Eine der beeindruckendsten, aber wenig bekannte, Sehenswürdigkeit in Kroatien ist die aufgelassene Stadt Dvigrad in Istrien.
Ungefähr 20 km von Rovinj entfernt, finden Sie eine der größten Ruinenstädte Kroatiens. Mit den Renovierungs- und Instandsetzungsarbeiten wurde zwar begonnen – trotzdem sollte man während der Besichtigung Vorsicht walten lassen, aber der Ausflug lohnt sich trotzdem.
Das Besondere an Dvigrad liegt in ihrer Geschichte. Es ist eine Stadt, die nicht durch kriegerische Auseinandersetzungen zerstört und aufgegeben wurde. Die Stadt wurde von der Bevölkerung unzerstört verlassen, da sich Pest und Malaria ausbreiteten – nur die Bora, das Wetter und die Zeit führten zum Verfall der einst großen Festung mit Basilika und der Stadt. Dvigrad befindet sich ein paar Kilometer westlich von Kanfanar und noch heute dominieren ihre Ruinen das Ende der Landzunge, die in Richtung der kurvenreichen Draga abfällt und in steiles Gefälle endet. Das Tal erstreckt sich von Pazin bis zum Meer.
Die Gegend von Dvigrad war bereits in prähistorischer Zeit besiedelt, wie archäologische Funde beweisen. Im frühen Mittelalter wurden zwei direkt nebeneinander liegende Burgfestungen errichtet: Monparentin und Moncastello und dieser Ort danach „Dva grada“ (zwei Städte) genannt. Der Platz war strategisch klug gewählt: von hier aus ließ sich die Straße sehr gut in Richtung des Hafens des Limski Fjord, wie auch das Hinterland ausgezeichnet kontrollieren. Monparentin verfiel langsam und Moncastello erhielt daraufhin den Namen „Due Castelli“ oder „Zweistadt“, eben Dvigrad.
Die Bewohner lebten hier von der Bronzezeit bis zur Mitte des 17.Jahrhunderts und teilten ihr Schicksal mit dem umliegenden Land in Istrien. Unter römischer Verwaltung erfuhr Dvigrad ihre erste Blütezeit, da sie sich jedoch immer an einer Territoriumsgrenze befand, hatte sie auch unter vielen Auseinandersetzungen der rivalisierenden Reiche zu leiden. Während der römischen Zeit an der Verwaltungsgrenze zwischen Pula und Porec; im Mittelalter, als Venedig seine Macht entlang der istrischen Küste ausbaute, fiel die Stadt unter die Herrschaft des Bistums Aquilieat. 1345 wird die Stadt während des Krieges zwischen Genua und Venedig durch den genuesischen Admiral Paganino D’Oria dem Erdboden gleich gemacht.
1383 wird die Stadt von Venedig zurückerobert und wieder muss sie schwere Verwüstungen hinnehmen. Die Venezianer bringen auch die Relikte der Sophienkapelle nach San Lorenzo del Pasenatico. Venedig übernimmt die Verwaltung der Stadt, bekommt diese aber nicht in ihren Besitz. 1413 ist es soweit: Dvigrad kommt unter venezianische Herrschaft. Venedig wählt einen Adeligen aus Koper, der die Stadt regieren soll. Die Stadt hat nun jährlich 390 Lira Steuern an ihn zu bezahlen, blüht während dieser friedlichen Zeit jedoch wieder auf.
Nach dem venezianischen-österreichischen Krieg 1615 beginnen wieder schwierige Zeiten für die Stadt. Dvigrad wird von den Uskoken belagert, die sie zwar nicht einnehmen können, sich aber dafür bei den umliegenden Dörfern revanchieren und diese verwüsten. Die kriegerischen Auseinandersetzungen waren aber nicht die einzigen Schicksalsschläge, mit denen Dvigrad zu kämpfen hatte: Neben den Verwüstungen des Krieges litt die Bevölkerung der Stadt auch immer wieder unter Cholera-, Pest- oder Malariaepidemien. Die zahlreichen Todesfälle während der Seuchen, führte zu großen Veränderungen in der Einwohnerstruktur, da vor allem die Venezianer nach solchen Katastrophen zum großen Teil Slawen und Kroaten aus Dalamatien ansiedelten, die als gute Bauern galten und die die brachliegenden Felder bearbeiten sollten.
Eine dieser Epidemien bedeutete dann auch das endgültige Aus für Dvigrad: Um 1630 brachen Pest und Malaria in der Stadt aus, die Bevölkerung flüchtete, nur die Ärmsten blieben zurück, sie konnten den Verfall der Stadt aber nur hinnehmen. Als Bischof Tommasini 1650 Dvigrad besucht, findet er gerade noch 3 Familien in der Stadt.
1714 wird auch die Kapelle der Hl. Sophie aufgegeben, die Stadt wird ihrem Verfall überlassen: die Hauswände verfallen, die Stadtmauern brechen ein, die Brunnen sind verschmutzt. 1997 begann man mit der Sanierung und Restaurierung der 16.000 m2 großen Ruinenstadt – der Größten in ganz Kroatien. Noch heute kann man an die 200 Häuser zählen, die übrig gebliebenen Türme und Reste der Basilika der Hl. Sophie, einer frühchristlichen dreischiffigen Basilika, liefern auch heute noch ein majestätisches Zeugnis der Stadt, die im Mittelalter eine der bedeutendsten Städten Istriens war – bedeutender als z.B. Pula – und mit der näheren Umgebung einige tausend Einwohner zählte. Ebenfalls erhalten sind noch das Stadttor, und Teile der Stadtmauern, die in zwei Ringen, die Stadt schützen sollten.
Natürlich ranken sich viele Legenden und Mythen um Dvigrad: Eine davon ist die Erzählung über den berühmten englischen Abenteurer und Vizegouveneur der britischen Karibik Sir Henry Morgan (1635-1688). Seine Laufbahn begann er laut Überlieferung als gewöhnlicher Räuber, dann kämpfte er gegen die Spanier, anschließend plünderte er Panama. Dafür wurde er in England zuerst inhaftiert, später jedoch begnadigt und sogar geadelt. Die Beute seiner Raubzüge – ein sagenhafter Schatz – soll er in der Nähe von Dvigrad, im Städtchen Mgani vergraben haben, das auf Grund der Namensähnlichkeit mit dem Engländer in Zusammenhang gebracht wurde. Obwohl diese Geschichte eher zu den Märchen zählt als einen wahren Hintergrund zu haben, finden sich doch immer wieder „Schatzsucher“ in der Gegend, die die Hoffnung auf den Schatz nicht aufgegeben haben. Die Schönheit der Natur ringsherum lohnt das „Herumstreichen“ allemal.
Interessante Links
https://www.inforovinj.com/deu/rovinj/znamenje/dvigrad.asp
https://de.wikipedia.org/wiki/Dvigrad
https://www.istria-culture.com/de/dvigrad-i32