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Eigentlich blickt Essen auf eine reiche Geschichte zurück, aber eine Altstadt im herkömmlichen Sinn sucht man vergebens–nur ganz wenige „alte“ Gebäude finden zwischen den hoch auf strebenden Neubauten und Wolkenkratzern.

Essen, die frühere Bergbaustadt, ist nun die Stadt der Energieanbieter, deren Konzernzentralen hoch in den Himmel ragen. Aber oder trotzdem gibt es auch schöne Seiten in der Stadt. Fast unglaublich, aber die Stadt hat auch für Touristen einiges zu bieten.

Geschichte

Die ersten Funde auf dem Gebiet der heutigen Stadt weisen auf eine Besiedelung bereits in der Altsteinzeit hin: als besonders interessant gilt die sogenannte Vogelheimer Klinge, eine Klinge aus Feuerstein oder der Knochen eines Höhlenlöwen.

 Der Handelshof in Essen 
Der Handelshof in Essen 

Interessanter Weise fehlen Funde aus der Mittleren und Jungsteinzeit, erst ab 3000 vor Chr. gibt es wieder Gräberfunde, aber auch Beile aus Feuerstein. Die sogenannte Steinkiste von Essen-Kupferdreh, ein kleines Megalithgrab aus dem letzten Abschnitt der Jungsteinzeit gilt als das älteste erhaltene Bauwerk von Essen. 

In der Gegend siedelten Chatten, Brukterer und Marser – germanische Stämme – aber auch über deren Zeiten ist nicht viel bekannt und so beginnt die eigentliche Geschichte Essens eigentlich mit der Alteburg im Essener Süden, die wahrscheinlich als Fliehburg bis zum 8. Jahrhundert genutzt wurde und in der die Bewohner der Siedlung bei Überfällen von Feinden Schutz suchen konnten. Bekannt ist auch eine Herrenburg, die östlich davon lag und die wahrscheinlich auch aus dem 8. Jahrhundert stammt.

Das Essener Frauenstift und die Entwicklung der Stadt

Im 9. Jahrhundert um 845 herum beginnt die erste Blütezeit der Stadt: die Familie des späteren Bischofs von Hildesheim, Altfrid, gründet das Stift Essen für die Töchter des sächsischen Adels. Um  852 begann man mit dem Bau der Stiftskirche, die 870 fertiggestellt wurde. 852 wurde auch die Stiftschule gegründet, auf die sich heute noch das Burggymnasium in Essen beruft.

Im Essener Dom 
Im Essener Dom 

Kloster und Kirche wurden auf dem Gebiet des Adelsgeschlechts gebaut, um das Stift herum standen bereits bei der Gründung schon einige Gehöfte. 946 wurde die Kirche durch einen Brand beschädigt und danach erweitert. Auf ihren Fundamenten befindet sich heute der Essener Dom im Zentrum der Stadt, der den Heiligen Cosmas und Damian geweiht ist. Ihre Reliquien brachte Gründer Altfrid, der in der Essener Stiftskirche auch seine letzte Ruhestätte fand, vermutlich aus Rom mit.

Die Stiftsfrauen waren adeliger Herkunft, manche kamen schon als Kinder in das Stift. Sie konnten jedoch das Stift jederzeit verlassen und später auch heiraten. Einzig die Äbtissin musste ein Keuschheitsgelübde ablegen. Das Stift war daher auch eine Bildungseinrichtung, besaß eine bedeutende Bibliothek und eine eigene Schreibwerkstatt.

Blick in die Stadtbibliothek 
Blick in die Stadtbibliothek 

Reicher Grundbesitz durch adelige und königliche Schenkungen sorgte für das weltliche „Wohl“. Die Äbtissinnen, die dem Stift vorstanden, stammten oft aus dem sächsischen Kaiserhaus und sorgten mit ihren Beziehungen für eine politische, wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit. Viele der kostbaren Schätze des Doms und der Domschatzkammer, die man heute bewundern kann, stammten aus der damaligen Zeit.

898 findet man die erste urkundliche Erwähnung: der lothringische König Zwentibold vermacht dem Stift Gebiete am linken Rheinufer. Später bestätigt Otto der Große der Gemeinschaft den Status als Reichsstift. um 973 wurde Mathilde, eine Enkelin Kaiser Otto I. zur Äbtissin gewählt, die die Geschickte des Stifts 40 Jahre lang sehr erfolgreich leitet und nicht nur die Ländereien des Stifts vergrößerte, sondern auch den Kirchenschatz um seine wertvollsten Stück erweiterte. Darunter befindet sich die Goldene Madonna, die als älteste vollplastische Madonnenfigur der Welt gilt. 

1003 wurde Essen erstmals als Stadt erwähnt, 1041, das Stift leitet Theophanu, eine Enkelin Ottos II. , erhält die Stadt das Marktrecht. 1051 wird das Münster noch einmal um den Ostteil mit Krypta erweitert, in dem der Heilige Altfrid, Mathilde und Theophanu bestattet werden.

Essener Dom 
Beim Essener Dom 

1216 wird das Frauenstift von König Friedrich II. als Fürstensitz bestätigt und die damalige Äbtissin in einem Brief als Reichsfürstin genannt und damit dem Abt des nahen Klosters Werden gleichstellt.

1244 bauen Stift und Stadt gemeinsam die Essener Stadtmauer, allerdings erwacht das Bürgerbewusstsein in den Stadtbewohnern, das bald zu Auseinandersetzungen mit dem Stift führen wird. 1290 bestätigt König Rudolf zwar der Fürstäbtissin ihre Landeshoheit über die Stadt, kann sie aber nicht vollständig wiederherstellen, die wachsende Stadt fordert die Selbstverwaltung und möchte die Reichsunmittelbarkeit erhalten. Erst 1377 unter Kaiser Karl IV. ist es allerdings soweit, Essen erhält den Titel einer freien Reichsstadt, allerdings hat Karl auch einige Jahre davor der Äbtissin genau das Gegenteil bestätigt.

Pause machen beim Brunnen am Domplatz 
Pause machen beim Brunnen am Domplatz 

Doch auch die Kölner Erzbischöfe versuchten immer wieder ihren Einfluss auf das Gebiet des Frauenstifts auszudehnen. 1225 wird sogar der Erzbischof Engelbert von Berg durch den Essener Stiftsvogt Friedrich von Isenberg ermordet, auch die Äbtissinnenwahl wird immer wieder beeinflusst, Gegenäbtissinen aufgestellt, einmal artet der Zwist sogar in kriegerische Auseinandersetzungen aus, beim Streit von 1493 fallen sogar Teile von Schloss Borbeck einem Brand zum Opfer.

1349 erhält die Fürstabtissin das Recht, Bodenschätze zu fördern, 1354 wird Silber abgebaut, das erste Kohlebergwerk wird 1450 gegründet.
Ende des 16./Beginn des 17. Jahrhunderts wird Essen mehr und mehr zur Waffenschmiede. um 1570 verzeichnen die Büchsenmacher große Erfolge, 1620 produziert die Essener Schmiede bereits 14.000 Gewehre und Pistolen.

 Eingang zur Fußgängerzone 
Eingang zur Fußgängerzone 

Um die Herrschaft zwischen Stadt und Stift wird weiter prozessiert: 1568 vor dem Reichskammergericht. Der Prozess dauert über 100 Jahre und geht mit einem Kompromiss zu Ende: 1670 wird entschieden, dass die Stadt zwar den Äbtissinnen gebührenden Gehorsam in Gebott und Verbott zu leisten habe, aber trotzdem alle alten Gewohnheitsrechte behalten dürfe. Es wird also weiter gestritten. Auch in Glaubensfragen ist man unterschiedlicher Ansicht: 1563 schließt sich die Stadt der Reformation an und wird evangelisch. 1623 holt die Äbtissin die katholischen Spanier nach Essen um gegen die protestantische Stadt vorzugehen. 1624 wird ein Rekatholisierungsgesetz erlassen, der Kirchgang der Bürger kontrolliert. Die Stadt muss auch noch ihre Besatzer mit Kost und Logis versorgen – auch dagegen klagen die Essener vor dem Reichskammergericht. 1629 stürmen die Holländer die Stadt, die Äbtissin flieht mit dem Kirchenschatz ins katholische Köln und kehrt 1631 im Gefolge einer bayerischen Garnison zurück – muss allerdings bereits wenig später wieder fliehen. Auch die Stadt ist vom Krieg schwer gezeichnet.

Essen bei Nacht 
Essen bei Nacht 

Mit dem Westfälischen Frieden 1648 wurde die konfessionelle Spaltung – die Stadt protestantisch, Stift und Stiftsgebiet katholisch) festzementiert. Erst zwei Jahre später verlassen die letzten Truppen die Stadt.

Im 18. Jahrhundert gilt das Stift als vornehmstes Frauenstift im Heiligen Römischen Reich. Die letzte Fürstäbtissin, Maria Kunigunde von Sachsen und Polen, ist eine Enkelin Augusts des Starken und Josephs I. von Österreich fördert die Eisenverhüttung im nördlichen Stiftsgebiet, muss jedoch 1794 vor den französischen Revolutionstruppen fliehen.

Das Aalto-Theater in Essen 
Das Aalto-Theater in Essen 

1802 wird das Gebiet des Stifts von preußischen Truppen besetzt und soll als Entschädigung für Verluste auf dem linken Rheinufer dienen.  1806 folgt wieder die Besetzung durch französische Truppen, Essen und Werden werden vom Großherzogtum Berg annektiert, dem sie bis 1813 unterstehen, dann kommen die Gebiete wieder zu Preußen und 1822 zur preußischen Rheinprovinz, die Stadt wird Teil des Kreises Duisburg. 1859 wird der Kreis Essen gegründet, am 8. März 1873 wird daraus ein eigener Stadtkreis.

Abtei Werden

Das um etwa 800 gegründete Benediktinerstift, sollte die Missionierung bei den Sachsen im Bereich des Harz vorantreiben. Als Gründer gilt der Heilige und Missionar Liudger, der um 742 bei Utrecht geboren wurde und zunächst in Friesland und dann in Westfalen von Münster aus seine Missionarstätigkeit ausübte.

Wahrscheinlich entstanden seine Pläne zur Klostergründung 784 während eines Besuchs von Rom und des Klosters Montecassino. 796 soll er, als Bischof von Münster, an die untere Ruhr gezogen sein, um dort ausgedehnten Landbesitz zu erwerben – teils durch Schenkungen, Tausch oder Kauf – sodass er 799 dann das Kloster gründen konnte. Eine Urkunde von 802, in der Karl der Große das Privileg zur Gründung der Abtei bestätigt gilt allerdings als Fälschung. 

Im 13. Jahrhundert wird nach einem Brand die Kirche im spätromanischen Stil errichtet und die Krypta aus dem 11. Jahrhundert und die Reste des frühmittelalterlichen Westbaus in den Neubau miteinbezogen. 
Auch das Kloster Werder wird 1802 aufgehoben -  der Besitz fällt ebenfalls an Preußen. 
1929 wurde Werden nach Essen eingemeindet.

Im ehemaligen Klostergebäude ist seit 1945 der Hauptsitz der Folkwang Universität der Künste untergebracht.
Die heutige Basilika St. Ludgerus gilt als einer der bedeutendsten mittelalterlichen Kirchenbauten des Rheinlandes. Seit 1979 kann man im Ostflügel der Abtei die Schatzkammer der Basilika besichtigen. 1993 wurde die nach der Säkulatisation als Pfarrkirche genutzte Abteikirche zur päpstlichen Basilika minor erhoben.

