Nový Bor, früher Bor u České Lípy – auf Deutsch Haida – ist eine junge Stadt mit einer großen Glas-Vergangenheit und auch Gegenwart.
Der Ort wurde erst 1702 gegründet als der Meierhof parzelliert wurde und dabei ein Dorf mit 21 Häusern entstand. Die Garfen Kinský übernahmen 1710 die Herrschaft und damit begann sich das Dorf schnell weiter zu entwickeln. Bereits 1724 kann die Ortschaft zum ersten Mal mit Glas in Verbindung gebracht werden: Josef Palme gründete den ersten Vorläufer der Glasfirma Reinhold Palme & Söhne, die später für ihre Lüster weltweit berühmt wurden. 1749 wurde die erste Kapelle errichtet, 1757 gründete 1757 die erste Weberei.
Dem Aufschwung des Ortes kam der Bau der Kaiserstraße an der Strecke Prag-Rumburg-Zittau entgegen, der auch von Graf Kinský unterstützt wurde, da er die vorteilhafte Lage der Ortschaft erkannte und daher hier ein wirtschaftliches Zentrum aufbaute. Auch Maria Theresia erkannte die Bedeutung und um den Handel zu ermöglichen erhob sie das Dorf im Februar 1757 zu einem freien unbefestigten Markt. Damit stand den Handelsbestrebungen der nunmehrigen Marktbewohner nichts mehr im Wege.
Bald wurden Produkte der Glashütten der Umgebung hier verarbeitet oder gleich weiterverkauft. 1754 gründete man die erste Glasverkaufsgesellschaft und das damalige Haida wurde zum Zentrum der Glasverarbeitung in Nordböhmen. In Haida wurde von Friedrich Egermann nicht nur das Achatglas erfunden, hier ist auch der Geburtsort von Perlmutt- und Biskuit-Emaille, Lithyalinglas und die gelbe und rote Lasur zu finden, die 1832 auf der Weltausstellung Weltgeltung erlangte.
Wichtig für das Handwerk war aber einst wie jetzt eine gute Ausbildung und so wurde 1869 die Glasfachschule Haida gegründet, die 1926 mit der Schule in Kamenický Šenov zusammengelegt wurde. Johannes Christian Oertel gründet in Haida 1869 sein Familienunternehmen, das sich bis heute mit der Veredelung von Rohglas, speziell Kristallglas und Bleikristall befasst. 1887 meldete der Firmengründer ein „Verfahren zur Verzierung von Glas- und Porzellangegenständen mit Perlmutterglanz“ und 1889 ein „Verfahren zur Herstellung einer Farbzier auf Hohlglasgegenständen“ zum Patent an. Seine Entwürfe und Kunstgläser wurden auch von den Wiener Werkstätten verkauft.
Heute produziert die Firma Joh. Oertel & Co. für den europäischen Markt unter der Marke Oertel Crystal. 1945 wurde die Familie ebenso wie die Palmes aus der Tschechoslowakei vertrieben. Beide Familien ließen sich in Deutschland nieder und produzieren noch immer Glas.
1880 war der Ort bereits auf 2737 Einwohner gewachsen und ein Zentrum der Porzellanfabikation und des Glashandels. Immer mehr Firmen verlegten ihre Geschäftsräume nach Nový Bor. Früh gab es eigene Verkaufsausstellungen in der Stadt.
1918 kam es zum Rumburger Aufstand, bei dem tschechische Soldaten von Rumburk über das Lausitzer Gebirge kamen, Haida besetzten und von dort über Česká Lípa nach Prag vorrücken wollten. Allerdings wurden sie nach kurzem Kampf gefangen genommen und ein Militärtribunal verurteilte 21 Anführer zum Tode, von denen sieben noch am Abend desselben Tages hingerichtet wurden.
1923 wurde an der Hinrichtungsstelle ein Denkmal errichtet, das allerdings später wieder entfernt wurde. Heute erinnert ein Granitdenkmal daran und am Friedhof befinden sich sechs Gräber mit den Namen der Hingerichteten.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden 1945 die Deutschböhmen, die in Haida die Mehrheit der Bevölkerung darstellten, vertrieben.
Es wurde aber auch der Schulbetrieb wieder aufgenommen und 1967 eröffnete man das Glaskombinat Crystalex, das heute zu den größten Gläserherstellern Europas zählt.
Mit seinem Glasmuseum, dem Glasunternehmen Lasvit und auch der etwas abseits gelegenen Glashütte Ajeto, kleinen, aber äußerst kreativen Glasstudios wie Novotny Glas und anderen oder dem großen Glaserzeuger Crystalex und der Glasschule ist Nový Bor wieder eine der wichtigsten „Glasstädte“ im Crystal Valley.
