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Was haben wir in Östrerreich mit der Arktis zu tun? Wie verändert sie sich? Und haben die Änderungen in diesem Gebiet auch Auswirkungen auf uns hier?

All diese Fragen beantwortet die neue Sonderausstellung „Arktis. Polare Welt im Wandel“ im Naturhistorischen Museum in Wien. Und sie ist toll gelungen.

Zunächst ein bisschen Geschichte:

Wer hätte das geglaubt, aber die Polarforschung hat in Österreich eine lange Tradition: Vor 151 Jahren startete die Admiral Tegetthoff zur „Österreichisch-Ungarischen Nordpolar-Expedition“ um das Nördliche Eismeer zu erkunden. Ihr Ziel war– wie jene anderen Expeditionen – die Nordostpassage zu finden. Doch bald blieb das Expeditionsschiff im Eis stecken. Man macht sich auf die gefährliche Reise zu Fuß auf und wird mit einer Entdeckung belohnt: die Polarforscher Carl Weyprecht und Julius Payer finden eine Inselgruppe, die sie nach dem Kaiser benennen: Franz-Josef-Land.

Ein Modell der Admiral Tegetthoff ist ebenfalls in der Ausstellung zu sehen
Ein Modell der Admiral Tegetthoff ist ebenfalls in der Ausstellung zu sehen

Erstaunlich ist, dass einige Objekte, die sie von dieser Fahrt mitbringen, noch heute im NHM aufbewahrt werden und auch „generalüberholt“ in der Ausstellung zu sehen sind. Carl Weyprecht entwickelt aus den Erfahrungen dieser Expedition grundlegende Thesen zur Polarforschung und darauf aufbauend findet dann 1882-1883 das „Erste internationale Polarjahr“ statt, bei dem sich Österreich mit einer eigenen Forschungsstation auf der Insel Jan Mayen beteiligt.

Österreich und die Arktis heute

Damit gelingt uns gleich der Bogen zur Ausstellung, die nun gerade rechtzeitig zum 130. Jubiläum fertig geworden ist und unser Augenmerk auf eine der wichtigsten Gebiete der Erde lenkt, das besonders unter dem Klimawandel zu leiden hat. Österreich arbeitet auch weiterhin mit: das Austrian Polar Research Institute (APRI) koordiniert die Forschung und die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Polarwissenschaften für Österreich.

Auch heute kann noch an den "Mitbringsel" von damals geforscht werden
Auch heute kann noch an den "Mitbringsel" von damals geforscht werden

In der Ausstellung lernen wir daher auch mehr über die Aufgaben der Forschungsstelle, ihre Tätigkeiten, ihre Arbeiten und ihren Einsatz in der Arktis – und natürlich auch über die Ergebnisse, die die Forscher erzielen.

Ein Modell der Forschungsstation Sermilik in Grönland
Ein Modell der Forschungsstation Sermilik in Grönland

Dabei geht es nicht nur darum, dass durch das schmelzende Eis die Wasserspiegel der Ozeane steigen werden, die Eisbären ihren Lebensraum verlieren und die Permafrostböden weiteres Kohlendioxid freisetzen werden, sondern um Ereignisse, die wir schon ganz konkret verspüren: Das Wetter ändert sich und Phänomene wie Starkregen und den damit verbundenen Auswirkungen wie Überschwemmungen, Hangrutschungen, etc. hängen ganz konkret mit den Prozessen der Erwärmung in der Arktis zusammen. 

Die Eisbären und andere Lebewesen

Apropos Eisbären. Gleich zu Beginn der Ausstellung begrüßt uns die Eisbärin, die im Oktober 2022 im Tiergarten Schönbrunn verstarb. Hochaufgerichtet lädt sie die Besucher ein und ist damit auch ein tolles Bespiel für die Kunst der Präparatoren des Museums.

