Das kleine Städtchen könnte man als eine weitere Perle der Vysočina bezeichnen. Immerhin gilt das riesige Barockschloss als das mährische Versailles.
Es ist einfach unglaublich, solch ein Schloss mit ebenso riesigem Schlosspark und einer großen Kirche in einem doch relativ kleinen Ort mit rund 4.000 Einwohnern anzutreffen. Mir waren Schloss wie Ort ehrlicherweise völlig unbekannt – obwohl es eine der am meist besuchtesten Sehenswürdigkeiten in Mähren darstellt.
Geschichte
Angeblich geht die Gründung der Stadt bereits auf das Jahr 1131 zurück, schriftlich nachweisbar ist aber die Übertragung des Patronats der Kirche von Jermiric an das Kloster Sedles von Johann von Luxemburg aus dem Jahre 1325. Seit dem 14. Jahrhundert ist auch eine Feste in Jermiric nachweisbar, Anfang des 15. Jahrhunderts erlangt Jermiric Marktrechte.
Die Besitzer der Stadt wechseln auch hier ziemlich schnell, 1554 entsteht eine Gemeinde der Böhmischen Brüder, Nach der Schlacht am Weißen Berg wird die Stadt von ihrem damaligen Besitzer Georg Rechenberg auf Želetice konfiziert und 1623 an Gerhard von Questenberg verkauft.
Mit den Questenbergern beginnt eine Blütezeit der Stadt, die nicht nur den Umbau des Schlosses ab 1686 durch Johann Adam von Questenberg in den barocken Stil und die Anlage des Schlossparks bringt, sondern die Stadt auch zu einem kulturellen Zentrum werden lässt. Ein Schlossorchester wird gegründet und es gibt die Erzählung, dass niemand im Schloss eingestellt wurde, der nicht entweder singen oder ein Instrument spielen konnte. Egal für welche Position er eigentlich vorgesehen war.
Doch auch diese Zeit geht zu Ende, 1752 erwerben die Herren von Kaunitz die Herrschaft, die das Schloss bis 1897 besitzen, aber kaum nutzen. Ein Erbschaftsstreit folgt und danach wechseln wieder die Besitzer. Ab 1927 gehört es Rudolf von Würben und Freudenthal der es gemeinschaftlich mit seiner Frau Elvira von Bayern besitzt. Elvira liebt den Luxus und französische Bulldoggen. Ihr ist es wahrscheinlich zu verdanken, dass diese Hunderasse überhaupt in der österr.-ungarischen Monarchie bekannt wurde. Leider aber wurde das Geld knapp sodass sie das Schloss verkaufen musste.
1924 erfolgt die Umbenennung in Jaroměřice nad Rokytnou, während der deutschen Besatzung wird der Großgrundbesitz beschlagnahmt und eine Reichsbahnschule errichtet, nach dem Zweiten Weltkrieg kommt im Mai 1845 die Rote Armee in die Stadt und nach der Niederschlagung des Prager Frühlings rücken im August 1968 bulgarische Truppen über Jaroměřice nad Rokytnou nach Moravské Budějovice vor.
Sehenswürdigkeiten
Wie schon erwähnt, ist das Schloss mit Schlosspark und der Kirche zur Heiligen Margarethe das Highlight der Stadt.
Das Schloss
Ludwig von Meziříčí lässt die aus dem 14. Jahrhundert stammende Zitadelle in den 1560er Jahren zu einem Renaissanceschloss umgestalten. Zwei Jahrhunderte später – zwischen 1700 und 1737 - erfolgt der Um- und Ausbau des Schlosses durch das wichtigste Herrschergeschlecht der Stadt – die Questenberger. Johann Adam von Questenberg lässt das Schloss dazu nach Plänen des österreichischen Architekten Jakob Prandtauer im Barockstil umbauen und erweitern.

Eine Galerie, eine Bibliothek, ein Theater wurde gegründet und hier wird auch die erste tschechische Oper geschrieben und aufgeführt: František Adam Míča (1746-1811) ist hier nicht nur Kapellmeister des Schlossorchesters, sondern schreibt hier auch die Oper „Über die Entstehung von Jaroměřice in Mähren“. Die Oper thematisiert die Gründung des Ortes Jaroměřice, wurde 1730 zuerst in italienischer Sprache uraufgeführt, aber ein paar Jahre später auch auf Tschechisch zur Aufführung gebracht.

