Es ist ein einzigartiges Kleinod nicht weit vom Leipziger Stadtzentrum entfernt. Im Sommer wahrscheinlich noch schöner und gemütlicher zu besuchen als im Winter.
Wir sind an einem kalten Wintertag dort. Über Nacht hat es geschneit, jetzt kommt gerade die Sonne durch die Wolken. Auf der Straße beginnt der Schnee bereits wieder zu schmelzen und schmutzig zu werden, doch das Schlösschen und sein Garten liegen verzaubert unter einer nicht allzu dicken Schneedecke.
Die Anreise zum Schlösschen ist – vom Hauptbahnhof Leipzig (und damit von unserem Hotel) problemlos mit der Straßenbahn (z.B. Nr. 4 oder 12 bis Station Fritz Steger Straße) möglich. Dann ein kurzer Fußweg und schon steht man davor.
Achtung! Gleich eine Warnung zu Beginn: Der Besuch des Inneren ist nur im Rahmen einer Führung oder bei einer Veranstaltung möglich. Beides scheint mir aber empfehlenswert.
Vor dem wunderschönen Schmiedeeisentor stehen wir nun, treten von einem Fuß auf den anderen und warten. Es ist kalt.
Gott sei Dank erscheint unser Guide und es geht ins Innere des Schlösschen, wo es zwar nicht so richtig warm, aber doch wesentlich angenehmer als draußen vor der Tür ist.
Dann beginnt mit einer ausgezeichneten Führerin der Rundgang durch das Schlösschen.
Das Schlösschen wurde 1756 vom damaligen Ratsbaumeister Johann Caspar Richter gebaut und eigentlich hat der Bau wenig mit einem Schloss zu tun. Leipzig war nie eine Residenzstadt, die führenden Adelshäuser hatten ihre Residenzen in Dresden. Leipzig war immer die Stadt der Kaufleute und sie machten die Stadt groß, reich und wichtig.
Der Bau des „Schlösschens“ begann 1750, dem Todesjahr von Johann Sebastian Bach. Die Kaufleute der Stadt waren verwöhnt, mächtig und sehr vermögend – und man wollte seinen Reichtum auch zeigen. Das Schlösschen war eigentlich ein Gartenhaus, denn auch hier hatte es sich eingebürgert im Sommer der Hitze der Stadt zu entfliehen und aufs Land zu fahren.
Um die Stadt entstand daher ein Ring dieser Gartenhäuschen – mit landwirtschaftlichem Betrieb – doch einzig und allein das Gohliser Schlösschen mit seinem Garten ist erhalten geblieben.
Das Grundstück auf dem das Schlösschen gebaut wurde und das aus zwei benachbarten Bauerngütern bestand, brachte seine zweite Ehefrau Christiana Regina mit in die Ehe. Mit seiner Lage in der Nähe des Weihers war es nun der Mittelpunkt des Dorfes – und so scheint es auch der neue Gutsherr gesehen zu haben. Denn als Besonderheit erhielt das Gebäude einen Turm mit einer Uhr, da es keine Kirche im Ort gab und der Bauherr auch damit seine privilegierte Stellung ausdrücken wollte.
Im Gebäude kann man bei der Führung noch ein Bild das Hausherrn sehen, der elegant gekleidet den Plan – wahrscheinlich für das Haus – in der Hand hält.
Auch der Garten sollte den Reichtum zum Ausdruck bringen: exotische Pflanzen, Zitronen- und Orangenbäume wurden gepflanzt – eine Orangerie für ihr Wohlergehen im Winter gebaut. Vom Schlösschen hat man einen wunderschönen Blick auf den Garten. Selbst bei den winterlichen Temperaturen kann man sich die Pracht vorstellen. Es ist der letzte erhaltene Barockgarten der einst berühmten Leipziger Gartenkultur.
Doch wie so oft in der Vergangenheit stören kriegerische Auseinandersetzungen die Idylle. Der Siebenjährige Krieg beginnt. Die Leipziger, die den preußischen König nicht schätzen, schmieden Pläne gegen ihn, doch diese werden verraten.
Da Könige nicht nur in Kriegszeiten, da aber ganz besonders, immer unter Geldmangel litten, werden die reichen Leipziger Kaufleute in die Pflicht genommen: entweder wird bezahlt oder es droht Kerker. Die Geldzahlungen treiben die Stadt und ihre Menschen fast in den Ruin, außerdem werden in ihren Häusern auch noch Soldaten einquartiert, die ebenso verpflegt werden müssen. Nach Ende des Krieges ist nicht nur die Stadt bankrott, sondern auch fast alle Kaufleute. Man nimmt an, dass der damalige Besitzer des Schlösschens umgerechnet an die 60 Millionen Euro bezahlen musste.