Hochaufgerichtet "begrüßt" die Bärin aus Schönbrunn die Besucher
Hochaufgerichtet "begrüßt" die Bärin aus Schönbrunn die Besucher

Da die Bärin vor ihrem Tod operiert wurde (sie litt an Koliken), wurde ihr das Fell am Bauch wegrasiert. Wer sie heute aufgerichtet zur Begrüßung dastehen sieht, würde nie auf die Idee kommen, dass an ihrem Körper eine OP stattgefunden hat. Schaut sie euch nur genauer an.

Ebenfalls ein Meisterstück: Der Beluga-Wal
Ebenfalls ein Meisterstück: Der Beluga-Wal

Doch das war nicht die einzige Kunst, mit der uns die Mitarbeiter des NHM begeistern können. Schließlich sollen wir in einem Saal ja auch die Bewohner des arktischen Meeres kennen lernen – und dazu gehört nun einmal ein Beluga-Wal. Doch leider fand sich kein Weißwal im Depot.

Auch die kleinsten Meeresbewohner kommen "groß" heraus
Auch die kleinsten Meeresbewohner kommen "groß" heraus

Für die Kollegen im NHM kein Problem. Dies wurde ebenso gebaut, wie die Modelle der Kieselalgen, der Krebse und einiger anderer seltsamer Lebewesen, die das Eismeer bevölkern.

Was ist die Arktis und wo genau liegt sie?

Auch diese Fragen werden in der Ausstellung ebenso beantwortet wie die Frage, warum es denn in der Arktis so kalt ist.

Landkarten zeigen nicht nur wo die Arktis liegt, sondern auch die Strömungen
Landkarten zeigen nicht nur wo die Arktis liegt, sondern auch die Strömungen

Große Landkarten zeigen das Gebiet, wobei die südliche Grenze der Arktis nicht eindeutig definiert ist und damit verschiedene Definitionen offen sind: das Gebiet nördlich des Polarkreises, in dem die Sonne zur Wintersonnenwende nicht auf- und zur Sommersonnenwende nicht untergeht oder eine andere Abgrenzung lässt die Arktis bis zur nördlichen Baumgrenze reichen, also wäre sie das Gebiet, in dem kein Baumwuchs möglich ist – um nur zwei Definitionen hier zu nennen.

Wer lebt wo?
Wer lebt wo?

Die Kälte der Arktis ergibt sich aus einem Zusammenspiel von Sonne, Schnee, Eis, Luftfeuchtigkeit und Wind. Im Sommer betragen die Temperaturen im Mittel rund um 10°C, im Winter kann es auch -35°C erreichen.

Wann scheint die Sonne?
Wann scheint die Sonne?

Ein Modell der Erdkugel zeigt uns die Neigung der Erdachse und wie sie von der Sonne beleuchtet wird. Interessant sind die verschiedenen Zirkulationssysteme der Erde zu sehen und wie sich die Temperaturunterschiede aufgrund der unterschiedlichen Sonneneinstrahlung, der Verteilung der Landmassen, der physikalischen Eigenschaften der Luft auch auf unser Wetter auswirken. 

Wissenschaftler und ihre Forschung:

Auch Wissenschaftler kommen zu Wort
Auch Wissenschaftler kommen zu Wort


In der Ausstellung kommen auch ForscherInnen zu Wort. Für alle, die nicht zur Ausstellung kommen können oder die sich vorab informieren möchten, hier die Statements:

Martin Schwentner erforscht und spricht über das vielfältige Lebe am Meeresboden, wo eine Vielzahl von Arten lebt, von denen vermutlich noch sehr viele nicht erforscht sind.

Jakob Abermann ist von allen Formen von Eis und Schnee im Klimasystem der Erde fasziniert. Er erforscht, wie sich der Wasserkreislauf in der Arktis als Folge des Klimawandels verändert:

Günter Köck beschäftigt sich seit 1997 mit Einflüssen von Klimaveränderungen auf Seesaiblinge in Seen der kanadischen Arktis.

Klemens Weisleitner erzählt uns über die Ökologie von Gletschern.

Seit 2015 arbeitet Gina Moseley in abgelegenen Höhlen in Nord- und Nordostgrönland und versucht besser zu verstehen, wie sich das Klima in der Arktis während der letzten 500.000 Jahre verändert hat.

