Ich liebe das Arnulf Rainer Museum ja schon allein durch sein Gebäude und die Innenausstattung.
Im ehemaligen Frauenbad untergebracht, ist es wohl einzigartig. Dieses verdankt seinen Namen allerdings nicht der Tatsache, dass hier vielleicht Frauen bevorzugter Eintritt gewährt worden wäre, sondern der Nähe zur Kirche „Zur seeligen Jungfrau“, wo unter dem Hauptaltar die sogenannte „Frauenquelle“ entsprang, die das Bad speiste.
Lange Zeit war es dem Adel vorbehalten, um schließlich – nach dem Bau des zentralen Kurmittelhauses – 2006 als Museum für den in Baden geborenen Arnulf Rainer umgewidmet zu werden.
Neben den durchwegs sehenswerten Ausstellungen sollte man auch dem Innenleben des Gebäudes die notwendige Beachtung schenken. Ihr werdet überrascht sein!
Doch nun zur aktuellen Ausstellung – Duette Duelle – die noch bis zum 8. Oktober 2023 läuft.
Sie beleuchtet die verschiedenen Facetten des künstlerischen Dialoges und kollaborativer Schaffensprozesse. Und obwohl sich Arnulf Rainer als manischen Einzelgänger bezeichnete, hat er doch immer wieder die Zusammenarbeit mit anderen Künstlern gesucht und gefunden (wie auch in der aktuellen Ausstellung „gugging inspiriert!“ im museum gugging zu sehen ist).
In Baden stellt man nun in der aktuellen Ausstellung Rainers Werke anderen künstlerischen Positionen gegenüber. So sind auch großformatige Gemeinschaftsarbeiten von Brigitte Kowanz und Franz Graf aus den frühen 1980er Jahren in den Marmorbädern des Museums zu sehen.
Rainers Übermalungen sind wahrscheinlich allen Kunstfreunden bekannt, in dieser Ausstellung zeigt sich aber die Vielfältigkeit seiner Arbeiten und die Bedeutung seiner Kooperationen mit anderen Künstlern.
Meine Highlights
Rainer/Roth
Die Zusammenarbeit zwischen Rainer und Roth scheint nicht immer konfliktfrei, aber doch wertschätzend gewesen zu sein. Beide waren an radikaler Selbstbefragung und am Werkprozess mehr als am Resultat interessiert, traditionelle Qualitätskriterien spielten keine Rolle. Die Fotografien von Cora Pongracz zeigen beide im Atelier Rainers.
Unter dem Titel „Misch- und Trennkunst“ wird ein quasi physisches Kräftemessen wie eine slapstickartige Inszenierung gezeigt.
Die Zusammenarbeit mit Dieter Roth entstand jedoch auch aus dem Wunsch von Rainer, eigene Werke, von deren Qualität er noch nicht überzeugt war, überarbeiten zu lassen, anstatt wie gewohnt selbst Hand anzulegen. Daraus entstand eine produktive, wenn auch manchmal konfliktreiche Zusammenarbeit, die in vielfältiger medialer Form Niederschlag fand.
Schiele, Van Gogh und Christusköpfe
Wahrscheinlich war es die Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten, die Arnulf Rainer bewogen, Werke anderer Künstler zu überarbeiten bzw. zu übermalen, vielleicht auch seine Suche nach einem „Superego“.
Rainer findet in den Werken älterer Künstler einen Gegenpart, ein Alter Ego, auch gotische Christusdarstellungen beschäftigen ihn immer wieder und in kleineren Werkgruppen hat er sich auch mit Schiele auseinandergesetzt.
Van Gogh interessierte Rainer ebenfalls und es entstand eine größere Werkgruppe mit Übermalungen ab 1948. „Van Gog mit ausgeronnem Auge ist ein markantes Beispiel dieser Gruppe.
Rainer/Brus
Die grafische Ausdrucksweise zwischen Rainer und Brus unterschied sich wesentlich: Rainer löschte und übermalte, Brus agierte illustrativ und fortschreibend mit Farben und Motiven. Dadurch entstand eine komplementäre Zweisprache, bei der die unterschiedlichen Handschriften beider Künstler gut erkennbar blieben.
