Unsere Tour durch Südböhmen führte uns auch – am Ende einer Radtour – nach Strakonice.
Die Stadt liegt am Zusammenfluss von Otava und Volyňka und unsere Radtour entlang des Flusses Otava endete gerade bei der Brauerei der Stadt.
Die Brauerei
Diese Brauerei ist eine der wenigen, die sich im Besitz einer Stadt befinden. Die Führung in dieser Brauerei sorgte für mich für einige Überraschungen.
Die Zutaten sind auch hier die gleichen: Hopfen, Malz, Wasser, Hefe – und auch hier kann man sich die verschiedenen Zutaten ansehen, an ihnen riechen oder sie verkosten – neu für mich war hier allerdings die Reifung der Flüssigkeit zu Bier. Natürlich gibt es auch hier Stahltanks für die weitere Lagerung, aber die Hefe verrichtet ihre Arbeit in großen steinernen Becken.
Es sieht aus, als ob Schaumbäder eingelassen worden wären. Ehrlich gesagt: ein kleines bisschen grauslich. Obwohl ich gestehen muss, dass auch dieses Bier ausgezeichnet schmeckt. Dennoch die Räume mit den „Bierbädern“ waren der Höhepunkt der kurzen Führung.
Gebucht werden können diese im kleinen Shop vor der Brauerei. Hier kann man auch die verschiedenen Sorten des hier gebrauten Bieres erstehen. Lasst euch nicht von dem etwas unfreundlichen Personal abschrecken. Mit etwas Geduld klappt es schon. Ein paar Worte tschechisch helfen aber in jedem Fall.
Die Geschichte
Doch nun zur Geschichte der Stadt.
Auf dem Areal von Strakonice siedelten schon die Kelten, die hier Gold wuschen. Später entstand an der Mündung der Volyňka in die Otava eine Wasserburg.
Bavor von Strakonitz (wie die Stadt auch auf Deutsch heißt) residierte in der Burg. 1367 erhielt die Siedlung rund um die Burg die Stadtrechte. Bereits 1243 schenkte Bavor den Johannitern einen Teil der Burg und die anliegende Kirche und im 15. Jahrhundert wurden die Johanniter Herren der kompletten Anlage.
1420 besetzte Jan Žižka während der Hussitenkriege die Stadt, konnte allerdings die Burg nicht einnehmen. Die Johanniter waren unversöhnliche Gegner der Hussiten. Allerdings war es nicht ihre Kriegskunst, die die Einnahme der Burg verhinderte, sondern Jan Žižka brach die Belagerung der Burg ab, da er nach Prag eilen musste.
Wenn ihr diese besucht (und das solltet ihr, das Museum ist toll, aber davon später) könnt ihr ihn in einer Darstellung am Burgtor im Harnisch zu Pferd mit einem eisernen Dreschflegel in der Hand und im Gefolge einiger Soldaten sehen. Auf der rechten Seite kann man Przibik von Koczow erkennen, der gerade einen Pfeil auf ihn abschießt.
1421 verlegt der Generalprior seinen Sitz von der Prager Kleinseite hierher, erst 1694 kehren die Johanniter wieder nach Prag zurück. Vorher wurde die Burg jedoch zu einem repräsentativen Sitz der Großpriore umgebaut. Ende des 16. Jahrhunderts war der Umbau im Wesentlichen beendet. Die Burg bleibt bis 1925 in ihrem Besitz.
Ab dem 16. Jahrhundert weiß man auch von einer größeren jüdischen Gemeinde, die hier in Strakonice lebte. Reste des Ghettos und ein jüdischer Friedhof sind heute noch erhalten, die Synagoge wurde allerdings 1976 abgerissen.
1891 wurde eine Bahnverbindung mit Budweis eingerichtet, die sicher auch den Export (vorallem der Textilindustrie) erleichterte. Im Museum konnten wir mit einiger Verwunderung feststellen, dass hier nicht nur Bezüge für Autositze hergestellt wurden und werden, sondern auch eine orientalische Kopfbedeckung, der Fez.
Und diese wurden sogar ab dem Anfang des 19. Jahrhunderts bis in den Vorderen Orient exportiert. Auch die Pullmann-Kappen wurden hier in allen Farben und Größen hergestellt und im Museum wird davon ebenfalls eine reiche Auswahl gezeigt.