Bergbau, Stahl und Waffen

Die Geschichte der Stadt ist ein ständiges Auf und Ab und anfänglich eng mit der Industriellenfamilie Krupp, der Stahl- und Waffenerzeugung und dem Kohlebergbau verwoben. Die einstige Waffenproduktion sorgte in Kriegszeiten für anfänglichen Wohlstand, später jedoch für die mehr oder weniger komplette Zerstörung der Stadt. Schließlich musste sich auch der Bergbau den wirtschaftlichen Gegebenheiten beugen, viele Kumpels wurden arbeitslos.

Der Kreuzgang im Dom zu Essen 
Der Kreuzgang im Dom zu Essen 

Bereits im 16. Jahrhundert finden sich erste Hinweise auf die Familie Krupp, deren Vertreter ab dieser Zeit auch immer wieder hohe Ämter in der Stadt bekleideten. 1811 wurde von Friedrich Krupp die Krupp-Gussstahlfabrik gegründet, deren Bedarf an Arbeitern dafür sorgte, dass arbeitsuchende Menschen nach Essen kamen. Es dauerte allerdings länger bis das Unternehmen so richtig in Schwung kam, am Anfang schrammte Krupp oft nur knapp am Konkurs vorbei. Doch mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes und nachdem 1846 Alfred Krupp für die Eisenbahn den nahtlosen Reifen erfand, ging es mehr und mehr bergauf.

Essener Münster 
Essener Münster 

Auf dem Gebiet der Stadt Essen entwickelte sich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts das dichteste Eisenbahnnetz des Ruhrgebiets: die Bergisch-Märkische Bahn und die Rheinische Bahn sorgten für die zahllosen Anschlussgleise zu den Zechenstandorten und Industriegebieten.

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges war auch in Essen die Kriegseuphorie groß die „Kanonenstadt“ Essen lieferte Waffen und Munition. In der Kruppschen Gussstahlfabrik wurde nicht nur die Dicke Bertha, ein gewaltiges Geschütz, gebaut: Krupp stellt an die 22 Millionen Granaten und 25 Millionen Kartuschen her. Doch trotz Arbeit wurde das Leben für die Menschen immer schwieriger, die Lebensmittelpreise steigen, die Menschen hungerten und es kam zu Protesten.

Das Ruhrgebiet wird besetzt

Der Erste Weltkrieg geht verloren, Deutschland wird zu hohen Reparationszahlungen verpflichtet. Da die Franzosen vermuten, dass die festgesetzten Zahlungen absichtlich nicht eingehalten werden, besetzen französische und belgische Truppen das Ruhrgebiet. Man versucht anstelle von Geld Sachleistungen zu requirieren. In einer der damaligen kruppschen Wagenhallen sollen Fahrzeuge beschlagnahmt werden, die Werksleitung ruft zur Arbeitsniederlegung auf, es kommt zu Tumulten. Am  Ende flüchten die Franzosen, doch es sind 13 Tote und 28 Verletzte zu beklagen. Gustav Krupp von Bohlen  und Halbach und einige seiner Direktoren werden zu Freiheitsstrafen verurteilt.

In der Alten Synagoge 
In der Alten Synagoge 

Erst 1925 endet die Besetzung, doch die politische Lage beruhigt sich nicht: 1933 wird der Oberbürgermeister von Essen von den Nationalsozialisten beurlaubt, nachdem sie das Amt mit einem ihrer Gefolgsleute zunächst kommissarisch übernommen hatten.

Naziherrschaft und Zweiter Weltkrieg

1938 kommt es auch in Essen zu einem Pogrom: am 10. November wird die Synagoge gebrandschatzt, ihr Äußeres bleibt jedoch dabei erhalten und auch während der Bombardements im Krieg bleibt sie unversehrt. Die Steeler Synagoge wird jedoch ebenso zerstört wie das jüdische Jugendheim, an dessen Stelle dann 1959 die Neue Synagoge errichtet wird.

Blick in den Innenraum der Alten Synagoge 
Blick in den Innenraum der Alten Synagoge 

350 Lager entstehen im Essener Gebiet. Zehntausende Zwangsarbeiter müssen bei Krupp, Siemens oder in den Zechen unter Tage arbeiten. Außerdem gibt es mehrere KZ-Außenlager. Die ersten Feldzüge des NS-Regimes bringen schnelle Erfolge, doch mit der Schlacht von Stalingrad wendet sich das Blatt: Die Siegeszuversicht schwindet, die Belastungen werden wieder stärker.

Der Jahrhundertbrunnen vor der Friedenskirche 
Der Jahrhundertbrunnen vor der Friedenskirche 

Die Kruppsche Gussstahlfabrik gilt auch den Allierten als bedeutendes Rüstungsunternehmen und Essen wird damit zu einem wichtigen militärischen Ziel, das immer wieder mit Luftangriffen geschwächt werden soll: 26 Luftangriffe werden 1942 geflogen, 1943 folgen schwere Bombardements. Im März dieses Jahres werfen rund 360 Bomber innerhalb einer Stunde in drei Wellen rund 1100 Tonnen an Spreng- und Brandbomben auf das Stadtgebiet: fast 500 Menschen sterben, über 3000 Gebäude werden zerstört, Zehntausende sind obdachlos und die Krupp-Werke nehmen erstmals größeren Schaden. Doch noch immer ist der Krieg nicht zu Ende. Erst fast zwei Jahre später erlebt die Stadt den letzten Großangriff, der noch einmal alles in Schutt und Asche legt: die Straßen sind wegen der vielen Bombenkrater und der Trümmer unpassierbar, die Gasversorgung bricht ebenso zusammen wie die Wasser- und Stromversorgung, der Stadtkern ist zu über 90% zerstört. Schließlich wird die Stadt am 11. April 1945 offiziell an die US-Truppen übergeben.

Wiederaufbau und Kohlenkrise

Nach Kriegsende werden die Reste der zerstörten Krupp-Werke, in denen Rüstungsgüter gefertigt wurden, zu Reparationszwecken demontiert, einige Werkstätten werden auf Friedensgüter umgestellt – nun werden Lastkraftwagen und Lokomotiven gebaut. Große Flächen der einstiegen Krupp-Gussstahlfabrik werden jedoch erst wieder ab 2008 zugänglich gemacht und einer neuen Verwendung zugeführt.

Blick auf die Goldene Madonna im Dom 
Blick auf die Goldene Madonna im Dom 

Wohnungen müssen gebaut werden, die Stadt wird neu geplant. Verwaltungsgebäude werden – meist als Hochhäuser – errichtet, der Verkehr wird ringförmig auf breiten Straßen um das Stadtzentrum geführt.

Bereits 1957/58 beginnt es im Kohlebergbau zu kriseln. Erdöl und Importkohle sind kostengünstiger als der Steinkohleabbau, die ehemals größte Bergbaustadt des Kontinents gerät zunehmend in Bedrängnis. Erste Zechen müssen geschlossen werden, immer weniger Menschen finden im Bergbau Arbeit. In den 1960er verschärft sich die Lager weiter, 25 Zechen im Ruhrgebiet werden still gelegt, darunter fünf in Essen, 13.000 Arbeiter verlieren ihren Job.

Die Gedenkbüste an Nikolaus Groß im Essener Dom 
Die Gedenkbüste an Nikolaus Groß im Essener Dom 


1958 wird Essen Bischofssitz, 1965 wird die Bundesgartenschau in der Gruga eröffnet, 1969 der ehemalige Bürgermeister der Stadt Essen Gustav Heinemann zum Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt.

1967 fährt die erste U-Bahn des Ruhrgebiets in Essen auf einer Strecke von 600 Metern.

Blick auf ein Detail der Stadtbibliothek 
Blick auf ein Detail der Stadtbibliothek 

1968 wird die Ruhrkohle AG in Essen gegründet, die sich um den Abbau der Belegschaften und die Senkung der Förderkapazitäten kümmern soll. 1986 ist es dann soweit: mit der Schließung der Zeche Zollverein am 23. Dezember ist die Bergbaustadt Essen nur mehr Geschichte. Heute steht die Zeche Zollverein auf der Liste des Unesco Weltkulturerbes.

Damit verschwindet auch der Schwerindustrie-Sektor zunehmend aus Essen, man wendet sich stärker dem Dienstleistungsektor zu. 1972 wird die Universität-Gesamthochschule Essen gegründet, 1974 das erste Universitätsgebäude fertiggestellt. 

2010 wird Essen gemeinsam mit dem Ruhrgebiet Kulturhauptstadt Europas, 2017 erhält die Stadt den Titel Grüne Hauptstadt Europas.

Sehenswürdigkeiten

Wer durch Essen spaziert und eine Altstadt im herkömmlichen Sinn erwartet, wird enttäuscht: zu groß waren die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg, zu schnell musste anstelle des Alten Neues gebaut werden. Und dennoch gibt es sie noch: diese alten Plätze und Gebäude, voll mit Erinnerungen an längst vergangene Zeiten, die sich elegant mit neuem in dieser Stadt vermischt haben.
Irgendwie scheint die Stadt ein „Stehaufmanderl“ zu sein, das immer wieder aufsteht und sich neu erfindet, aber dennoch nie auf seine Traditionen und seine Geschichte vergisst. Auf einem Spaziergang durch die Innenstadt kann man Neues und Altes kennenlernen und mit einigem Glück auch gleich sehen, dass hier gerne gefeiert, geshoppt und gechillt wird.

Der Essener Dom

Nachdem wir schon so viel über die Bedeutung des Stifts und dessen Beziehung zur Stadt gehört haben, fangen wir unsere Rundreise durch die Sehenswürdigkeiten wohl am besten beim Dom an.  Inmitten der Stadt, in der Fußgängerzone bietet er mit seinem Vorplatz und dem Brunnen eine kleine Ruheoase im hektisch dahin eilenden Menschenstrom. Kein Wunder, immerhin blickt er auf eine rund 1150-jährige Geschichte zurück, würde mehrmals zerstört und nun steht bereits der vierte Bau an dieser Stelle. Zuerst diente sie als Kirche des Essener Frauenstifts, nach Auflösung des Stifts wurde die Kirche1803 zu einer Pfarrkirche und 1958 mit der Gründung des Bistums Essen zur Kathedralkirche.

Blick zum Dom 
Blick zum Dom 

Der Dom war ursprünglich der Jungfrau Maria und den Heiligen Cosmas und Damian geweiht. Heute sind nur noch die beiden Heiligen Cosmas und Damian die Patrone der Domkirche. Maria wurde 1959 als „Mutter vom Guten Rat“ in Gestalt der Goldenen Madonna zur Patronin des Bistums Essen. Sie wird auch noch vor dem Bild der „Immerwährenden Hilfe“ im hinteren rechten Seitenschiff des Doms verehrt.

Eine kurze Zusammenfassung der Geschichte des Doms

Die erste Kirche von 850 war ein dreischiffiger Bau mit Westvorhalle, Querhaus und dreiteiligem Chor. 946 beschädigte ein Brand die Kirche schwer, danach wurde sie notdürftig wieder hergestellt und um eine Krypta erweitert. Um das Jahr 1000 begann Äbtissin Mathilde mit einem Neubau der Kirche, bei dem der bis heute erhaltene Westbau mit dem achteckigen Turm errichtet wurde und das Lang- und Querhaus erneuert wurde. Unter Theophanu wurde der ottonische Kirchenbau vollendet und mit der Ostkrypta und dem Chor ergänzt. Zwischen 1246 und 1275 wurde der Nord- und Südchor gotisch erneuert, allerdings beschädigte im letzten Jahr ein neuerlicher Brand wieder die Kirche. So entstand in den folgenden Jahren eine gotische Hallenkirche mit rechteckigem Hallenchor, wobei die vorhandenen Bauten -  Krypta, Westbau, Vierung und die untere Mauerzone der Langhauswände  - einbezogen wurden. Auch der Frauen- oder Gräfinnenchor als Empore für die Stiftsfrauen im nördlichen Querhaus soll in dieser Zeit entstanden sein. 1316 wurde die gotische Stiftskirche geweiht, ein Jahrhundert später der große Turm über der Vierung errichtet. Von 1731 bis 1789 wurde das Innere der Kirche barockisiert.

