Zum Hauptinhalt springen

Auf einer Reise auf den Spuren des Barocks kamen wir auch nach Polná, um die Barockkirche Mariä Himmelfahrt zu besichtigen. Doch die Stadt bietet noch einiges mehr …

Die Vysočina, das böhmisch-mährische Hochland, ist reich an barocken Bauten. Es ist nahezu unglaublich, dass an allen Ecken und Enden, fast in jeder Stadt, in jedem Ort ein sehenswerter barocker Bau auf seine Besucher wartet. Es lohnt sich all diese Gebäude zu besichtigen, aber man kann auch überall ein bisschen länger bleiben und sich weiter umsehen. Es gibt vieles zu entdecken.

Blick von der Kirche Mariä Himmelfahrt
Blick von der Kirche Mariä Himmelfahrt

Nach Polná kamen wir, um die Kirche Mariä Himmelfahrt zu sehen. Aber ich möchte euch auch noch einige andere Tipps geben, was man in dieser Stadt noch sehen sollte. Und wie immer fehlt auch der geschichtliche Überblick nicht.

Die Geschichte

Polná wurde erstmals 1242 in einer Urkunde von König Wenzel I. erwähnt, in der er den Besitz der Stadt dem Sohn des Zbislav von Bradčice bestätigte. Wie viele andere Städte um diese Zeit lag auch Polná an einer wichtigen Handelsroute, dem Haberner Steig, der von Prag über Havlíčkův Brod (Deutschbrod) nach Mähren führte.

Blick zum Dekanat in Polná
Blick zum Dekanat in Polná

Bereits damals wird eine, der Heiligen Maria geweihte Kirche, erwähnt. Bald entwickelte sich der Ort zur Stadt, während ihre Besitzer wechselten. So gehörte Polná zur Zeit der Hussitenkriege Hynek Ptáček von Pirkstein, seine Tochter heiratete 1463 einen Sohn des böhmischen Königs Georg von Podiebrad, der der Stadt 1479 bedeutende Stadtprivilegien und ein Wappen verlieh. Doch die Herrschaft wechselte weiter: die Herren Trčka von Lípá verkauften die Stadt 1538 an Karl von Waldstein, 1553 gelangte Zacharias von Neuhaus durch Heirat in den Besitz, doch sein Sohn musste sie bereits 1597 wieder verkaufen.

In der Sakristei der Kirche Mariä Himmelfahrt in Polná
In der Sakristei in der Kirche Mariä Himmelfahrt

Doch auch die nächsten Herrscher verloren ihren Besitz: durch die Beteiligung am böhmischen Ständeaufstand und der verlorenen Schlacht am Weißen Berg wurden die Besitzungen konfisziert und gelangten schließlich 1623 an Kardinal Franz Xaver von Dietrichstein, dessen Familie fast 300 Jahre hier herrschte.

Blick vom Turm der Kirche Mariä Himmelfahrt in Polná
Blick von Turm der Kirche Mariä Himmelfahrt

Polná scheint auch ein guter Platz für Schriftsteller zu sein, so lebte von 1840 bis 1842 hier die berühmte tschechische Schriftstellerin Božena Němcová und auch Bohumil Hrabal verbrachte einige Kinderjahre in der Bierbrauerei, wenige Schritte von Stadtplatz entfernt.
Wirtschaftlich war Polná ein Zentrum der Textilproduktion und der Holzverarbeitung. Durch einen verheerenden Brand 1863, bei dem 189 Häuser vernichtet wurden und dem fehlenden Bahnanschluss an die österreichische Nordwestbahn stagnierte allerdings die Entwicklung der Stadt.

In der Turmstube der Kirche Mariä Himmelfahrt in Polná
In der Turmstube der Kirche Mariä Himmelfahrt

Ein dunkler Punkt in der Stadtgeschichte ist mit einer der letzten und bekanntesten Ritualmordlegenden der Habsburgermonarchie verbunden. Im März 1899 wurde die 19-jährige Näherin Anežka Hrůzová im Wald bei Polná ermordet. Schnell wurde der jüdische Schustergeselle Leopold Hilsner der Tat verdächtig, wobei sowohl die Kriminaluntersuchung wie auch der nachfolgende Prozess stark antisemitisch geprägt waren und Hilsner implizit ein Ritualmord vorgeworfen wurde.

