In Pilsen sind einige tolle Schätze von Adolf Loos erhalten geblieben. Das Brummel Haus in der Husová třída gilt als das schönste und am besten erhalten gebliebene Schmuckstück.
Eigentlich bin ich eher ein Anhänger des Ornaments und der Verzierung. Wie ihr wisst, komme ich bei Josef Hoffmann, den Wiener Werkstätten, Jugendstil und Art Deco oder Alfons Mucha ins Schwärmen. Alles Vertreter und Kunstrichtungen, die Adolf Loos anscheinend ein Gräuel waren.
Teure Materialien – ja, aber Verzierungen – nein. Auf die Funktion der Gegenstände, Möbel oder Gebäude musste Rücksicht genommen werden, auf sonst – außer vielleicht dem Auftraggeber – gar nichts.
Zugegeben – auch diese Sichtweise hat einiges für sich und durch die Qualität und Schönheit der verarbeiteten Materialien hat er es oft geschafft, dass ich meine geliebten Schnörkel gar nicht vermisste.
Wien und Loos
Das erste, das man als Wiener oder Wienerin von ihm kennen lernt ist wahrscheinlich das Loos-Haus am Michaelerplatz, von den Wienern, das Haus ohne Augenbrauen genannt, da es ohne jegliche Fenstersimse wie damals üblich ausgestattet ist. Es wird erzählt, dass sich Kaiser Franz Joseph weigerte je wieder aus der Hofburg auf den Michaelerplatz zu blicken, nach dem Bau vollendet war.
Ehrlich gesagt – da kann ich den Kaiser wirklich verstehen.
Ganz anders sieht es allerdings beim Interieur aus. Die American Bar oder auch Loos-Bar genannt – in einer Seitengasse zur Kärntner Straße (dem Kärntner Durchgang) gefällt mir Innen wie Außen und ist für mich DIE Bar schlechthin. Wenn ihr in Wien seid, dort solltet ihr unbedingt einen Drink nehmen.
Auch in der Werkbundsiedlung im 13. Bezirk gibt es zwei Entwürfe von Loos zu sehen und – so man Wikipedia glaubt – auch noch an einigen anderen Plätzen. https://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_Loos
In einer Ausstellung sehe ich erstmals ein von ihm gestaltetes Wohnzimmer. Ich habe es als ziemlich finster auf Grund des verwendeten Holzes in Erinnerung, nichts desto trotz beeindruckt mich die Funktionalität. Doch zu weiteren Begegnungen und einer genaueren Beschäftigung mit seiner Person kommt es nicht.
Pilsen und Loos
Als ich die Einladung zur Pressereise nach Pilsen erhalte und sehe, dass der Besuch in einem der Häuser auf dem Programm steht, für die Loos in Pilsen verantwortlich zeichnet, freue ich mich riesig. Und so bin ich mehr als gespannt auf die Besichtigung.
Am halb 10 Uhr stehen wir pünktlich vor dem Haus von Jan und Jana Brummel in der Husová třída 58, wo unser Führer bereits auf uns im ersten Stock wartet.
Loos hat nicht nur das Interieur des Hauses gestaltet, sondern es auch architektonisch verändert. Die Fassade im Stil des romantischen Historismus vom Ende des 19. Jahrhunderts wurde von allen dekorativen Elemente befreit, das schräge Dach hinter einem hohen Dachboden versteckt. Auf der Westseite wurde ein Anbau hinzugefügt. Dennoch: von außen her hat mich auch dieses Gebäude nicht sonderlich beeindruckt – aber von Innen.
Allein schon der Stiegenaufgang und die beiden symmetrisch angebrachten Lampen bringen mich ins Staunen. Unser Guide erzählt noch ein bisschen über die Familie und Adolf Loos und schon stehen wir in einem küchenähnlichen Raum.
Alt, aber modern würde ich sagen. Nicht nur von der Gestaltung her, sondern auch von den Formen und auch das Innenleben der Kästen ist äußerst praktisch durchdacht. Besonderes Staunen ruft der Vorläufer eines „Eiskastens“ hervor, der sehr geschickt konstruiert dazu diente, verschiedene Speisen auch gekühlt lagern zu können.
Doch auch die weiteren Zimmer sind immer wieder für Überraschungen gut. Ein Kasten, der nicht nur mit einer Vorrichtung zum Aufhängen der Krawatten glänzt, sondern in den Wänden Seitenschienen montiert hat, um die Böden der einzelnen Fächer in unterschiedlichen Höhen flexibel anbringen und auch immer wieder verändern zu können.