Stolz ist man auch auf eine ehemalige Motorradfabrik, die 1930 ihre Produktion aufnahm und deren Erzeugnisse bei etlichen Rennen Siege einfahren konnten.
Die Strakonitzer Burg
Wenn ihr also durch die Stadt spaziert, solltet ihr euch unbedingt die Burg ansehen. Sie beeindruckt nicht nur durch ihre Größe.
Der älteste Teil der Burg, die Kirche des St. Prokop und der Turm Rumpál, tragen gotische Merkmale, während der Turm Jelena in die Zeit der Renaissance verweist. Das Kapitelhaus mit dem Kreuzgang gehören ebenfalls zu den ältesten erhalten gebliebenen Teilen der Burg.
Die Front des östlichen Teils der Burg wurde dem klassizistischen Stil angepasst. Seit 1958 ist die Burg als Kulturdenkmal Tschechiens geschützt.
Bei einer Führung kann man auch auf den Turm steigen und von oben die wunderbare Aussicht über die Landschaft genießen. Allerdings sollte man nicht von Platzangst geplagt werden, da es doch eine ziemlich enge Stelle beim Aufstieg zur höchsten Plattform gibt. Ich habe daher diese Möglichkeit ausgelassen, aber dann doch ein wenig geärgert, dass ich ein Hasenfuß war. Auf jeden Fall haben mir die Kollegen versichert, dass diese Enge nur ein ganz kleines Stück dauert.
Außerdem kann man im Rahmen einer Führung die Schwarze Küche besichtigen.
Das Museum
Die Textilproduktion
Im Museum in der Burg gibt es nun einige neue Ausstellungen, die wirklich sehenswert sind. Von der Textilproduktion in der Stadt und der Erzeugung von Fez, Pullmannkappe und Autositzen habe ich euch ja schon berichtet.
Die Stadt der Dudelsackpfeifer
Eine weitere Ausstellung befasst sich mit dem Dudelsack, seiner Herstellung und seiner Spielweise. Dudelsack habe ich eigentlich immer nach Irland oder Schottland verortet. Nie wäre es mir in den Sinn gekommen, dass es eine Stadt in Tschechien gibt, die der Tradition des Dudelsackspielens pflegt. Sensationell.
In der Ausstellung könnt ihr nicht nur die verschiedenen Dudelsäcke bewundern (ich habe auch nicht gewusst, welche Unterschiede es hier wieder gibt), sondern ihr könnt euer Talent auch an einem Dudelsack ausprobieren und es gibt viele Videos zu bestaunen, die nicht nur von den alljährlichen Dudelsacktreffen erzählen, sondern die Verbundenheit zur Volksmusik zeigen und beweisen, dass Gruppen aus der ganzen Welt nach Strankovice reisen um bei diesen Musiktagen dabei zu sein.
Kaum zu glauben, dass es auch in Österreich Gruppen gibt, die mit diesem Instrument umgehen können und auch schon bei dem alle zwei Jahre stattfindenden Dudelsack-Festival in Strakonice dabei waren.
Es ist nicht so einfach den Dudelsack zu spielen. Hier im Museum kann man es selbst probieren:
Die Marionettenausstellung
Tschechien ist ein Land der Puppenspieler und auch im Museum in der Burg von Strakonice gibt in einer kleinen, aber sehr feinen Ausstellung die verschiedenen Puppen zu bewundern.
Außerdem kann man auch hier sehen, wie die unterschiedlichen Puppenarten gespielt werden können. Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Ausstellung auch bei den kleinen Besuchern großes Interesse hervorrufen wird. Allein schon die Vielzahl der unterschiedlichen Puppen verspricht einige Ahhs und Oohhs....
Die Motorradausstellung
Dieser Teil wird wieder die Jungs interessieren, wenn gleich die Modelle eher historisch angesehen werden müssen. Dennoch es sind einige interessante Objekte dabei und wer sich für die Technik und den Motorsport interessiert, wird hier sicherlich länger verweilen. Ältere Semester werden sich vielleicht auch noch an das eine oder andere erinnern.
In den Räumlichkeiten der Burg ist auch das Infozentrum der Stadt untergebracht.
Museum in der Burg (Hrad) Strakonice
386 01 Strakonice, Zámek 1
Tel: +420 380 422 608
www.muzeum-st.cz
www.hradstrakonice.cz