühungen von König Georg von Poděbrad. Seit 2014 kann man auch Dokumente seiner Politik, Siegel, Waffen, Münzen, Keramik und eine Kopie des Friedensbündnisses sehen.
Außerdem sind Entwürfe, Modelle und Skulpturen des Bildhauers Bohuslav Schnirch ausgestellt.

Es gibt Gerüchte, dass Georg von Poděbrad in einer dieser Kammern angeblich zur Welt gekommen ist. Allerdings gibt es dafür keine Beweise, ja man ist sich nicht einmal 100%-ig sicher, ob er überhaupt in Poděbrady geboren wurde.
In der Mitte des Schlosshofes steht der barocke Stadtbrunnen, der ursprünglich am Georgsplatz stand. Ihn umringen 28 Herzen, die die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union symbolisieren.

Der kleine Rosengarten wird jedes Jahr um eine Rose erweitert, die von einer/einem tschechischen oder slowakischen SchauspielerIn gepflanzt wird.
Kirche der Erhöhung des Heiligen Kreuzes
Das Kirchengebäude stammt aus dem 14. Jahrhundert und wurde an Stelle einer früheren Holzkirche errichtet. Das Presbyterium gilt mit seinen gotischen Fenstern als der älteste Teil der Kirche.
Im 16. Jahrhundert wurde die Kirche vom kaiserlichen Baumeister Aostalli, der auch beim Wiederaufbau des Schlosses beteiligt war, im spätgotischen Stil umgebaut, bei dem die Kirche ihr dreischiffiges Aussehen erhielt.

Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Westfassade um einen zweistöckigen Glockenturm erweitert.
Überrascht hat mich der Österreichbezug der Kirche: Der Hauptaltar aus versilberten Kupfer ist eine Kopie des Altars des österreichischen Wallfahrtsort Mariazell.

Weitere Informationen über die Stadt, die Sehenswürdigkeiten und die verschiedenen Kur- und Wellnessangebote findet ihr unter www.lazne-podebrady.cz oder vor Ort
Touristinfo Poděbrady
290 01 Poděbrady, Jiřího náměstí 19
Tel: +420 325 511 946, +420 325 606 500 (Kurort)
Email:
www.mesto-podebrady.cz
www.lazne-podebrady.cz