Blick auf den Dom in Essen 
Blick auf den Dom in Essen 

Um 1880 musste die Kirche erneut renoviert werden und außerdem wurden Sicherungen gegen Bergbauschäden vorgenommen.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Münster 1943 und 1945 von Bomben getroffen und stark beschädigt, aber sofort wieder mit dem Wiederaufbau begonnen und dabei die Kirche in ihren Zustand vom 14. Jahrhundert wieder hergestellt: eine gotische Hallenkirche mit den ottonischen Elemente Westbau, Krypta, Vierung und untere Mauerzone der Langhauswände.

Essener Dom (Detail) 
Essener Dom (Detail) 

Der nächste Umbau fand nach der Bistumsgründung statt: Das Mittelschiff des Chores wurde in die Vierung nach Westen verlängert, der Eingang in die Krypta in die Seitenschiffe verlegt. Die neue Altarinsel mit dem Hauptaltar liegt nun auch näher bei den Gläubigen. Im Nordschiff wurde die Marienkapelle für die Goldene Madonna eingebaut.

1981 bis 1983 wurde die „Adveniat-Krypta“ unter dem Atrium gebaut und 2004 die östliche Kapelle im südlichen Seitenschiff als Erinnerungsstätte für Nikolaus Groß geschaffen, der von den Nationalsozialisten ermordet wurde. Außerdem wurde die Orgelempore beim Einbau der Neuen Orgel umgestaltet.

Der Kreuzgang

Neben dem Münster findet man auch einen Kreuzgang, der schon neben der karolingischen Gründungskirche, allerdings kleiner, existierte und der später vergrößert wurde. Nach dem Brand von 1275 wurde er bis zum 14. Jahrhundert wieder aufgebaut, verfiel aber später.

Der Kreuzgang
Der Kreuzgang

Im 19. Jahrhundert wurde er weitgehend erneuert, der Nordflügel jedoch abgerissen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden der West- und der Südflügel wieder errichtet und um einen neuen Nordflügel ergänzt. Heute kann man die ursprüngliche architektonische Gliederung des Mittelalters nur mehr im Ostflügel erkennen. 

Seit 1960 werden in der Mitte des Kreuzgangs die Mitglieder des Essener Domkapitels bestattet.

Der Domhof

Bis 1813 wurde der heutige Domhof an der Südseite und der heutige Burgplatz als Friedhof für die Essener Pfarrangehörigen und die verschiedenen Essener Konvente genutzt.

Heute ist der Domhof ein Platz an dem man in Ruhe vor einer Führung oder nach einem Bummel durch die Stadt verweilen und unter den Bäumen beim Brunnen im Sommer auch ein wenig Abkühlung genießen kann. Der Brunnen erinnert an die Gründung des Ruhrbistums 1958 und weist mit den Wappen auf die Mutterbistümer Münster, Köln und Paderborn hin.

Der Brunnen im Domhof 
Der Brunnen im Domhof 

Vor der Schatzkammer befindet sich die Bronzestatue des Heiligen Altfrid, der als Gründer des Essener Frauenstifts gilt, die 1970 von Ludwig Deller gestaltet wurde.

Die Figur aus Keramik und Bronze von Bildhauerin Silke Rehberg zeigt den ersten Essener Bischof, Franz Kardinal Hengsbach, die den Kardinal in liturgischer Kleidung zeigt. Die auf dem Kopf stehende Wolfsfigur soll auf den Namenspatron des Kardinals hinweisen: Der Heilige Franziskus soll einen Wolf gezähmt haben. Wolf und Lamm erinnern an die Friedensvision des Propheten Jesaja.

Der 1.Bischof von Essen: Kardinal Hengsbach 
Der 1.Bischof von Essen: Kardinal Hengsbach 

Der Domschatz und Sehenswürdigkeiten in der Kirche

Die Goldene Madonna

Sie ist wahrscheinlich der größte Schatz der Essener: Die 74 cm hohe Figur aus Pappelholz ist mit feinem Goldblech überzogen, entstand um das Jahr 980 und gilt als das älteste rundplastische Marienbild der Welt. Die Augen von Maria und Jesus sind aus leuchtend blauen, weißen und rote Email. Der Heiligenschein des Kindes, das Buch, das es in der Hand hält, Teile des Throns und die Weltkugel sind mit Emailarbeiten und Edelsteinen verziert. Es scheint, dass es auch weitere Schmuckelemente gab, die jedoch verloren gegangen sind. Im Mittelalter wurde die Skulptur auch bei großen Prozessionen im Kirchenjahr mitgeführt.

Die Goldene Madonna im Essener Dom 
Die Goldene Madonna im Essener Dom 

1959 ernannte Papst Johannes XXIII. „für alle Zeiten die selige Jungfrau Maria unter dem Titel: Mutter vom guten Rat, die im Volksmund Goldene Madonna genannt wird, zur ersten und besonderen Patronin des ganzen Bistums“ Essen in einer päpstlichen Bulle. Im selben Jahr wurde die Skulptur auch aus der Schatzkammer in die neu geschaffene Marienkapelle im linken Seitenschiffchor des Doms gebracht.

Der siebenarmige Leuchter

Der Essener Leuchter ist die älteste noch erhaltene christliche Nachbildung des jüdischen Tempelleuchters, die ihrer Form weitgehend einem Bericht aus dem alttestamentarischen Buch Exodus folgt. Er entspricht auch dem einzigen überlieferten Bild des jüdischen Siebenarmigen Leuchters, der auf dem Titusbogen in Rom abgebildet ist. Er steht symbolisch für den Lebensbaum, für die Herrlichkeit Jahwes wie auch für Christus als das Licht der Welt.

Der siebenarmige Leuchter im Essener Dom
Der siebenarmige Leuchter im Essener Dom

Der Leuchter ist 2,26 Meter hoch und 1,88 Meter breit und besteht aus 46 einzelnen, gegossenen Bronzeteilen, die ineinander gesteckt sind. Die Inschrift am unteren Stamm weist auf die „Spenderin“ hin: Äbtissin Mathilde ließ mich anfertigen und weihte mich Christus.

Die Grablegung Christi

An der südlichen Außenmauer befindet sich in einer Wandnische eine lebensgroße Darstellung der Grablegung Christi. Hinter dem Leichnam Christi steht in der Mitte sein Jünger Johannes, der sich der Gottesmutter Maria annimmt. Die Frauen mit den Salbgefäßen sind Maria Magdalena, Maria Salome und Maria, die Mutter von Jakobus. Nikodemus steht am Kopf Christi und ihm gegenüber ist Josef von Arimathäa zu sehen.

Grablegung Christi
Grablegung Christi

Das Werk wurde aus Sandstein um 1520 vom Kölner Meister Wilhelm von Arboch gefertigt. Bei der Übersiedlung von der Westempore an den heutigen Ort wurde die Tumba erneuert. Die Nischenarchitektur mit dem Stiftspatronen Cosmas und Damian stammt aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts und gehörte wahrscheinlich ursprünglich zu einer Kreuzigungsgruppe.

Der Hauptaltar

Elmar Hillebrand schuf den Hauptaltar, der 1968 geweiht wurde, aus poliertem Blaustein. Die Gestaltung erinnert an eine aufbrechende Tulpe, aber auch an den Tisch des letzten Abendmahls und damit an die Hoffnung auf die Auferstehung und um das Wissen um den Opfertod Christi. In der Mitte der Altarplatte befinden sich die Reliquien der Heiligen Cosmas und Damian, denen die Kirche geweiht ist. An der Vorderseite befindet sich eine Grabkammer, die durch ein Bronzegitter, das ebenfalls Hillebrand gestaltet hat, verschlossen ist und vier Engel im Reigen zeigt.

Die Triumphsäule

Die fünf Meter hohe Marmorsäule wurde wahrscheinlich um 970 im Dom aufgestellt. Damals war ein goldenes Kreuz oben auf der Säule angebracht, dessen Inschriftentafel heute noch in der Domschatzkammer zu sehen ist. Anscheinend wurde dieses Kreuz jedoch beschädigt, weshalb man gegen Ende des 15. Jahrhunderts ein silbernes Kreuz in Auftrag gab und die Reliquien, die sich im ersten Kreuz befanden in das Silberkreuz „umbettete“.  Das Silberkreuz wird heute in der Domschatzkammer aufbewahrt und findet als Vortragekreuz an hohen Feiertagen im Dom und bei der Fronleichnamsprozession Verwendung.

Die Triumphsäule im Essener Dom
Die Triumphsäule im Essener Dom

Ursprünglich stand die Säule hinter dem Kreuzalter in der Vierung der Kirche, wurde aber 1775 zusammen mit dem Altar entfernt. Bei dieser Übersiedlung zerbrach die Säule und so fand sie einen neuen Platz erst 1852 im Westbau der Münsterkirche. Nach dem Zweiten Weltkrig wurde sie an ihren heutigen Aufstellungsplatz vor dem Mittelfenster des Chorraums umgesiedelt und trägt nun ein modernes Kreuz, ein Werk der Benediktinerin Lioba Munz aus dem Jahre 1968. Aus einer geschmiedeten Blattknospe wächst das Kreuz hervor und verzweigt sich in vier Blätter, die kreuzförmig um eine antike Glasschale angeordnet sind und damit zum Sinnbild des Lebensbaums werden.

Die Ostkrypta (Altfridkrypta)

Das Gewölbe unter dem Hochchor war bis zum 20. Jahrhundert die einzige Krypta im Dom.  Wie man einer Weiheinschrift entnehmen kann, gab die Äbtissin Theophanu den Auftrag zum Bau der Krypta, die 1051 vom Kölner Erzbischof Hermann II. geweiht wurde. Sie besteht aus einer von vier Pfeilern in neun Gewölbefelder gegliederten Innenkrypta und einer reich gestalteten Außenkrypta, deren vier Pfeiler den Raum wieder in eine fünfschiffige, zweijochige Halle unterteilen.

Die Ostkrypta
Die Ostkrypta

In der Krypta wurden mehrere Äbtissinnen des Essener Frauenstifts begraben, darunter auch Theophanu, die östlich davon ein kleiner Grabkapelle für sich selbst anbauen ließ und deren Sarkophag man bei Ausgrabungen in den 1950er Jahren fand.

In einem Hochgrab aus der Zeit um 1300 befinden sich die Gebeine des Heiligen Altfrid, der nach seinem Tod 874 auf eigenen Wunsch in der Stiftskirche bestattet wurde.

Die Adveniatkrypta

Zwischen 1981 und 1983 unter dem Atrium nach den Plänen von Hans Straetmans und Heinz nDohmen gebaut, sind hier sind die Gräber der Essener Bischöfe untergebracht. Aber es können auch Gottesdienste in der neuen Westkrypta abgehalten werden.

Die Adveniatkrypta im Essener Dom
Die Adveniatkrypta im Essener Dom

Emil Wachter stattete den Raum mit einer Bilderwelt aus Beton aus, in dessen Mittelpunkt das Vaterunser und die Bitte „Dein Reich komme“ steht: Die Bitte um Nahrung, die Frage der Schuld und die Bitte um Vergebung, als das sind Grundthemen des menschlichen Lebens, die auch heute immer noch wichtig erscheinen.