So „nebenbei“ hat es auch noch ein paar Sehenswürdigkeiten zu bieten. Für den Rundgang durch die Stadt parkt ihr euch am besten am Hauptplatz ein.
Die Pfarrkirche Maria Himmelfahrt
Zuerst wurde an ihrem Platz von 1747-1749 eine Kapelle errichtet. Doch diese wurde bald zu klein und so wurde die Kapelle 1786 bis 1788 von Baumeister Johann Wenzel Kosch zu ihrer heutigen Form umgebaut. 1893 wurden am spätbarocken Zentralbau noch einige kleinere Veränderungen durchgeführt. Ihr Turm besitzt ein Zwiebeldach, das mit zwei Laternen ausgestattet ist. An das ovale Kirchenschiff schließt sich ein halbkreisförmiger Altarraum mit zwei Balkonen an.
Die Innenausstattung stammt aus dem Ende des 18. Jahrhunderts und trägt klassizistische Züge, der Hauptaltar wurde von I.M. Platzer im Jahr 1792 gestaltet. Sechs Glas-Kronleuchter wurden ebenso in den Glaswerkstätten der Stadt und der Umgebung gearbeitet wie die farbigen Glasfenster mit ihren figuralen Motiven von Karl Meltzer.
Das Rathaus von Nový Bor
Der ehemalige herrschaftliche, barocke, zweitstöckige Schüttboden mit dem Mansarddach beherbergt heute die Stadtverwaltung. Über dem Eingang sind Rokoko Kartuschen mit dem Stadtwappen zu sehen, dahinter im Durchgang kann man das neue Wappen und auf Metalltafeln Bilder aus der Vergangenheit und der Gegenwart der Stadt sehen.
Das Glasmuseum
Am Hauptplatz liegt auch das Glasmuseum (Sklářské muzeum). Das Gebäude im Empire-Stil ließ 1804 der Glashändler Johann Christoph Socher nach seiner Rückkehr von Mexiko erbauen. Aus dieser Zeit stammt auch das Portal mit dem Anker, der ein Symbol für die Exportgeschäfte ist.
Glasausstellungen haben Tradition in Nový Bor. Schon früh - 1893 – wurde vom Fachverband der Glasindustrie eine Ausstellung im Rathaus eingerichtet. Interessierten Kunden sollten so die Werke und auch die Möglichkeiten der Glasmeister der Stadt und der Umgebung gezeigt werden. Leider waren wir zu kurz in der Stadt, um das Museum zu besuchen. Aber es soll in der Eingangshalle eine Werkstatt eines Glasmalers aus dem 19. Jahrhundert zu sehen sein und über der Treppe ist eine Unterglasmalerei zu sehen, die die Geschichte der Stadt erzählt.
Die Dauerausstellung über die böhmische Glasindustrie wird laufend durch aktuelle Einzelausstellungen ergänzt.
Die Post
Sehenswert am Marktplatz ist auch das zweistöckige Postgebäude, ein Jugendstil-Bau mit Kuppel an der Südwestecke, das 1904 errichtet wurde.
Die Vaclav Havel Bank
Eigentlich sind es ja zwei Sessel und ein Tisch, die am Hauptplatz unter einem wunderbaren alten Baum, der Schatten spendet stehen. Sie sind die Aufforderung zum Dialog, um unterschiedliche Meinungen im Diskurs zu respektieren und gemeinsame Lösungen zu finden. Das Herz auf der Lehne des einen Sessels zeigt, dass wir in einer Stadt des Glases, der Glasproduktion sind.
Am liebsten hätte ich die Idee – und das Herz – gleich nach Wien mitgenommen. Herz zur Diskussion und Respekt für den anderen ist in Zeiten wie diesen sicher auch hier gefragt.
Die Wahrheit und die Liebe müssen siegen – ein schöner Spruch, den wir nicht vergessen sollten.
Sehenswert sind auch die „Fachwerkhäuser“, die in der Stadt, aber vor allem auch in der Umgebung zu sehen sind. Während das Erdgeschoss gemauert ist, läuft im ersten Stock ein sogenanntes Umgebinde um das Haus herum, das – von Stämmen getragen – das „höher“ Bauen ermöglichte. Das Holz wurde mit Ochsenblut eingestrichen, das Fliegen und Schädlinge abgehalten hat – dadurch bekam das Holz auch seine dunkle Farbe. Um vor Regen und Wind besser geschützt zu sein und da diese Wetterereignisse meistens aus einer bestimmten Richtung kamen, wurden die Seiten der Häuser auf dieser Weise oft mit Schindeln geschützt und auch mit Mustern verziert.
Die Besuche erfolgten im Rahmen einer Pressereise auf Einladung von Czech Tourism in Wien mit Unterstützung der Tourismusorganisation der Liberecer Region und von Crystal Valley.