Eine Vorrichtung, die kleineren Personen (wie mir) hilft, Kleidungsstücke wie Jacken oder Mäntel auf einer in „luftiger“ Höhe angebrachten Kleiderstange aufzuhängen und auch wieder herunter zu nehmen.
Ein Schlafzimmer mit einem Schmink- oder Arbeitstisch am Fenster, in den Kästen die diesen links und rechts abschließen viele Aufbewahrungsfächer – manche sogar nur mit einigem Wissen über die Konstruktion zu öffnen.
Ein wunderschönes Esszimmer, dass die Wohnung des jungen Ehepaars mit der Wohnung der Mutter der Ehefrau verband. Anscheinend hatten beide Wohnungen verschiedene Eingänge, sodass man komplett voneinander getrennt leben konnte, oder sich im Esszimmer treffen konnte.
Allein die Gestaltung des Esszimmers ist unbedingt sehenswert. Die Materialien, das große Wandbild – Loos legte anscheinend darauf Wert, dass Bilder nicht aufgehängt, sondern an die Wand gemalt wurden, damit man sie nicht tauschen und so die Gestaltung des Raumes verändern konnte, - die Lampe, die Spiegel, die Beleuchtung.
Keine Schnörkel, keine einzige Verzierung, eigentlich alles ziemlich glatt und steril gestaltet und doch ansprechend und majestätisch irgendwie. Schlicht und voll Understatement. Nur die Materialien zeigten, dass man auf hohe Qualität Wert legte und sich diese auch leisten konnte.
Und doch wirkt nichts protzig oder angeberisch. Wer hier eingeladen wurde und dinierte, merkte aber sofort, dass der Gastgeber kein armer Mann war.
Ein Herrenzimmer oder Aufenthaltsraum mit einem riesigen Kamin (der war mir zu mächtig für die Größe des Raums), in dem sicher angeregte Gespräche und Diskussionen geführt wurden. Dazu einzigartig gestaltete Sessel oder Fauteuils, deren Form ich so noch nicht gesehen hatte.
Im Badezimmer, das auch erhalten geblieben ist, solltet ihr auf jeden Fall die Kacheln an den Fenstern betrachten. Die Ecken sind mit abgerundeten Kacheln verfliest, die sehr schwierig herzustellen waren und sind.
Ebenfalls sehenswert ist auch das gelbe Zimmer von Hedvika Liebstein, der Mutter Jana Brummels. Ich finde es sehr modern gestaltet, man könnte die Anordnung ohne weiteres für heutige Anforderungen übernehmen. Vom Schreibtisch angefangen über die Sitzecke bis zum Kamin könnte es (fast – und man möge es mir verzeihen) aus einem Ikea Katalog stammen.
Allerdings hat die Ausführung und die Materialien in Pilsen schon etliche Jahrzehnte (wenn auch in der Zwischenzeit renoviert) am Buckel – ob das mit welchen Ikea-Möbel möglich ist, wage ich zu bezeichnen.
Auf jeden Fall hätte ich mich in diesem Zimmer auch sehr wohl gefühlt – wenn auch Adolf Loos anscheinend nicht ganz mit der Gestaltung des Zimmers einverstanden war. Doch die Auftraggeberin setzte sich durch und immerhin was ja auch ein Credo von Loos, dass man sich in seiner Wohnung wohlfühlen sollte.
Mein Tipp daher: egal ob ihr euch für Innenarchitektur interessiert oder vielleicht demnächst einen Umbau zuhause plant oder vielleicht als Tischler oder Innenarchitekt arbeitet – fahrt nach Pilsen und macht eine Führung durch das Brummel-Haus. Man findet hier so viele Ideen, dass man am liebsten gleich mit dem Einrichtung und Umbauen zu Hause beginnen möchte. Wenn auch vielleicht mit etwas günstigeren Materialien.
Auf der Seite https://www.adolfloosplzen.cz/ findet ihr weitere Informationen, könnt euch die verschiedenen Touren ansehen (es gibt vier verschiedene – das Brummel-Haus ist eine davon) und Tickets für die Führungen kaufen.
Weitere Informationen finden sich auch auf www.visitpilsen.eu. Weitere Informationen zu den Führungen gibt es auch im Touristeninformationszentrum per mail unter
Weitere Infos über Pilsen auf ask-enrico.com:
Eine Führung durch die Pilsner Brauerei
Pilsen Hotel Courtyard by Marriott
Pilsen - Vienna House Easy by Wyndham
Pilsen - Schenke und Restaurant Lékárna
Die Besichtigung erfolgte im Rahmen einer Pressereise auf Einladung von Tourismus Pilsen in Kooperation mit Czech Tourism und lokalen Partnern