Wer das Schloss besichtigen will, kann unter verschiedenen Routen wählen und wird feststellen, dass nicht nur das Äußere des Schlosses beeindruckend ist, sondern auch das Innere. Vor allem erfährt man während dieser Tour viel über die Questenberger und hier insbesondere von Johann Adam von Questenberg, den man ja dieses Barockjuwel verdankt.

Während des Rundganges besucht man den Ahnensaal, drei (!) Musiksalons, den Blauen Salon mit der Gemäldegalerie, die Arbeitszimmer des Grafen und der Gräfin, den goldenen Empfangssalon, das Speisezimmer, den Ballsaal, das chinesische Kabinett, das gräfliche Schlafzimmer und im Erdgeschoss die Sala Terrena.

Die einzelnen Räume sind entsprechend ihrer früheren Funktion eingerichtet und zahlreiche zeitgenössische Musikinstrumente erinnern an die musikalische Begeisterung der einstigen Besitzer.
Der Schlosspark
Auf jeden Fall solltet ihr genügend Zeit einplanen, um auch durch den Schlosspark, der 1716 angelegt wurde, flanieren zu können. Er unterteilt sich um den Fluss Rokytná in einen englischen und französischen Park. Im französischen Park sind auch noch zahlreiche Skulpturen zu bewundern.

Schloss Jaroměřice nad Rokytnou
675 51 Jaroměřice and Rokytnou, Náměstí Míru 1
Tel: +420 568 440 237 und +420 565 382 388
Email:
https://www.zamek-jaromerice.cz/cs
Die Pfarrkirche der Heiligen Margarethe
Unbedingt solltet ihr auch einen Blick in die Kirche der Heiligen Margarethe werfen. Sie wurde 1737 erbaut, wahrscheinlich ebenfalls nach Plänen von Jakob Prandtauer.

Die Kirche – wie das Schloss, mit dem sie verbunden ist - ist als Nationales Kunstdenkmal geschützt. Als einzigartig gilt die gesamte Dachkonstruktion der Kuppel mit Holzbalken, die als Beweis für die authentische frühbarocke Handwerkskunst gilt, die äußerst selten zu finden ist.

Bemerkenswert ist auch das Deckenfresko in der Kuppel von Karel František Antonín Tepper, die 1737 vom Besitzer des Schlosses und Kunstmäzen Jan Adam von Questenberg in Auftrag gegeben wurde.

Weitere Informationen und Öffnungszeiten findet ihr unter www.kosteljaromerice.cz
Weitere Sehenswürdigkeiten
Wenn ihr noch genügend Zeit und Lust habt, durch die Stadt zu schlendern, könnt ihr euch noch das ehemalige Hauptheeresarsenal (erbaut von 1642 – 1648), das Spital und die Katharinenkapelle (erbaut 1672-1673), die Kapelle des Heiligen Josef (1701), die Dreifaltigkeitssäule aus dem Jahr 1701 oder das Servitenkloster (erbaut 1669-1679, 1785 aufgehoben) ansehen.

Die Dreifaltigkeitssäule findet ihr gleich gegenüber vom Schloss
Internationales Musikfestival von Petr Dvorský
Freunde der Sangeskunst sollten sich im August nach Jaroměřice nad Rokytnou zum Musikfestival von Petr Dvorský begeben, das sich vor allem auf die menschliche Stimme in vielen verschiedenen Genres von Klassik bis Pop, Jazz und Folklore konzentriert.
Mehr darüber findet ihr unter https://www.peterdvorsky.com/

Weitere Informationen – auch über Wanderwege im Naturpark – bekommt ihr bei der Tourismus-Information der Stadt:
Tourismusinformationszentrum
Jaroměřice nad Rokytnou, Komenského 996
Tel: +420 775 547 522
Email:
https://www.jaromericenr.cz/
Der Besuch erfolgte während einer Pressereise auf Einladung von Czech Tourism Wien