Marie Luise Dähne gestaltete 2006 Altar, Ambo und Kredenz aus Glas – auch um möglichst wenig von der Bilderwelt der Deckenreliefs abzulenken. Im Sockel des Altars ist ein Glaskästchen zusehen, in der eine Relique des Heiligen Liudger aufbewahrt wird.

Der Epitaph der Anna Salome

Die barocke Gedenkplatte an der Wand der Empore des nördlichen Querhauses zeigt die Äbtissin Anna Salome von Salm-Reifferscheidt, wie sie in Gebetshaltung vor einem Tisch auf dem ein Kruzifix steht, kniet. Der Vorhand im Hintergrund wird von einem Totenschädel mit Lorbeerkranz über gekreuzten Knochen zusammengehalten.

Der Epitaph der Anna Salome
Der Epitaph der Anna Salome

Über dem Giebel des Epitaphs kann man das Wappen der Äbtissin erkennen. Die Gedenkplatte wurde im Auftrag ihrer Familie wahrscheinlich vom Münsteraner Hofbildhauer Johann Mauritz Gröninger gestaltet. Anna Salome gilt als „Gründering“ des heutigen Essener Gymnasium B.M.V., da sie während ihrer „Regentschaft“ drei Schwestern der Kongregation der seligen Jungfrau Maria aus Münster für die Erziehung von Mädchen nach Essen berief.

Die Grabplatte Elisabeth von Berge

Die Grabplatte aus schwarzem Marmor und Alabaster lag ursprünglich als Deckplatte auf dem Hochgrab der Äbtissin, wurde aber im 19. Jahrhundert senkrecht an die Außenwand des Münsters eingebaut.

Elisabeth ist mit Kopfhaube, Rüschenkragen, Reifrock und schwarzen Mantel, der Chorkleidung der Essener Stiftsfrauen, abgebildet. Die Augen sind geschlossen und ihre Hände wie beim Gebet über der Brust gefaltet. Über ihren Kopf kann man das Familienwappen erkennen, während rechts und links von ihr, die Wappen der Ahnen angebracht sind.

Die Grabplatte Elisabeth von Berge
Die Grabplatte von Elisabeth von Berge

Elisabeths Wahl zur Äbtissin war außergewöhnlich, da sie nicht aus dem Kreis der – zu dieser Zeit - protestantischen Stiftsfrauen stammte, sondern eine stiftfremde katholische Adelige war, die auch bald die Rekatholisierung des Frauenstifts vorantrieb. Dieses Vorgehen war allerdings in Gefahr als sie ihren Jugendfreund Floris II. von Palant, Graf von Culembourg empfangen wollen – einen der führenden Männer der protestantischen Generalstaaten. Allerdings erlebte sie sein Eintreffen nicht mehr – sie starb wenige Tage vor seinem Besuch an Windpocken.

Die Nikolaus Groß-Kapelle

Nikolaus Groß ist der erste Selige des Bistums Essen. ER wurde 1898 geboren, arbeitete er in einem Walzwerk und im Bergbau unter Tage, war Arbeitersekretär im Gewerkverein Christlichert Bergarbeiter, Chefredakteur der Westdeutschen Arbeiter Zeitung und Verbandsleiter der Katholischen Arbeiterbewegung in Köln. 1944 wurde er von der Gestapo wegen seiner Zugehörigkeit zu katholischen Widerstandskreisen verhaften und nach einem Hochverratsprozess im Jänner 1945 in Berlin hingerichtet. Ihm wurde ein christliches Begräbnis verwehrt, seine Leiche verbrannt und die Asche verstreut.

Die Nikolaus Groß- Kapelle im Essener Dom
Die Nikolaus Groß- Kapelle im Essener Dom

Groß wurde 2001 von Papst Johannes Paul II selig gesprochen, 2004 wurde im Südchor des Domes zu seiner Erinnerung vom Düsseldorfer Künstler Prof. Thomas Kesseler gestaltet. Briefe und Bilder von Nikolaus Groß und seiner Familie sind auf Glas zu einer Collage verwoben und ein Porträtkopf aus Bronze erinnert an den ersten Seligen des Ruhrgebiets.

Die Domorgel

Die Orgel der österreichischen Orgelbaufirma Riegler besteht aus zwei Orgelwerken, die von der Hauptorgel aus einzeln, aber auch zusammen gespielt werden können. Da die Orgelbühne über den vorderen Teil des nördlichen Seitenschiffs hin erweitert wurde, ist kein eigenständiger Baukörper mehr, sondern integraler Bestandteil der Domarchitektur, die dem Betrachter drei interessante und unterschiedliche Orgelperspektiven bietet, bei der die roten Gehäuselisenen das Grau der Gurtbogensteine durchdringen.

Der Standort bietet durch seine Öffnung zur Empore und zum Chorraum eine ideale Klangentfaltung in der gesamten Kirche und so erfreut das Orgelspiel sowohl zur Begleitung des Gemeindegesanges als auch der Chöre auf der Empore oder im Chorraum.

Der Essener Domschatz

Einige der unschätzbaren Kunstwerke können im Dom (wie oben angeführt) besichtigt werden, andere sind in der Domschatzkammer ausgestellt, die man allerdings unbedingt ebenfalls besuchen sollte. Außergewöhnliche Werke der sakralen Kunst, geschaffen zur Ehre Gottes erwarten dabei den Besucher, einige davon werden auch noch heute im Gottesdienst in der Domkirche benutzt. Viele Kunstwerke stammen aus der Blüte des Frauenstifts im 10. und 11. Jahrhundert, als es zu den drei großen Familienstiften des ottonischen Kaiserhauses gehörte. Aus dieser Zeit stammen Kunstschätze wie die vier Vortragekreuze, das Essener Schwert, die Essener Lilienkrone, das Kreuznagelreliquiar, das Evangeliar der Äbtissin Theophanu. 

Einzigartig sind aber auch die gotischen Kunstwerke des Schatzes aus dem 13. bis zum 15. Jahrhundert: Reliquare, Kreuze, Monstranzen, Kelche und Handschriften wie auch emaillierte Broschen aus der Zeit um 1400.

Das Essener Schwert

Das Schwert wurde im zweiten Viertel oder in der Mitte des 10. Jahrhunderts geschaffen, die Klinge in Damaszenertechnik gefertigt, eine Waffe für den Kampf, fast einen Meter lang. Vermutlich war das Schwert an die 20 Jahre lang im Einsatz und wurde in dieser Zeit auch mehrfach nachgeschliffen. Man nimmt an, dass das Schwert in der Zeit der Äbtissin Mathilde, einer Enkelin Kaiser Ottos des Großen in den Besitz des Frauenstifts kam, ja vielleicht gehörte das Schwert sogar dem Kaiser selbst. Die Schwertscheide, die aus einem Holzkern mit Goldplatten besteht, entstand nach der Eingliederung des Schwertes in den Essener Schatz, wahrscheinlich noch vor dem Jahr 1000. Dabei wurden auch Veränderungen am Griff und der Abwehrstange vorgenommen, die mit Goldblech, Filigranarbeiten und Email verziert sind. Phantasievolle Fabeltierstellen in üppigen Rankenwerk, dessen Ornamente sich mit denen des Siebenarmigen Leuchters vergleichen lassen, sind zu sehen.

Seit 1474 ist das Essener Schwert auch auf dem Briefsiegel der Stadt zu finden und ist auch Teil des Essener Stadtwappens.

Im späten Mittelalter galt das Schwert als Reliquie der Stiftspatrone Cosmas und Damian, deren Bildnisse am Schwert im 15. Jahrhundert erneuert wurden und mit der Inschrift „Gladius cum quo decollati fuerunt nostri patroni (Schwert, mit dem unsere Patrone enthauptet wurden) versehen wurde.

Das Otto Mathilden Kreuz

Es ist das berühmteste der vier Vortragekreuze des Stifts. Ein Meisterwerk der Goldschmiedekunst aus dem 10. und 11. Jahrhundert: das älteste erhaltene Beispiel, bei dem ein Gemmenkreuz mit einem Kruzifixus verknüpft wurde. Der Eichenholzkern wurde auf der Vorderseite mit getriebenem Goldblech, auf der Rückseite mit vergoldetem Kupferblech bedeckt. Edelsteine, Perlen und Filigran schmücken die verbreiteten Balkenenden, eine Borte aus Edelsteinen und Perlen umrahmt den gekreuzigten Christus, der fein gestaltet aus der Grundplatte aus Goldblech getrieben wurde. Die Rückseite zeigt eine Paradiesranke um das Lamm Gottes und die vier Evangelistensymbole.

Auf der Zellenschmelz-Platte unterhalb des Kruzifixes ist die Äbtissin Mathilde und ihr jüngere Bruder Otto von Schwaben und Bayern in höfischer Tracht zu sehen, die beide das Vortragekreuz halten und sich so als Stifter ausweisen. Man nimmt an, dass das Kunstwerk um 985 entstanden sein könnte.

Das Kreuznagelreliquiar

Im Mittelalter wurde diese wichtige Reliquie – ein Nagel vom Kreuz Christi – bei Prozessionen auf einer Stange getragen und galt in der Osterliturgie als Sinnbild für den auferstandenen Christus. Die Reliquie ist von zwei Platten aus Bergkristall eingefasst, was wahrscheinlich erst im 14. Jahrhundert in der heutigen Form passierte. Die beiden unterschiedlichen Seiten – Edelstein und die Emailseite – gehen auf die Mitte des 11. Jahrhunderts zurück und wurden in der Gotik umgearbeitet. Die Emails sind in Schmuckleisten aus Goldblech eingebettet und mit Filigran, Edelsteinen und Perlen verziert. Im 14. Jahrhundert wurde die Bekrönung, der Edelsteinbesatz an den Kanten und die Aufsatzvorrichtung der Reliquientafel hinzugefügt.

Die Essener Krone (Die Kinderkrone)

Lange Zeit galt sie als die Kinderkrone Ottos III., der als Dreijähriger 983 in Aachen zum König gekrönt wurde, allerdings sprechen verschiedene Formelemente dagegen, sodass man sie heute 70 Jahre und mehr nach der Krönung des kleinen Ottos datiert.
Sie ist die älteste erhaltene Lilienkrone Europas und wurde bis ins 16. Jahrhundert bei der Krönung der Goldenen Madonna am Fest Mariä Lichtmess (2. Februar) eingesetzt.

Vier Linien sind auf den Goldreif aufgesetzt, der mit Filigranmuster aus gekoppelten Golddrähten und zahlreichen Perlen und Edelsteinen in aufwändigen Fassungen verziert ist. Der Saphir in einer dreieckigen Goldfassung an der Vorderseite der Krone und der rote Steinschnitt in einem Almandin aus spätrömischer Zeit gelten als besonders wertvoll. Da die Krone einige Schäden und Reparaturen aufweist, nimmt man an, dass sie bei Prozessionen mit der Goldenen Madonna mehrfach auf den Boden gefallen ist.

Wenn es ihre Zeit zulässt, besuchen Sie unbedingt auch die Domschatzkammer. Es ist wirklich fast unbeschreiblich, welche Kunstwerke Menschen in vergangenen Epochen hergestellt haben.

Domschatzkammer Essen
45127 Essen, Burgplatz 2
Tel: +49 201 2204 206
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www.domschatz-essen.de/

Wir gehen ein Stück weiter, erreichen den „Markt“ und damit das nächste sehenswerte Gotteshaus.