So fügte Brus in Rainers dichtes Liniengefüge in „Die Wurzel der Entstehung“ eine Figur ein, die sich an eine der vorgegebenen Pflanzen schmiegt, in „Pergola Bahia“ setzte er farbige Akzente.
„Face Farces“
Rainer führte seine „intensiven mimischen Monologe“ ab den 1968ern in Fotokabinen und Automaten als „Selbstbespiegelungen“ weiter. Das hier gezeigte Werk „Ohne Titel (Selbstporträt)“ entstand 1970, später arbeitete Rainer mit professionellen Fotografinnen und Fotografen zusammen.
Die Gruppe der „Face Farces“ ist eine der bekanntesten Werkkomplexe Rainers: „mimische Farcen" (Rainer), in denen sich schauspielerische, fotografische und grafische Ausdrucksmöglichkeiten überlagern.
Body Poses
Man kann die Pose ebenso wie als Zeigen des Körpers wie als Zeigen mit und durch den Körper verstehen, wobei zweiteres bei Arnulf Rainer die größere Rolle spielt. Das Subjekt posiert als Objekt, um Subjekt zu sein.
In dieser Werkserie korrigierte Rainer die fotografische Dimension seiner Arbeiten und erweiterte, konterkarierte oder veränderte sie mit ausholenden malerischen Gesten und somit waren beide Ebenen nicht mehr zu trennen.
Graf/Kowanz
In ihrer Zusammenarbeit ging es oft um Licht, Transparenz, den Raum und seine illusionistischen Möglichkeiten. Nicht an der Wand und im Rahmen, sondern im Raum sollten sich ihre Malereien befinden.
Sie sind mit fluoreszierenden und phosphoreszierenden – also Licht speichernden – Farben auf Transparentpapier ausgeführt und eröffnen eine Welt in zarten, blassen Farben, die grell werden, wenn man sie mit Schwarzlicht bestrahlt. Die Werke waren weder zur Gänze abstrakt noch vollkommen gegenständlich.
Kommt man während der Ausstellung in die Bilderwelt von Brigitte Kowanz und Franz Graf ist es wie ein Eintritt in eine andere Welt, eine andere Dimension. Die Farben gedämpft und doch wieder leuchtend, die Wände und die gemauerten Bäder und Sitzbänke wie aus einer anderen Dimension.
Man steigt ein paar Stufen hinunter und irgendwie hüllt einem das Licht ein, bringt Ruhe mit. Ich war ehrlich gesagt fasziniert. Von den Bildern, der Präsentation, dem Licht. Einfach großartig.
Von Arnulf Rainer habe ich mir in den obigen Beschreibungen jene Werke herausgesucht, die mir besonders gut gefallen haben – es gibt aber noch mehr zu sehen. Auf Rainer und seine Kunst muss man sich einlassen, muss versuchen zu verstehen, was er mit seinen Bildern ausdrücken wollte. Vielleicht erschließt sich dem Betrachter nicht immer der Hintergrund, wer seine Bilder aber genauer betrachtet und ein bisschen länger bei ihnen verweilt, wird auch jeden Fall den großen Meister erblicken können.
Für mich war es jedenfalls wieder ein gelungener Museumsbesuch, den ich nur weiter empfehlen kann. Das Arnulf Rainer Museum ist auch von Wien aus bequem öffentlich - mit der Badner Bahn – zu erreichen. Die Endstelle der Bahn ist direkt vis à vis vom Museum.
Zur Ausstellung gibt es auch noch jede Menge Rahmenprogramm, angefangen vom Künstlerinnengespräch bis zu Kuratorinnenführungen, vom Art Breakfast bis zu Just Draw! für Erwachsene oder dem Mallabor für Kids. Mehr darüber findet ihr auf der Website des Museums unter www.arnulf-rainer-museum.at
Das Arnulf Rainer Museum ist Dienstag bis Sonntag von 10:00 bis 17:00 Uhr geöffnet.
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