Für die Zeit danach fehlen Aufzeichnungen – allerdings stirbt Richter bereits 1770.
Die Stadt erholt sich relativ schnell wieder und wird ihrem Ruf als Handels- und Messestadt bald wieder gerecht. Der Handel sorgt für Aufschwung, Leipzig gilt als internationale Stadt des Buches, der Philosophie, der Universitäten. Dichter und Denker sind in der Stadt zuhause und/oder kommen zum Studium nach Leipzig. Der Kurfürst zeigt sich ebenfalls großzügig und unterstützt die Stadt.
Doch wie ging es mit dem Gohliser Schlösschen nun weiter?
Eine Frau allein, wenn auch vermögend, brauchte einen Mann an ihrer Seite. Die Witwe trifft diesen in Person des kursächsischen Hofrates Gottlieb Böhme. Vermögend, selbstbewusst, gebildet. Er vollendet nun die Ausstattung des Schlösschens, vor allem was die Inneneinrichtung betrifft. Jeder Raum wird heizbar gemacht, Seidentapeten werden für die Wände angeschafft, große Fenster weisen darauf hin, dass hier der Wohlstand zu Hause ist.
Allerdings entsteht damit auch ein Mix der Stile. Das Barock und Rokoko gehen zu Ende, die Aufklärung und der Klassizismus stehen vor der Türe.
Sehenswert beim Rundgang sind auch die Malereien im Festsaal, für die Böhme Adam Friedrich Oeser beauftragte. Dieser war der Gründer der Zeichenschule in Leipzig, bei dem auch Goethe studierte. Der „Lebensweg der Psyche“, so der Name des Deckengemäldes soll zum Nachdenken über die menschliche Seele einladen. Aber auch zeigen, dass der Mensch die Natur erforschen, von ihr lernen soll, verstehen möchte, was in der Welt vorgeht und wie sie funktioniert. Hier zeigen sich auch die Themen der Aufklärung, die noch mit den antiken Elementen der Götter verbunden wurden.
Ob das Gemälde wirklich alle Besucher interpretieren konnten? Ob wir es überhaupt richtig deuten? Wer weiß.
Viele Prominente der damaligen Zeit waren im Gohliser Schlösschen zu Gast. Der berühmteste Gast dürfte Friedrich Schiller gewesen sein, der ganz in der Nähe ein kleines Gartenhäuschen bewohnte. Schiller war gerne zu Besuch, schließlich gab es im Schlösschen ein Billardzimmer und eine Kegelbahn. Seine Aufenthalte in Leipzig sind aber auch noch aus einem anderen Grund erwähnenswert: Hier schrieb er „Die Ode an die Freude“, die Beethoven in seiner 9. Symphonie vertonte.
Später kam das Schlösschen an die Stadt Leipzig, die es wieder verkaufte, zwischenzeitlich war ein Lazarett für Soldaten untergebracht und kam schließlich wieder in den Besitz der Stadt. 1935 wurde es nach einer Renovierung als „Haus der Kultur“ wieder eröffnet. Im Zweiten Weltkrieg wurde es durch Brandbomben getroffen und war eigentlich schon dem Verfall preisgegeben.
Das Bach-Archiv nutzte bis 1985 die wenigen, noch benutzbaren Zimmer. 1953 begann man mit einer Instandsetzung des Gebäudes.
In den 1990er Jahren wurde es dann einer vollständigen Sanierung unterzogen und 1998 wieder eröffnet. Nicht alle Teile des Schlösschens sind Original, manche Tapeten mussten erneuert werden, das Schmiedeeisentor und ein Deckengemälde haben einen anderen Ursprung. Dennoch hat man sich bemüht das Gohliser Schlösschen so original und ursprünglich wie möglich wieder herzustellen.
Heute kann man das Schlösschen bei regelmäßigen Führungen kennen lernen und wenn ihr eine so gute Führerin erwischt wie wir ist dies ein echtes Erlebnis.
Außerdem finden die unterschiedlichsten Konzerte statt, man kann im Festsaal heiraten oder die Räumlichkeiten für Veranstaltungen mieten.
Weitere Informationen über die Führungen und Veranstaltungen im Gohliser Schlösschen, oder wie es auch genannt wurde: im Musenhof am Rosental findet ihr auf der Website https://gohliserschloesschen.de
Gohliser Schlösschen – Musenhof am Rosental
04155 Leipzig, Menckestraße 23
Tel ++49 341 586 15 846
E:
www.gohliserschloesschen.de
Der Besuch erfolgte im Rahmen einer Pressereise auf Einladung der Leipzig Tourismus und Marketing GmbH
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