Die Marktkirche

Auch sie hat eine lange wechselhafte Geschichte und ist die älteste protestantische Kirche in der Essener Innenstadt. Bereits 1054 wird eine Kapelle zu Ehren der Heiligen Gertrud im Testament der Äbtissin Theophanu erwähnt. Erst im 14. Jahrhundert wird die Gertrudiskirche zur Marktkirche.

Die Marktkirche in Essen 
Die Marktkirche in Essen 

Lange Zeit werden auch durchaus weltliche Dinge in der Marktkirche geregelt: Sie ist Wahl- und Sitzungsort des Stadtrats, hier werden die Verordnungen des Rats verkündet. 1399 wird in einem Anbau an der Südseite des Turms die Große Stadtwaage eingerichtet, eine Turmuhr (ab 1429 mit Glocke) zeigt den Stadtbewohnern die Zeit an und am Turm halten auch die Stadtwächter nach Feuer Ausschau.

Im Inneren der Marktkirche 
Im Inneren der Marktkirche 

1560 ist die Kirche zwar noch katholisch, aber die Essener Bürger, die – ebenso wie der Rat der Stadt Essen – dem Protestantismus große Sympathien entgegenbringen, singen hier am 1. Weihnachtstag deutsche Weihnachtslieder. Ein Jahr später führt der Stadtrat den deutschen Kirchgesang in der Marktkirche ein.

1563 feiert Heinrich Barenboch in der Marktkirche am 2.Mai den ersten lutherischen Gottesdienst – die Fürstäbtissin ist „not amused“ und es war ein jahrelanges, zähes Ringen gegen ihren Widerstand notwendig um die Berufung des neuen protestantischen Pfarrers durchzusetzen. Allerdings sind damit die Auseinandersetzungen um die Reformation in Essen noch nicht beendet. Der 2.5.1563 wird aber als Essener Reformationstag in den Chroniken festgehalten.

Blick in den Westchor der Marktkirche 
Blick in den Westchor der Marktkirche 

Die folgenden Jahrhunderte stehen im Zeichen den Auf- und Umbaus, aber auch der Zerstörung der Kirche. 1786 wird das südliche Seitenschiff erhöht, 1871 beginnt eine umfangreiche Renovierung, 1930 wollten die Stadtplaner das Gotteshaus sogar abreißen und die Kirche will sie wegen akuter Geldnot eigentlich verkaufen.

Im Zweiten Weltkrieg leidet die Marktkirche wie auch die Stadt unter den Bombenangriffen: Die Kirche wird bis auf die Grundmauern zerstört. Doch bereits 1950 beginnt der Wiederaufbau der zwei östlichen Joche, gleichzeitig finden archäologische Ausgrabungen statt, doch erst im Jänner 2005 beginnt der erste Bauabschnitt des Umbaus. Spender, darunter die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Stiftung finanzieren den Einbau des neuen, gläsernen Westchores, 2006 wird die Kirche nach der Vollendung des ersten Bauabschnitts wieder eröffnet.

Blick ins Innere der Marktkirche 
Blick ins Innere der Marktkirche 

Schließlich wird auch noch das Kirchendach umfangreich saniert und die Marktkirche erhält ein neues Eingangsportal, dessen 36 biblische Wortpaare zum Nachdenken einladen.

Noch ein paar Worte zum Eingangsportal und vor allem zum Westchor: bei beiden gelingt es den Architekten, wie so oft im Ruhrgebiet, Neues mit Alten zu einer wunderschönen Symbiose zu verbinden. Als Österreicherin und insbesonders als Wienerin stehe ich immer wieder staunend vor diesen Umsetzungen und denke mit Schaudern, was wohl an Geiferei über solche Projekte bei uns in der Kronen Zeitung stehen würde. Dabei sind fast alle wunderschön und gelungen umgesetzt und zeigen, dass man zwar die Tradition und das Alte nicht vergessen hat, aber bereits den Schritt in die Zukunft gewagt hat. Und dieser Schritt fehlt leider oft bei uns, im traditionsbewussten Österreich. (Beispiele dafür werden allerdings hier sehr gerne entgegengenommen, sollten Sie welche gesehen haben….)

Das Eingangsportal

Die 36 aus der Bibel abgeleiteten Wortpaare in goldener Schrift sind, ebenso wie die kreuzförmigen Griffe im Zentrum der Tür, das zentrale Gestaltungselement und sollen die Gedanken auf das Kreuz ausrichten: ein Kreuz, an dem man sich festhalten und dank dessen man den Raum des Gotteshauses betreten kann.

Für diese Wortkreuze wurden von Volker Küster Schrifttypen ausgewählt, die auch von hinten gesehen dekorativ aussehen, außerdem sind manche Begriffe von außen, die anderen wieder von innen zu lesen: als ein Symbol, dass man durch Türen eintritt aber auch wieder aus dem Raum rausgeht. Die Wortpaare verweisen auf die geistige und existenzielle Vielfalt, die durch die Tätigkeiten im Kirchenraum geboten werden, ergänzen sich wie in „Hirte/Lamm“, beschreiben ein Problemfeld wie „Glaube/Wissen“ oder eine Beziehung wie „Gott/Kirche“. Sie lösen nichts, sondern wollen zur Besinnung, zum Nachdenken oder zu einem Gespräch einladen.

Der Westchor

Er gilt als ein herausragendes Beispiel moderner Glaskunst und diese schafft es eine ganz besondere Stimmung beim Besucher zu erzeugen. 200 Glasscheiben wurden mit blauer Farbe in unterschiedlicher Stärke bestrichen und gebrannt.

Der Westchor der Marktkirche 
Der Westchor der Marktkirche 

Dadurch entstand der typische, changierende Effekt, der jede Glasscheibe in unterschiedlichen Farbnuancen erscheinen und sie zu einem Unikat werden lässt. Danach wurden immer vier Scheiben zu Isolierglas verklebt – so bilden 50 blaue Glaselemente einen Raum aus Glas, der die westliche Wand des Kirchenschiffs durchbricht.

Marktkirche Essen
45127 Essen, Markt 2
Tel: +49 201 20369
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www.marktkirche-essen.de

Am Rathaus, das allerdings für BesucherInnen, die Sehenswürdigkeiten suchen, meiner Meinung nach nicht allzu viel zu bieten hat und einen reiner Zweckbau ist (was ja auch seine Aufgabe ist) kommen wir zu einer weiteren Sehenswürdigkeit.

Die Alte Synagoge

Bereits wenn man näher kommt, fällt der wunderschöne Bau mit seiner großen Kuppel auf, der am 25. September 1913 als neue Synagoge der Essener jüdischen Gemeinde eingeweiht wurde. Seine Aufgabe konnte er allerdings nur bis zum 9. November 1938 erfüllen, an diesem Tag wurde die Synagoge in Brand gesetzt. Das Äußere blieb jedoch während des Krieges trotz starker Bombardierung der Essener Innenstadt intakt. Doch im Inneren war das Gebäude eine Ruine.

Die Alte Synagoge Essen 
Die Alte Synagoge Essen 

In der jüdischen Gemeinde wurde die Nutzung als kulturelle Einrichtung, aber auch als Gedenkstätte an die Shoa diskutiert. 
Bis 1959 stand die Ruine als mahnendes Zeichen im Zentrum Essens, dann übernahm die Stadt Essen das Gebäude und man entschloss sich den Innenraum der „Alten Synagoge“ zu entkernen: der Torahschrein wurde abgerissen, die Mosaike entfernt, die Ornamente überstrichen und die runde Kuppen hinter einer abgehängten rechteckigen Decke „versteckt“. Fertig war das „Haus Industrieform“, das nun als Ausstellungsraum für Industriedesign genutzt wurde.

Im Inneren der Alten Synagoge in Essen 
Im Inneren der Alten Synagoge in Essen 

1979 kam es jedoch zu einem Brand, bei dem Teile der Industrie-Ausstellung zerstört wurden und man begann die Nutzung des Raumes zu überdenken. Ein Jahr später kam der Beschluss die „Alte Synagoge“ als Gedenkstätte und als politisch-historisches Dokumentationsforum zu nutzen. Ab 1986 begannen die Rekonstruktionsarbeiten, die den früheren Synagogenraum wieder im Ansatz sichtbar machten, jüdische Kultur sollte wieder in den Mittelpunkt der Nutzung rücken.

Doch erst 2008 beschloss die Stadt Essen, das Haus zu einer kulturellen Begegnungsstätte, zum Haus der jüdischen Kultur, mit neuen Ausstellungen und baulichen Veränderungen im Inneren zu machen.  2010 wurde das Gebäude dann als Haus der jüdischen Kultur eröffnet und bietet bis heute in seinen Ausstellungen Informationen zu jüdischen Traditionen, jüdische Feste und dem Way of Life, aber auch zur Geschichte der Hauses und der jüdischen Gemeinde in Essen.

Im Inneren der Alten Synagoge in Essen
Im Inneren der Alten Synagoge in Essen

Das Haus beeindruckt nicht nur durch die Weite im Inneren, sondern auch durch die Ausstellungskonzeption. Leider wurden die ursprünglichen großen Fenster oberhalb der Empore, die in ihren Bildern die jüdischen Feste zeigten nicht mehr rekonstruiert. Aber in den Vitrinen kann man acht jüdische Feste näher kennen lernen und dabei manchmal auch die eine oder andere Überraschung erleben.

Die Ausstellung geht aber auch den Fragen nach, wie unterschiedlich die Traditionen gelebt werden, wie es zu dem Ausspruch „Drei Juden, vier Meinungen“ kommt und gibt viele andere und zum Teil ungewöhnliche Einblicke in die jüdische Lebensweisen.

Ausstellung in der Alten Synagoge in Essen 
Ausstellung in der Alten Synagoge in Essen 

In der Ausstellung wird aber auch der Geschichte der jüdischen Gemeinde in der Stadt gedacht: zu sehen sind persönliche Gegenstände wie Poesiealben, Fotos, Fluchttagebücher, Zeugnisse, Urkunden, Orden und vieles mehr aus dem Leben der Essener Juden.

Eine Leseecke wartet mit Publikationen aus den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts und wer etwas genauer wissen möchte, kann sich mit Computerunterstützung noch weitere Dokumente ansehen.

In der Alten Synagoge in Essen
In der Alten Synagoge in Essen

Wer die Alte Synagoge besucht, sollte sich auf jeden Fall Zeit nehmen, denn viel Interessantes wartet in den Ausstellungen auf die BesucherInnen. Man kann allerdings jeweils am 1. und 3. Sonntag eines Monats eine öffentliche Führung mitmachen. (Bitte aber in jedem Fall den Termin sicherheitshalber noch einmal auf der Website der Alten Synagoge gegenchecken: www.alte-synagoge.essen.de). Die Teilnahme an der Führung kostet 3 Euro (Stand 2019), eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Alte Synagoge Essen
Alte Synagoge Essen

Außerdem kann man sich auch einen Audio Guide in Deutsch und Englisch kostenlos (aber mit Hinterlegung eines Pfandes) ausleihen. Die Alte Synagoge ist von Dienstag bis Sonntag von 10:00 bis 18:00 Uhr geöffnet, der Eintritt ist frei.

Alte Synagoge – Haus jüdischer Kultur
45127 Essen, Edmund Körner Platz 1
Tel: +49 201 88-45 218
Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
www.alt-synagoge.essen.de

Die Friedenskirche

Interessant ist auch das Gebäude vis á vis der Alten Synagoge, die Alt-Katholische Friedenskirche und das Altkatholische Pfarramt. Die Kirche wurde von 1914 bis 1916, also mitten im Ersten Weltkrieg erbaut und galt in ihren Originalzustand als die bedeutendste Jugendstilkirche Deutschlands.