Die Glocken der Kirche Mariä Himmelfahrt in Polná
Die Glocken der Kirche Mariä Himmelfahrt

Das erste Urteil vom Bezirksgericht Kuttenberg wurde im April 1900 auf Grund einer Nichtigkeitsbeschwerde aufgehoben und das Verfahren an ein Geschworenengericht in Pisek delegiert. Dieses verurteilte Hilsner im November desselben Jahres zum Tode, eine neue Nichtigkeitsbeschwerde wurde verworfen, allerdings begnadigte Kaiser Franz Joseph I. den Verurteilten zu lebenslanger Haft. Weitere Bemühungen um eine Wiederaufnahme des Verfahrens scheiterten, doch 1918 wurde Hilsner aufgrund einer neuerlichen Begnadigung freigelassen. Rehabilitiert wurde Leopold Hilsner allerdings erst 2008 symbolisch.

Sehenswürdigkeiten

In der kleinen Stadt mit ihren 5.000 Einwohnern findet man drei unterschiedliche Stadtplätze, eine Burg, ein teilweise umgebautes Schloss, eine Synagoge und vier christliche Kirchen in unterschiedlichen Baustilen und zum Ausruhen einen schönen Park.

Die Kirche Mariä Himmelfahrt

Sie ist wohl der beeindruckendste Bau der Stadt. Die Kirche Mariä Himmelfahrt wurde 1699 bis 1707 an der Stelle eines gotischen Vorgängerbaus errichtet, der bereits in der Schenkungsurkunde von Wenzel I. erwähnt wurde. Da dieses Gotteshaus jedoch zu klein für die Zahl der Gläubigen in der Stadt wurde, beschloss der damalige Besitzer der Stadt, Leopold Fürst von Dietrichstein den Bitten des Dechanten Václav Vojtěch Čapek nachzugeben und den Bau einer neuen Kirche zu beauftragen.

Die Kirche Mariä Himmelfahrt
Die Kirche Mariä Himmelfahrt

Die monumentale Kirche, nach den Plänen von Domenico de Angeli erbaut, ist 63 Meter lang, 26 Meter breit und 22 Meter hoch, der Turm weist eine Höhe von 63,5 Metern auf. Die Bauarbeiten wurden vom Baumeister Vít aus Nové Veselí und später von Jan Spinetti durchgeführt.

Im Inneren der Kirche Mariä Himmelfahrt
Im Inneren der Kirche Mariä Himmelfahrt

Wer die Kirche betritt, staunt über die reichhaltige wunderschöne Stuckverzierung, die als Werk Florentiner Künstler gilt. Zehn Altäre vermitteln Pracht und Reichtum und zwei einzigartige Orgeln sorgen für die musikalische Untermalung, darunter die Orgel von Johann David Sieber, die als sein größtes erhaltenes Musikinstrument in Tschechien gilt.

Blick zur großen Sieber Orgel
Blick zur großen Sieber-Orgel

Die kleinere Orgel in der Taufkapelle stammt aus dem 17. Jahrhundert und befand sich ursprünglich auf dem Kirchenchor der Literater Bruderschaft. Nach dem Tod von Fürst Leopold kamen die Bauarbeiten allerdings fast gänzlich zum Stillstand und erst 1715 wurde weiter gebaut, allerdings wurden viele Pläne nicht verwirklicht. Darunter der geplante Bau der zwei weiteren Seitentürme neben dem Hauptturm. Trotzdem gehört die Kirche zu den größten Kirchenbauten in der Tschechischen Republik.

Im Inneren der Kirche
Im Inneren der Kirche Mariä Himmelfahrt in Polná

Ihr Grundriss blieb bis heute unverändert, allerdings wurden Änderungen am Kirchenturm vorgenommen. Dieser musste wegen seines schlechten Bauzustandes in den Jahren 1831-1832 abgetragen und neu errichtet werden, am 4. August 1863 stürzte der neue Turm mit seinen Glocken bei einem verheerenden Brand, der fast die ganze Stadt vernichtete, ein.
Bei den Renovierungen der Kirche 1890-1898 wurde auch ein neuer Hauptturm errichtet.

Blick zum Taufbecken in der Kirche Mariä Himmelfahrt in Polná
Blick zum Taufbecken

Sehenswert ist auch das Zinntaufbeckenaus dem Jahre 1617.
Nach einer Renovierung im Jahre 2007 erstrahlt die Kirche nun wieder in ihrem barocken Glanz. Am 14. September 2008 wurde die Mariä-Himmelfahrt-Kirche in Polná zum Nationalkulturdenkmal erklärt.
Neben der Kirche sieht man auch das Dekanat aus dem 18. Jahrhundert.