Die starken und rasanten Veränderungen in der Arktis untersucht Helena Bergstedt mit Hilfe von Satelliten, die die Permafrost-Landschaften beobachten. Denn während sich das Erdklima erwärmt, erlebt die Arktis schmelzendes Eis, steigenden Meeresspiegel und Veränderungen in der Tier- und Pflanzenwelt.

Eine neue Arktis und der Cappuccino-Bar

Der Klimawandel wird früher oder später eine neue Arktis schaffen, doch wie wird sie aussehen? Wird sie grün und braun sein anstatt weiß? Wird es noch Eisbären geben? Die Sorge ist durchaus berechtigt.

Es gibt aber auch eine interessante Entwicklung auf die Veränderungen der Lebensbedingungen: In letzter Zeit werden Mischlinge zwischen Eisbären und Grizzlys immer häufiger.

Eine neue Bärenart? Der Cappuccino-Bär
Eine neue Bärenart? Der Cappuccino-Bär

Die hellbraunen Bären (Cappuccinobären) zeigen Merkmale beider Arten, können sich weiter fruchtbar fortpflanzen und so vielleicht eine Population begründen, die mit dem Klimawandel besser zurechtkommt.

Brian Adams: I am Inuit

Brian Adams stammt aus dem Nordwesten Alaskas, gehört väterlicherseits den Inupiaq an und beschäftigt sich in Interviews und seinen Fotoarbeiten mit der Kultur seiner Vorfahren. Seine Fotoserie in den Kabinetten bringt uns die Traditionen und die Lebensweise der First Nations näher.

Die Bilder von Brian Adams
Die Bilder von Brian Adams

Adams versucht Stereotype zu durchbrechen: er zeigt einen Mann mit seiner Gitarre ebenso wie eine Frau, die Robbenfleisch trocknet. Er will zeigen, dass die Traditionen der Eskimos immer noch lebendig sind, aber ihre Kultur nicht stagniert und es immer wieder Veränderungen gibt. Mit seinen Fotos lenkt er die Aufmerksamkeit auf wichtige Themen wie indigenen Souveränität und Klimawandel und seine Auswirkungen auf indigene Gemeinschaft. 
Mehr über Brian Adams findet ihr hier: https://brianadams.photoshelter.com/index 

Wenn ihr mehr über die first nations der Inuit erfahren möchtet, empfehle ich euch die Bücher von Michel Jean. Selten haben mich Geschichten so berührt, wie diese. Hier findet ihr mehr darüber:

Michel Jean: AtukMichel Jean: KukumMichel Jean: Maikan

Die Arktis kann uns also auch in Österreich nicht „wurscht“ sein, ihr Schicksal ist auch mit unserem Schicksal verwoben.

Rahmenprogramm:

Das Rahmenprogramm aus Vorträgen, Führungen und Workshops für Groß und Klein kann sich ebenfalls sehen lassen. Die aktuellen Termine findet ihr stets hier: https://www.nhm-wien.ac.at/veranstaltungsprogramm

Neu ist die Kooperation des NHM mit dem Online Magazin „andererseits“, mit dem für diese Ausstellung eine eigene Führung für Menschen mit und ohne Behinderung entwickelt wird, bei der auch Menschen mit und ohne Behinderung führen werden. Die Termine dafür stehen bereits fest 24.1., 14.2., 13.3. und 17.4.2024, jeweils um 17:00 Uhr. 

Das Museum ist Donnerstag bis Montag jeweils von 9:00 bis 18:00 Uhr geöffnet, am Mittwoch von 9:00 bis 20:00 Uhr. Dienstag ist das Museum geschlossen.

Ein kleiner Rundgang durch die Ausstellung


Arktis. Polare Welt im Wandel
bis 22.9.2024
Naturhistorisches Museum Wien
1010 Wien
Maria Theresien-Platz
+43 1 521 77-0
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https://www.nhm-wien.ac.at

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