Die Friedenskirche neben der Alten Synagoge 
Die Friedenskirche neben der Alten Synagoge 

Grund für diesen Ruf ist wahrscheinlich der niederlänsiche Künstler Jan Thorn Prikker, der farbenprächtige Wand- und Deckenmalereien, sowie ein goldenes Mosaik im Altarraum schuf. 

Der erste Blick auf das Gebäude fällt auf den achteckigen Turm, der früher mit einem kunstvoll geschwungenen Kupferhelm abgeschlossen wurde. Die Kirche selbst hat nur eine Fensterreihe zur Straßenseite hin, da sich an zwei Seiten Gebäude an sie anlehnen. In der Turmvorhalle ehrt man sieben Gemeindemitglieder, die im Ersten Weltkrieg gefallen sind.

Auch die Friedenskirche wurde im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt: das tragende Gewölbe und damit die Gemälde von Jan Thorn Prikker stürzten ein und auch der Turm ging verloren. 
Die Gemeinde sorgte zwar für den Wiederaufbau der Kirche, der 1951 abgeschlossen werden konnte, aber das Dach und der Turm wurden dabei nur sehr einfach wieder hergestellt. Auch der Innenraum wurde nur schmucklos verputzt.

Die Friedenskirche und das altkatholische Pfarrheim 
Die Friedenskirche und das altkatholische Pfarrheim 

Im Krieg waren auch die vier großen Bleiglasfenster stark beschädigt worden. Nur das Fenster unter der Orgelempore, das ebenfalls  Jan Thorn Prikker gestaltet hatte, überstand diese Jahre unbeschädigt. 1963 entwarf Harry Mc Lean für die  vier beschädigten Fenster eine symbolische Darstellung der vier Evangelisten.

Die Gemeinde bemühte sich jedoch um die Rekonstruktion und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes. 2003 war es soweit: die Malereien im Bereich der Orgelempore wurden rekonstruiert und drei Jahre später begann man unter Einbeziehung von Resten der Originale, die man unter dem Putz fand und mit alten Fotos als Vorlage mit den Rekonstruktionsarbeiten des großen Deckengemäldes im Innenraum, die im Herbst 2006 abgeschlossen werden konnten.

Die Friedenskirche in Essen 
Die Friedenskirche in Essen 

Unter der Oberkirche befindet sich ein weiterer Raum, der seit seiner Sanierung 2005 auch für Veranstaltungen, Konzerte und Gottesdienste genutzt wird, auch die Kirchturmspitze wurde 2010 saniert und so dem Original wieder angepasst.
2011 wurde in der Oberkirche ein Glasaltar von Volker Küster aufgestellt.

Leider war sie bei meinem Besuch verschlossen und daher finden sich hier auch nur Bilder ihres Äußeren. Geht man um die Kirche herum und betrachtet man ihre der Synagoge zugewandte Mauer kann man heute noch die Verrußung erkennen, die durch den Brand der Synagoge in der Progromnacht 1938 entstand und nicht entfernt wurde.
Auf jeden Fall steht ein Besuch des Inneren der Kirche fix auf dem Programm meines nächsten Besuchs in Essen.

Altkatholische Friedenskirche Essen
45127 Essen, Bernestraße 1
Tel: +49 201 22376 3
Mehr über die Friedenskirche erfahren Sie unter www.alt-katholisch.de/ und
www.route-industriekultur.ruhr/themenrouten/26-sakralbauten/altkatholische-friedenskirche-essen.html

Der Jahrhundertbrunnen

Er war bereits vor dem Bau der Alten Synagoge und der Friedenskirche auf seinem Platz: Der Grundstein des Jahrhundertbrunnes, von Ulfert Jansson entworfen, wurde bereits im August 1902 gelegt. Auf mich machte er jedenfalls einen martialischen Eindruck und ich dachte eigentlich mehr in die Richtung Kriegerdenkmal und ein bisschen geht es ja doch in diese Richtung. Der Brunnen erinnert nämlich an die 100 Jahre Vereinigung von Stadt und Stift Essen mit dem Königreich Preußen im Jahre 1802, in dem preußische Truppen die selbständige Stadt und das selbständige Damenstift wie auch die Reichsabtei Werden in ihren Besitz nahmen. Nicht ganz freiwillig, war es doch die Entschädigung für die in den Koalitionskriegen an Frankreich verloren gegangenen Gebiete am linken Rheinufer.

Der Jahrhundertbrunnen vor der Friedenskirche 
Der Jahrhundertbrunnen vor der Friedenskirche 

Ein Arbeiter mit einem Schlägel in der Mitte dominiert die Gestaltung des Brunnens und versinnbildlicht die Arbeit als solches. Rüstig zur Arbeit – froh in der Rast meint dazu die Inschrift. Links davon sieht man das Essener Stadtwappen mit der Jahreszahl 1802und rechts das Wappen Preußens mit der Jahreszahl 1902, die an den Grund der Errichtung des Brunnens erinnern.
Eingeweiht wurde der damals freistehende Brunnen aus Muschelkalk im August 1907, 1914 bis 1916 wurde dann im Zuge des Baus der Friedenskirche die Futtermauer des erhöhten Vorhofes der Kirche errichtet, die bis heute die deutlich verbreiterte Brunnenmauer bildet.

Weiter geht es nun zu Kunst und Kultur.

Das Grillo-Theater

Unweit der Fußgängerzone kann man auch einen Blick auf das Grillo-Theater werfen, das ebenfalls durch seine Architektur beeindruckt und mich ein bisschen auch an das Schauspielhaus Bochum erinnert.

Ursprünglich wurde das Theatergebäude allerdings nach einem Entwurf von Heinrich Seeling im neobarocken Stil erbaut und es gilt als eines der ältesten Theater im Ruhrgebiet. Zur Eröffnung wurde im September 1892 Minna von Barnhelm von Gotthold Ephraim Lessing gespielt.

Das Grillo-Theater in Essen 
Das Grillo-Theater in Essen 

Friedrich Grillo, ein Industrieller, gab bei einer Stadtsitzung im Oktober 1887 bekannt, der Stadt ein Theater spenden zu wollen, wobei er für den Bau bereits 500.000 Mark bereitstellen, aber auch für mögliche Mehrkosten aufkommen würde. Schließlich sollte sich das Theater mit allen größeren Theatern der damaligen Zeit messen können und er wollte Zeit seines Lebens auch für den Betrieb des Theaters aufkommen.

Grillo starb allerdings bereits ein halbes Jahr nach dieser Ankündigung,  in seinem Testament fand sich ebenfalls keine Erwähnung und auch der Schenkungsakt hatte noch nicht stattgefunden. Dennoch erklärte sich seine Witwe, Wilhelmine geb. von Born bereit, den Willen ihres Ehemannes zu ermöglichen und stellte das Grundstück ihres Elternhauses und den später erworbenen Garten für den Bau des Theaters zur Verfügung. 

In einem Architektenwettbewerb mit 34 Teilnehmern erreichte der Berliner Architekt Heinrich Seeling den ersten Platz und wurde von der Witwe Wilhelmine Grillo .beauftragt, allerdings mit der Einschränkung, dass die Mittel zum Bau des Theaters nicht überschritten werden durften. Im Mai 1889 wurde die Schenkungsurkunde offiziell an die Stadt Essen übergeben, im Mai desselben Jahres verpflichtete sich Friedrich Alfred Krupp den Theaterbetrieb mit jährlichen 10.000 Mark zu unterstützen, im Frühjahr 1890 begann endlich der Bau des Theaterhauses. Der Entwurf sah eine 16 Meter hohe Eingangsseite vor, die von einer Kuppek über dem Bühnenhaus überragt wurden, der Theatersaal bot 800 Gästen Platz und den Bühnenbogen zierte eine Inschrift mit einem Zitat aus Goethe’s Faust: „Nur der verdient sich Freiheit für das Leben, der täglich sie erobern muss.“

Grillo Theater
Grillo Theater

Auf Grund der Größe mussten die Kulissen in einem Gebäude der früheren Volksschule untergebracht werden. Bald wurde aber auch der Bühnentrakt zu klein und es begannen bereits 1894 und 1896 Umbauarbeiten. 1908 wurde ein neues Kulissenhaus (2006 mit seiner Verbindungsbrücke zum Theater unter Denkmalschutz gestellt) fertig gestellt und die Hinterbühne und die Beleuchtungsanlage erweitert. Die drei Bereiche Oper, Tanz und Schauspiel hatten ihr zu Hause gefunden.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde auch das Grillo Theater und vorallem seine Fassade weitgehend in Mitleidenschaft gezogen. Wilhelm Seidensticker und Johannes Dorsch waren die Architekten die den Wiederaufbau leiteten und das Theater in seinem Aussehen stark veränderten.

1950 schuf der Bildhauer die drei Reliefs für den Haupteingangsbereich und in diesem Jahr wurde das Theater mit Richard Wagners Die Meistersinger von Nürnberg wieder eröffnet.
Doch bald war das Theater wieder in Gefahr, da die Stadt Essen nach der Fertigstellung des Aalto-Theaters 1988 eigentlich plante das Grillo Theater wegen Baumängel zu schließen. Es ist dem Schauspieldirektor Hansgünther Heyne zu verdanken, dass dieser Plan nicht in die Realität umgesetzt wurde, sondern ein aufwändiger Umbau stattfand, der den Zuschauerraum auf 400 Plätze reduzierte und so ein Haus für das Schauspiel allein schuf. Im September 1990 spielte man Shakespeares Sommernachtstraum zur Wiedereröffnung.

Das Grillo Theater
45127 Essen, Theaterplatz 11
Tel: +49 201 812 22 000
www.theater-essen.de/tup/spielstaetten/grillo-theater/

Das Aalto Theater

30 Jahre Planung waren notwendig für den Bau des Aalto Theaters, das am Rande des Stadtparks in Essen liegt. Doch wenn man dann eine Vorstellung besucht – und das sollte man – muss man sagen: Es hat sich gelohnt.

Blick auf das Aalto-Theater bei Nacht 
Blick auf das Aalto-Theater bei Nacht 

Bereits 1959 gewann der finnische Architekt Alvar Aalto den Ideenwettbewerb zum Bau eines neuen Opern- und Theaterhauses für die Stadt.  Aalto zählte wie Gropius, Mies van der Rohe oder Le Corbusier zu den bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts und wollte hier im Aalto Theater sein Konzept der Humanen Architektur verwirklichen, deren Ziel das Wohlbefinden des Menschen im Gebäude ist.

Der Eingangsbereich des Aalto-Theaters 
Der Eingangsbereich des Aalto-Theaters 

In den folgenden Jahren überarbeitete Aalto die Pläne noch mehrmals, doch die Fertigstellung erlebte er nicht mehr: 1976 verstarb der Architekt. Zu diesem Zeitpunkt war nicht einmal noch die Baugrube ausgehoben, der Baubeginn verzögerte sich immer wieder. Zuerst müssen Wohnungen gebaut und die Infrastruktur verbessert werden, dann braucht Essen ein neues Rathaus. Erst 1983 ist es dann soweit: der deutsche Architekt Harald Deilmann übernimmt nach den Plänen von Aalto die Leitung über den Bau.