Die Burg Polná

Die Burg aus dem 13. Jahrhundert wurde 1490 erneuert und nach 1584 zu einem Schloss umgebaut, dass 1623-1636 erweitert wurde. Die ursprüngliche Form der Burg bildeten vermutlich der zylindrische Wohnturm und das landwirtschaftliche Hinterland. Vom 13. Bis zum 16. Jahrhundert wechselten ihre Besitzer ständig: die Herren von Polná, Lipé, Pirkenstein, Kunštát, Lípa, Wallenstein, die Herren von Hradec, das Geschlecht Žejdlic von Schenfeld und die mächtigen Dietrichsteiner.

Blick zur Burg Polná
Blick zur Burg Polná

So ist es auch nicht verwunderlich, dass in der Burg einige bedeutende Gäste bewirtet wurden, wie Jiří von Poděbrady, Vladislav Jagelonsky, Ludvik Jagelonsky, Friedrich von der Pfalz.
Auch Hochzeiten berühmter Persönlichkeiten fanden hier statt, darunter die Hochzeit von Zacharias von Hradec mit Katharina von Wallenstein im Januar 1553.

Im Inneren der Kirche Mariä Himmelfahrt
Im Inneren der Kirche Mariä Himmelfahrt

Im dreißigjährigen Krieg zerstörten die Schweden 1646/47 das Gebäude. Nach dem Wiederaufbau von 1690-1693 wurde es 1753 umgebaut und nach einem Brand 1844 teilweise abgerissen. Heute befindet sich im restaurierten Teil der Burg das Stadtmuseum.
Im Burg- und Schlossareal ist auch eine Kunstschule untergebracht, in deren Saal nicht nur Schulkonzerte, sondern auch Veranstaltungen mit erstrangigen tschechischen und ausländischen Musikern stattfinden. Eine Sommerbühne, eine Touristenherberge und im östlichen Flügel das Schlossrestaurant sorgen sich um Unterhaltung und das Wohlergehen der Besucher.

Die ehemalige bürgerlich Brauerei

Das Gebäude aus den Jahren 1863 bis 1865 steht unter Denkmalschutz. Im rechten Teil des Komplexes lebte in den Jahren 1917 – 1919 der tschechische Schriftsteller Bohumil Hrabal mit seinen Eltern. Sein Stiefvater Francin Hrabal arbeitete hier ab 1914 als Buchhalter.

Fresken in der Kirche Mariä Himmelfahrt
Fresken in der Kirche Mariä Himmelfahrt

Die Spitalskirche St. Anna

1447 wurde die Kirche der heiligen Anna mit dem angrenzendem Spital auf Wunsch von Jan Sezima aus Rochov und seiner Gattin Kateřina von Močovice erbaut, 1684 barockisiert und im 19. Jahrhundert im Stil der Neugotik umgebaut. Sie steht am ältesten Platz der Stadt, am Szimovo-Platz.

Blick zur Kirche der Heiligen Anna in Polná
Blick zur Kirche der Heiligen Anna in Polná

Die Kirche St. Katharina

Die Friedhofskirche wurde 1340 von den Herren aus Prikstein als kleine gotische Kirche zu Ehren der Heiligen Katharina errichtet, 1488 erweitert und im 17./18. Jahrhundert umgebaut. Sie liegt auf einer kleinen Anhöhe. Laut einer mündlichen Überlieferung ist sie die älteste Kirche der Stadt, aber es fehlen dazu schriftliche Aufzeichnungen als Beweis. In ihrem Inneren kann man Fresken aus dem 15. Jahrhundert sehen. In einer Nische der Friedhofsmauer, in der Jugendstilgruft, ruht der Polnáer Landmann und Förderer Karel Varhánek.

Mariä Himmelfahrt in Polná
Mariä Himmelfahrt in Polná

Die Kirche der Heiligen Barbara

Sie stammt aus den Jahren 1720 – 1725 und wurde nach dem Grundriss eines griechischen Kreuzes gebaut. Das Deckenfresco mit der Ikonendarstellung schuf der Chrudimer Maler Cereghetti, die Altäre wurden vom Polnáer Václav Viktor Morávek geschnitzt.