Im Inneren des Aalto-Theaters 
Im Inneren des Aalto-Theaters 

Man baut auf Fels (Karbon) und der Aushub der 9000m3 großen Baugrube birgt einige Schwierigkeiten mit sich. Aus akustischen Gründen ist das Gebäude aus 16 vollständig getrennten Einzelbauteilen hergestellt. Mehr als 50% der Decken und Brüstungen und mehr als 20% der Unterzüge und Treppenläufe wurden als Betonfertigteile eingebaut, wofür terminliche, aber auch wirtschaftliche Gründe verantwortlich waren. Die Fassade besteht aus Natursteinplatten und das Gebäude ist mit einem Kupferfalzdach abgeschlossen. Die geschwungenen Sitzreihen vor der Bühne und die asymmetrische Form des Auditoriums erinnern an das antike Theater in Delphi. Ein Bühnenturm fehlt: Das Bühnenhaus ist in die Gesamtform des Baukörpers integriert.

Blick in den Orchestergraben des Aalto-Theaters 
Blick in den Orchestergraben des Aalto-Theaters 

Im Aalto-Theater finden im Parkett und auf zwei Rängen insgesamt 1.125 Zuschauer Platz. Die Portalbreite kann von 10 bis 17 Meter, die Höhe von 5 bis 9.50 Meter stufenlos verstellt werden. Den Künstlern steht eine Hauptbühne mit 520 Quadratmetern, zwei weitere Seitenbühnen, sowie eine Hinterbühne zur Verfügung. Die gesamte Bühnenfläche beträgt 1.750 Quadratmeter und damit gehört die Aalto-Bühne zu den flächenmäßig größten Opernbühnen in Deutschland.

Am 25. September 1988 wird das Aalto Theater schließlich in Anwesenheit des finnischen Staatspräsidenten Mauno Koivisto, des Bundespräsidenten Richard von Weizäcker feierlich mit der Wagner Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“ eröffnet.

Aalto-Theater in Essen
Aalto-Theater in Essen

Opern- und Konzertliebhaber sollten sich bei ihrem Besuch in Essen auch eine Aufführung im Aalto-Theater gönnen. Einen Wiener überraschen hier nicht nur die Qualität der Aufführungen (wobei auch hier öfter moderne Inszenierungen am Programm stehen als bei uns), sondern auch die Kartenpreise. Allerdings werden die günstigen Preise der Kulturveranstaltungen schnell wieder durch die hohen Preise in den Öffis aufgehoben.

Für Interessierte werden auch regelmäßig verschiedene Führungen durch das Haus angeboten: https://www.theater-essen.de/tup/fuehrungen/aalto-theater/

Aalto Theater Essen
45128 Essen, Opernplatz 10
Tel Ticketbestellungen: +49 201 81 22-200
Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
https://www.theater-essen.de

Das Museum Folkwang Essen

Ein wunderbares Museum im Stadtteil Rüttenscheid, das eine große und wirklich sehenswerte Sammlung bedeutender Gemälde, Skulpturen und Grafiken weltberühmter Künstler besitzt und auch durch seine interessanten Wechselausstellungen immer wieder auf sich aufmerksam macht. Außerdem beherbergt das Museum auch noch eine wichtige Fotosammlung und das angeschlossene Deutsche Plakatmuseum.

Museum Folkwang Außenansicht (Foto © Giorgio Pastore) 
Museum Folkwang Außenansicht (Foto © Giorgio Pastore) 

Auch seine Geschichte ist bemerkenswert. Das Museum wurde 1902 in Hagen von Kunstmäzen Karl Ernst Osthaus gegründet. Der Name Folkwang stammt aus der Edda und bezeichnet den Palast der Göttin Freya, die nicht nur als Fruchtbarkeitsgöttin, sondern auch als Schutzgöttin der Künste gilt und sollte die Einheit von Kunst und Leben verdeutlichen. Osthaus war ein junger Bankierssohn, der von seinen Großeltern ein großes Vermögen geerbt hatte und in einem Museum seine private Sammlung naturwissenschaftlicher,  volkskundlicher und kunstgewerblicher Objekte auszustellen und damit auch zu „einer Verbesserung des öffentlichen Geschmacks“ beitragen wollte.

Museum Folkwang, Eingang 3, Foto © Giorgio Pastore) 
Museum Folkwang, Eingang 3, Foto © Giorgio Pastore) 

Später entschloss er sich ein Kunstmuseum aufzubauen und nahm mit Henry van de Velde, einem belgischen Künstler, Kontakt auf, der nicht nur die Innenausstattung in seinem Museumsprojekt im Jugendstil gestaltete, sondern Osthaus auch bei seinen Ankäufen beriet und für dessen Hinwendung zur Moderne verantwortlich gemacht wird.

Osthaus, der sich früher in erster Linie für die deutsche Malerei des 19. Jahrhunderts interessiert hatte, wandte sich nun auch belgischen und französischen Künstlern zu.  Ankäufe von Werken von Pierre-August Renoir, aber auch Vincent van Gogh und Gemälde des Fauvismus, Impressionismus, Expressionismus, Surrealismus und Kubismus fanden Einzug in seine Sammlung. Osthaus stand aber auch in Kontakt mit den Künstlern der Vereinigung Der Blauer Reiter und Brücke, mit Paul Cézanne und Henri Matisse und vielen anderen.

Museum Folkwang, Foyer (Foto © Giorgio Pastore) 
Museum Folkwang, Foyer (Foto © Giorgio Pastore) 

1921 starb Osthaus und damit endeten die Beziehungen zwischen den Künstlern und dem Museum, sein Lebenswerk begann zu auseinanderzubrechen.  Ernst Fuhrmann, der Leiter des Folkwang-Verlages und sein Nachlassverwalter nahm daher 1922 Kontakt zu Ernst Gosebruch, der auch eng mit Osthaus befreundet war,  vom Städtischen Kunstmuseum Essen auf und bot ihm die Sammlung des Folkwang Museums an. Es gründete sich der Folkwang-Museumsverein aus Bürgern und Unternehmen der Stadt, die 15 Millionen Mark aufstellten, die Sammlung damit kauften und dafür sorgten dass sie als Ganzes zusammenblieb. Am 29.10.1922 wurde das Museum unter dem Namen Museum Folkwang in den Essener Goldschmidt-Villen an der Bismarckstraße eröffnet.

1925 beschloss man den Neubau eines Museumsgebäudes, dessen Planung von Edmund Körner auch die beiden Goldschmidt-Villen mit einschloss.  1929 wurde der neue Museumsbau der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. 
Gosebruch setzte die Ausstellungs- und Ankaufspolitik von Osthaus weiter fort, so ergänzte er die Sammlung neben zahlreichen anderen Neuerwerbungen durch ein Bild von Édouard Manet (Der Sänger Jean Baptiste Fauve als Hamlet), das ihm und dem Museum erste Anfeindungen einbrachte, da das rechte politische Lager fand, dass die Sammlung zu viele französische Werke enthielt.
Die folgende Zeit nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten bedeutete tiefe Einschnitte in die Museumsgeschichte und die Sammlung. 1933 wurde die Entlassung von Ernst Gosebruch gefordert, der schließlich Ende des Jahres zurücktrat, nachdem zuerst das Ansinnen seiner Entlassung vom Kuratorium abgelehnt wurde. Sein nationalsozialistischer Nachfolger Klaus Graf von Baudissin war radikal gegen Moderne Kunst eingestellt und ließ gleich eine große Zahl von modernen und abstrakten Exponaten aus den Ausstellungen entfernen. In einem Saal wurde ein Teil der Werke als Kollektion von abschreckenden Gegenbeispielen zur systemakzeptierten Kunst präsentiert. Außerdem verkaufte er einige Werke, darunter einen Kandinsky, insgesamt wurden 1400 Werke im Rahmen der Aktion Entartete Kunst 1937 beschlagnahmt und teilweise in der Ausstellung „Entartete Kunst“ 1937 in München und als Wanderausstellung präsentiert, ein Teil wurde ins Ausland verkauft.

Museum Folkwang, Blick in die Sammlung (Foto © Giorgio Pastore) 
Museum Folkwang, Blick in die Sammlung (Foto © Giorgio Pastore) 

1938 wurde Klaus Graf von Baudissin vom Oberbürgermeister der Stadt Essen beurlaubt und sein Assistent Heinz Köhn als neuer Direkter eingesetzt, der sich in der Folge bemühte, weiteren Schaden von der Sammlung abzuwenden. Es gelang ihm sogar während des Zweiten Weltkriegs einige Gemälde von Gustave Courbet, Jean-Baptiste Camille Corot und Charles-François Daubigny im besetzten Paris zu erwerben. 1942 wurden die Museumsbestände ausgelagert, um sie vor Schäden zu schützen. Bei Luftangriffen 1944 wurde das Gebäude beschädigt, 1945 vollständig zerstört.

1947 wurde ein Wiederaufbau des Museums beschlossen, zuerst wurden die Werke im Schloss Hugenpoet in Kettwig ausgestellt, Köhn leitete das Museum weiter und gab 1948 die während des Krieges in Paris erworbenen Bilder an Frankreich zurück. 1950 waren an der Bismarckstraße wieder zwei Ausstellungsräume hergestellt und der Öffentlichkeit zugänglich, 1954 wurde der Neubau des Museums Folkwang beschlossen und 1956 nach Plänen von Erich Hösterey, Werner Kreutzberger und Horst Loy begonnen. 1957 erwarb man die gesamte Druckgraphik sowie Zeichnungen und Aquarelle von Christian Rohlfs und bemühte sich um Wiederherstellung der Museumssammlung. 1960 wurde der Neubau des Museums eröffnet.

1970 begannen Vorarbeiten für einen Anbau, 1978 beschloss man, dank einer Kostenübernahme der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Stiftung die Errichtung eines Museumszentrums mit einem Anbau an das Museum Folkwang und den Neubau des Ruhrlandmuseums. 1979 wurde die von Otto Steinert gegründete photographische Sammlung der Folkwangschule für Gestaltung in Essen-Werden  als eigenständige Abteilung eingegliedert.

Museum Folkwang, Altbau, Minnebrunnen, Munch, Hodler (Foto © Giorgio Pastore) 
Museum Folkwang, Altbau, Minnebrunnen, Munch, Hodler (Foto © Giorgio Pastore) 

1981 begannen die Bauarbeiten, 1983 wurden sie fertiggestellt.
2006 wird bekanntgegeben, dass die Stiftung einen Neubau des Museums Folkwang finanziert, aus dem internationalen Architektenwettbewerb geht 2007 David Chipperfield als Sieger hervor, die Bauarbeiten beginnen und im Jänner 2010 wird im Rahmen des Kulturhauptstadtjahres Ruhr.2010 der neue Bau offiziell eröffnet.

2015 gibt das Museum bekannt, dass auf Grund einer auf fünf Jahre dauernden Zusicherung der Krupp Stiftung den Besuchern der freie Eintritt in seine ständige Ausstellung ermöglicht wird. Die Besucheranzahl verdreifacht sich in den ersten Monaten durch diese Maßnahme. Derzeit ist noch nicht bekannt, ob diese Unterstützung verlängert wird – nutzen Sie also noch schnell die Gelegenheit. Ein Besuch des Museums lohnt sich allerdings auch bei kostenpflichtigem Eintritt. Der Besuch der Sonderausstellungen ist kostenpflichtig.

Immerhin erwarten den Besucher eine Auswahl der Sammlung, die 600 Gemälde, 280 Skulpturen, etwa 12.000 Graphiken, über 50.000 Photographien und Objekte des Kunsthandwerks, darunter Keramiken aus mehr als 2000 Jahren umfasst. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Modernen und Zeitgenössischen Kunst, die mit Stilrichtungen wie Impressionismus, Expressionismus, Spätimpressionismus, Abstraktem Expressionismus und Neuer Figuration vertreten sind.