Blick zur Kirche der Heiligen Barbara in Polná
Blick zur Kirche der Heiligen Barbara in Polná

Die Marktplätze

Der Szimovo-Platz

Der Szimovo-Platz ist der älteste Marktplatz der Stadt. Er entstand unterhalb der Burg und wurde ursprünglich Roßmarkt genannt. Der dreieckige Grundriss mündet in das untere gotische Tor. Früher waren hier der Marktplatz und die Fleischhauerläden, hier feierte man das Kirchweihfest zu Ehren der Heiligen Anna. Hier finden im Advent auch die beliebten Weihnachtsmärkte statt.

In der Nähe der Kirche der Heiligen Anna mit dem Spital findet man eine Reihe von interessanten Häusern: Im Haus Nr. 9 ist zurzeit die Stadtbibliothek untergebracht.

Im unteren Teil des Marktplatzes steht das Geburtshaus der Schriftstellerin Vlasta Pittnerová mit einem kleinen Park und dem Brunnen der Statue der Hébé.

Blick vom Turm der Kirche Mariä Himmelfahrt
Blick vom Turm der Kirche Mariä Himmelfahrt

Der Husplatz

Er entstand wahrscheinlich in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts und überrascht durch seine Größe. Allerding veränderte sich seine Form, da Stadtbrände zweimal seine Häuser vernichteten und er niederbrannte. Besonders der Brand im Jahre 1863 war verheerend, mehr als 180 Häuser, fast ein Drittel der Stadt und der Vorstadt wurden unwiederbringlich beschädigt oder total verbrannt. Auch das Dekanat wurde beschädigt und die meisten Stadtdokumente verbrannten.

Hier lohnt es sich nicht nur die Pestsäule zu bewundern, die 1750 erbaut wurde, sondern auch den großen steinernen Morávek-Brunnen. (Nixenbrunnen). An ihn erinnert Bohumil Hrabal in seinen Büchern.
Aber auch die Häuser 49, 41, 39 und 34 verdienen eure Aufmerksamkeit.

In der Kirche Mariä Himmelfahrt in Polná
Im Inneren der Kirche Mariä Himmelfahrt

Der Karlsplatz

Das enge obere Tor verbindet den Husplatz mit dem Karlsplatz, wobei hier in der oberen Stadt nach dem Jahr1680 die Judenstadt entstand.

Kirche Mariä Himmelfahrt
Mariä Himmelfahrt in Polná

Das jüdische Polná

Juden lebten in der Stadt schon ab dem 15. Jahrhundert, aber sie durften den Stadtteil erst in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts aufbauen – so entstanden 32 Etagenhäuser, die Synagoge und das Rabbihaus.

Die Synagoge wurde 1684 im Barockstil gebaut und am Ende des Jahrtausends renoviert. Heute befindet sich darin das regionale Jüdische Museum mit seinen Dauerausstellungen „Der Fall Leopold Hilsner“ und „Geschichte der Juden im Polná-Gebiet“. In der ehemaligen Bethalle werden heute Konzerte und Ausstellungen veranstaltet.

Der jüdische Friedhof

Der jüdische Friedhof befindet sich kaum 700 Meter nordwestlich vom Husplatz hinter der Pod Kalvarii Straße. Seit dem 16. Jahrhundert wurde er mehrmals vergrößert und man findet hier wertvolle barocke, klassizistische und neuzeitliche Grabsteine, die seit 1966 vom Verein für die Rettung der jüdischen Sehenswürdigkeiten gepflegt werden.

Mariä Himmelfahrt in Polná
Mariä Himmelfahrt in Polná

Veranstaltungen und Kultur

Polná verfügt nicht nur über Sehenswürdigkeiten, sondern auch Lehrpfade in der Natur und viele Veranstaltungen laden zum Besuch der Stadt ein. Am besten ihr checkt vor eurem Besuch den Veranstaltungskalender der Stadt unter
https://www.mesto-polna.cz/de/vismo/osnova.asp?id_org=101121&id_osnovy=1006

Mariä Himmelfahrt in Polná
Mariä Himmelfahrt in Polná

Weitere Informationen unter https://www.mesto-polna.cz/de/index.asp oder 

Stadt Polná Informationszentrum
Husovo náměstí 39
588 13 Polná
Tel: +420 567 559 200
E-mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
https://www.infocentrumpolna.cz/

Der Besuch erfolgte im Rahmen einer Pressereise auf Einladung von Czech Tourism Wien