Zusätzlich erfreut das Museum immer wieder mit ausgezeichneten Sonderausstellungen, Workshops und Events zu den verschiedensten Themen. Ein Blick auf die Website lohnt sich: www.museum-folkwang.de/ und dann natürlich auch der Besuch…

Das Museum Folkwang ist Dienstag, Mittwoch, Samstag, Sonntag und Feiertag von 10:00 bis 18:00 Uhr geöffnet. Donnerstag und Freitag ist von 10:00 bis 20:00 Uhr geöffnet, Montag ist das Museum geschlossen.

Museum Folkwang
45128 Essen, Museumsplatz 1 (Navi: Bismarckstraße 60)
Tel: +49 201 8845 444 (Besucherbüro)
Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
www.museum-folkwang.essen.de

Das Glockenspiel

Wer in der Fußgängerzone wieder zurück zum Bahnhof schlendert, kommt am Glockenspiel vorbei. Ein bisschen Musik verschönt doch den Tag und ein bisschen Ausruhen und Innehalten bei einer Stadtbesichtigung ist auch immer angesagt und hier tut sich sogar viertelstündlich was: zu jeder Viertelstunde erklingt nämlich der sogenannte Westminsterschlag. Besser ist es aber natürlich zu vollen Stunde vorbei zu kommen, denn die Stunde kündigt der Bergmann mit seinem Schlegel an. Anschließend kann man dann bekannte deutsche Volkslieder, Bergmannslieder oder in der Weihnachtszeit Weihnachtslieder vom Glockenspiel hören.

Danach folgen zwei Bürger in mittelalterlicher Tracht aus Bronze, die zwei kleine Glocken anschlagen und damit drei Figuren ankündigen: Bischof Altfrid, den Gründer des Frauenstifts, in der Mitte Kaiser Heinrich III., der der Stadt das Marktrecht verlieh und rechts daneben die Äbtissin Theophanu. Es folgen zwei Fanfarenbläser und mit ihnen drei wichtige Personen der Stadtgeschichte: Heinrich Barenbroch, der erste protestantische Pfarrer, Herzog Wilhelm von Kleve, Vogt über Stift und Stadt und ein unbekannter Bürgermeister mit Stadtschlüssel, die Unabhängigkeit der Stadt vom Stift symbolisierend.

Blick auf das Glockenspiel 
Blick auf das Glockenspiel 

Im untersten Erker ist eine Goldschmiedewerkstatt zu sehen, deren Figuren aber erst 1966 zum 100 jährigen Firmenjubiläum des Juweliers geschaffen wurden. Den Abschluss bildet das Wachsame Hähnchen aus 1970, einem Wahrzeichen der mittelalterlichen Stadt.

Das ursprüngliche Glockenspiel stammt aus 1928 und wurde am ehemaligen Firmensitz der Firma Deiter als Dank für die Kundentreue der Essener errichtet. Von 1926 bis 1929 wurden die Klangkörper in einer niederländischen königlichen Glockengießerei geschaffen.

Die unteren Erker des Glockenspiels 
Die unteren Erker des Glockenspiels 

Um die Glocken vor der Einschmelzung während der Herrschaft der Nationalsozialisten zu bewahren, versteckte man sie ab 1940 auf verschiedenen Bauernhöfen im Sauerland.

Nach dem Zweiten Weltkrieg eröffnete der Juwelier Deiter sein Geschäft in der Kettwiger Straße 22 und 1949 wurde das Glockenspiel wieder montiert. 1955/56 wurde der Erker mit seiner Glasmosaik-Fassade angebaut und das Glockenspiel durch bewegliche Figuren erweitert. Der Juwelier ist inzwischen nach Köln und Oberhausen übersiedelt, das Glockenspiel und der Erker aber wurden 2017 in die Denkmalliste der Stadt Essen eingetragen.

Glockenspielhaus Essen
45127 Essen, Kettwiger Straße 22

Der Handelshof (Select Hotel Handelshof)

Wer mit der Bahn in Essen ankommt und aus dem Bahnhof geht, kann das imposante Gebäude wohl kaum übersehen. Geht man auf der linken Seite am Haus vorbei kommt man auf den Willy Brandt- Platz und von dort in die Kettwiger Straße und damit in die Fußgänger Zone der Essener Innenstadt. Genau dort stand im Mittelalter das sogenannte Kettwiger Tor, dass ebenso wie die Stadtmauer Essens im Anfang des 19. Jahrhundert abgerissen wurde.

Blick auf den Handelshof vom Bahnhof 
Blick auf den Handelshof vom Bahnhof 

Ehrlich gesagt, ich habe nicht gleich bemerkt, dass der Handelshof ein Hotel beherbergt. Für mich war es einfach ein riesiger, großer Bau, in dessen Erdgeschoss eben auch einige Geschäfte und ein Kaffeehaus oder Bistro untergebracht sind. Und doch hat dieser Platz neben dem Bahnhof schon einige Tradition als Hotel: hier stand nämlich früher das Hotel Zum Adler mit dem Adlerkeller – erst 1911/12 wurde an seiner Statt der Handelshof nach den Entwürfen von Carl Moritz und Werner Stahl gebaut und auch als Hotel genutzt. 1913 wurde dieses eröffnet und es hatte prominente „Geschäftsführer“: Margarethe und Hermann Rühmann, die Eltern von Heinz Rühmann leiteten das Hotel, anscheinend aber nicht besonders erfolgreich. 1916 zog Margarethe jedenfalls mit ihren Kindern nach der Trennung von ihrem Mann und dessen mutmaßlichen Suizid nach München um.

Danach pachtete Otto Blau das Hotel, führte es in die gehobene Preisklasse und machte es überregional bekannt. Dem Hotel angeschlossen waren ein Café, ein Restaurant, ein Bierkeller namens Löwenbräu und eine Weinstube. 1920 berichtete sogar der rasende Reporter Egon Erwin Kisch über die respektablen Ausmaße des Hotels Handelshof.

1937 begrüßte man Hitler und den italienischen Ministerpräsidenten Benito Mussolini mit einem Transparent besonders herzlich: „Herzlich Willkommen in der Waffenschmiede des Reiches“.  Später litt das Gebäude ebenso wie die ganze Stadt unter den Luftangriffen und wurde schwer beschädigt. 1945 aber ohne besondere Veränderungen wieder instand gesetzt und 1952 wieder eröffnet.

Später wurde das Hotel wieder umgebaut: die Fassade komplett erhalten aber das „Innenleben“ neu gestaltet. 1988 – im Besitz der Unternehmensgruppe Mövenpick – brannte es im Hotel aufgrund von Brandstiftung: 280 Gäste mussten evakuiert werden. 2009 wurde das Hotel von der Stadt Essen an die SFO verkauft, die sich 2015 mit Mövenpick nicht über eine Verlängerung des Pachtvertrages einigen konnte.

Heute wird es von der Hamburger Novum Hotel Group unter dem Namen Novum Select Hotel Handelshof geführt und nicht nur bei Geschäftsreisenden punktet. Es ist der ideale Ausgangspunkt für einen Bummel durch die Fußgängerzone mit zahlreichen Sehenswürdigkeiten, aber auch einige Firmenzentralen und das Essener Rathaus befinden sich ebenso in der Nähe wie die Stadtbibliothek.

Select Hotel Handelshof
45127 Essen, Am Hauptbahnhof 2
Tel: +49 201 246 85 300
Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
https://www.novum-hotels.com/hotel-handelshof-essen

Haus der Technik

Es ist vielleicht keine "richtige" Sehenswürdigkeit, sondern eine Ausbildungsstätte und doch: einen ausländischen Spaziergänger beeindruckt allein der Bau. Aber auch dieser Platz und das Gebäude haben eine interessante Geschichte.

An seiner Stelle – am östlichen Bahnhofsvorplatz – befanden sich hier neben einem Blechwalzwerk auch eine Ansammlung kleiner Häuser, die aber alle in den 1920ern abgerissen wurden als das Walzwerk schließen musste.

Haus der Technik in Essen 
Haus der Technik in Essen 

Der bereits 1855 entstandene private Börsenverein suchte nach der Umwandlung zur Essener Börse eine Allianz mit der Düsseldorfer Börse 1905: Börsenversammlungen wurden turnusmäßig in beiden Städten abgehalten. Doch mit Beginn des Ersten Weltkriegs musste die Börse Ende Juli 1914 schließen, erst am 1.1.1918 nahm man die Börsennotierungen wieder auf. 1922 beauftragte man den Architekten Edmund Körner mit dem Bau eines Börsengebäudes, in das die Essener Börse dann 1924/25 übersiedelte. Doch bereits 1934 wurde die Essener Börse wieder geschlossen, da man die Anzahl der deutschen Börsen von 21 auf 9 herabsetzte und die Rheinisch-Westfälische Börse zu Düsseldorf die Aufgaben des Essener Börsenplatz übernahm.

Haus der Technik
Haus der Technik

Das Haus der Technik, HDT, das im ehemaligen Börsegebäude untergebracht ist, gilt als Deutschlands ältestes unabhängiges technisches Weiterbildungsinstitut mit Sitz in Essen und Zweigstellen in Berlin und München. Gegründet wurde die Vorgängergesellschaft bereit 1909, 1912 beschloss man eine Einrichtung für Fortbildung zu gründen, die aber erst 1919 zum Leben erweckt wurde und schließlich im November 1927 in einem Gebäudetrakt der Essener Börse ihre Funktion aufnahm.

Haus der Technik
Haus der Technik

1943 wurde das HDT durch einen Bombenangriff komplett zerstört, dem auch die Bibliothek und die Patentschriftstelle zum Opfer fielen. Während die erste Vorlesung bereits im April 1946 wieder stattfand wurde der eigentliche Wiederaufbau 1951 begonnen und dauerte bis 1953. Dabei erhöhte man das Gebäude um ein Stockwerk und veränderte die optische Gestaltung der Arkaden, was damals zu Diskussionen führte. Heute befinden sich in dem Gebäude über 40 Seminarräume und Tagessäle mit Kapazitäten zwischen 10 und 570 Teilnehmerplätzen und moderner Tagungstechnik.

Auf dem Heinrich-Reisner-Platz westlich des Gebäudes erinnerte seit 2011 eine Bronzeskulptur von Jürgen Ebert an den Gründer Heinrich Reisner. Nach mehreren Vandalismus-Attacken wurde sie allerding im August 2018 endgültig abgebaut.

Haus der Technik e.V.
45127 Essen, Hollestraße 1
Tel: +49 201 1803-1
Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
www.hdt.de

Die Stadtbibliothek

Über dieses Gebäude kann ich leider nicht viel erzählen – es sei hier nur deshalb angeführt, da ich einfach das Bunte, Transparente, Luftige des Eingangs einfach toll gefunden habe – und es einfach auf meinem Weg zurück lag.

Blick auf den Eingang der Stadtbibliothek 
Blick auf den Eingang der Stadtbibliothek 

Nun bin ich auch bereits am Ende meines ersten Rundgangs durch Essen. Vieles bleibt noch für einen weiteren Besuch über: Der Grugapark, die Villa Hügel und ihr Park, für einen Wiener natürlich das Ronald McDonald Haus von Friedensreich Hundertwasser, natürlich das Weltkulturerbe mit der ehemaligen Kokerei und Zeche Zollverein, das Red Dot Design Museum, die Margarethenhöhe und noch vieles mehr. Ich werde mich auf jeden Fall bei meinen nächsten Besuchen wieder in Essen umschauen und den Artikel weiter ergänzen ...