Im Egon Schiele Museum in Tulln gibt es heuer wieder zahlreiche Neuerungen: in der Schatzkammer, eine neue Sonderausstellung, bis dato unveröffentlichte Interviews mit Elisabeth Leopold und noch eine besondere Überraschung…
Im kleinen, aber sehr feinen Egon Schiele Museum, im ehemaligen Bezirksgefängnis in Tulln, der Geburtsstadt des Künstlers gibt es wieder interessante Neuigkeiten um Egon Schiele zu erfahren.

Hier in Tulln, im Bahnhofsgebäude in der Nähe, kam Egon Schiele zur Welt, hier verbrachte er elf Jahre und damit mehr als ein Drittel seines Lebens und hier widmet man sich dem Künstler ganz privat: seinem Leben, seinen Lieben, seinen Freunden, seiner Zeit und seiner Umgebung.

Im Schiele Museum in Tulln findet man einen Zugang zu seinem Leben, vermittelt durch Interviews mit seinen Schwestern und seiner Schwägerin, die tiefen Einblick in den Menschen Egon Schiele geben. Multimediale und interaktive Stationen erwecken seine Geschichte zum Leben, die Schatzkammer präsentiert in wechselnden Ausstellungen seine Werke und auch sonst kann man immer wieder an neuen Erkenntnissen über sein Leben teilhaben.
Was ist neu in 2025?
So wartet das Museum auch heuer wieder jeweils von Dienstag bis Sonntag und an Feiertagen von 10:00 bis 17:00 Uhr mit einem neuen Programm auf die Besucher.
Die Schatzkammer: „Egon Schiele. Ich!“
Schiele eröffnet mit seinen Werken ein neues Kapitel der Selbstdarstellung. Er sieht sich selbst in unterschiedlichen Erscheinungsformen, in verschiedenen Rollen, thematisiert die eigene Zerbrechlichkeit, Körperlichkeit, Sexualität.

Am Anfang seiner künstlerischen Tätigkeit malt er viele Naturbilder, wie auch die Sonnenblumen, die in der Ausstellung in der Schatzkammer zu finden sind. Doch eigentlich kann man dieses Bild als eine „Familienaufstellung“ interpretieren. Die sterbende Mutter mit drei jungen Blüten, die ihr nachfolgen. Schiele hat sein Leben lang ein schwieriges Verhältnis zu seiner Mutter, die sich zwar sehr um ihren Sohn bemühte, deren „Taten“ ihm jedoch nicht genügten.

Kurator und Schiele-Forscher Christian Bauer über einige Bilder der diesjährigen Ausstellung:
Mich faszinierte besonders das bekleidete Baby, das Selbstbildnis mit braunem Hut und die dreifache Selbstdarstellung. Besonders am letzten Bild zeigt Schiele ganz deutlich, dass er sich der unterschiedlichen Rollen, die er spielen (muss) bewusst ist.

Diese Erkenntnis vermittelt er auch in zahlreichen Schriften und auch in einem Gedicht: „Ich bin alles zugleich – aber niemals werde ich alles zu gleicher Zeit tun“.

Es ist nur ein kleiner Raum, diese Schatzkammer, aber wer sich wirklich mit den Werken Schieles auseinandersetzt, sollte doch einige Zeit einberechnen. Lesend und wahrscheinlich staunend …

Dann geht es weiter – vorbei an den Porträts der Familie in den ersten Stock
Der ForscherInnengang: Elisabeth Leopold
Hier kann man sich bis dato unveröffentliche Interviews anhören, die Christian Bauer mit Elisabeth Leopold, der Ehefrau von Rudolf Leopold, im März 2022 führte. Sie erzählen nicht nur über die Bekanntschaft des Ehepaars Leopold zu Schieles Schwägerin Adele Harms und der älteren Schwester Melanie Schiele, sondern auch zu anderen wichtigen Zeitzeugen und präsentieren Elisabeth Leopold als kluge und auch humorvolle Erzählerin.

Im nächsten Raum kann man dann mehr über die einzelnen Lebensstationen von Egon Schiele in Tulln, Klosterneuburg, Neulengbach, Krems und Wien erfahren. Die interaktiven Stationen zeigen die ausführlichen Gespräche von Alessandra Comini mit den Schwestern Schieles. Außerdem werden Abbildungen und Skizzen des Künstlers gezeigt.
Die Sonderausstellung
Während häufige Besucher wahrscheinlich bereits die Interviews von Alessandra Comini kennen, wurde die Sonderausstellung wieder neu gestaltet und widmet sich dieses Jahr Anton Peschka.

Anton Peschka war ein Freund Schieles, sein Schwager – er heiratete Gerti, die jüngere Schwester Egon Schieles – ein Künstler und Sammler. Peschka war von den Studienzeiten bis zum Tod ein enger Freund Egon Schieles, er zeichnete und malte im Stil von Egon Schiele, vollendete seine Werke und steht bis heute im Verdacht, Schieles gefälscht zu haben. In einer audiovisuellen Station ist er gemeinsam mit Gerti Peschka zu hören.

Außerdem ist auch sein Bild Mutter mit zwei Kindern III zu sehen, das eine Kopie von Egon Schieles ebenfalls „Mutter mit zwei Kindern III“ ist, das Schiele in den Jahren 1915-1917 malte und seine Schwester Gerti mit ihren zwei Kindern zeigt und bei dem der gemeinsame Sohn von Anton und Gerti Peschka, Anton Peschka jr. laut Egon Schiele Modell für beide Kinderdarstellungen stand.

Doch das Ehepaar hatte auch eine Tochter, Gerti jr. genannt, wie auch jüngst von der Forschung belegt werden konnte. Es gibt ein einziges Foto, das diese Tochter mit der Familie zeigt und auch in den Gesprächen die Alessandra Comini mit Gertrude und Anton Peschka führte, kam die „verschollene“ Tochter nie zur Sprache.

Interessant ist auch, dass Schiele das Bild mehrfach überarbeitete und die anfangs offenen Augen des Kindes auf der rechten Seite der Mutter, später zu geschlossenen Augen übermalte, während auf dem Bild von Anton Peschka die Augen noch geöffnet sind.

Gerti Peschka jr. starb 1944 in der damals berüchtigten „Heil- und Pflegeanstalt am Steinhof“ und über ihre Existenz ist bis heute ein Mantel des Schweigens ausgebreitet.
Neu: Mittels VR mit Schiele reden …
Die neue VR-Experience „Egon Schiele. Eine persönliche Begegnung“, die ich unbedingt noch ausprobieren muss, bietet BesucherInnen gegen Voranmeldung die Möglichkeit mit Schiele „persönlich“ ins Gespräch zu kommen. Je nach den gestellten Fragen und Antworten werden die Handlungen eines Spielfilms beeinflusst, der durch die Lebensstationen des Künstlers führt.

Christian Bauer erzählt:
Das Projekt von Gerda Leopold und Sebastian Endler von Amilux Film ist im Laufe von zwei Produktionsjahren entstand und wird während der Saison 2025 im Egon Schiele Museum in Tulln zu erleben sein. An den Öffnungstagen des Museums kann man Timeslots für 11:00, 13:00, 14:00 und 15:00 Uhr online über www.schielemuseum.at/vr-experience buchen und sich ca. 35 Minuten mit Egon Schiele „unterhalten“.

Es gibt also wieder viel Neues zu erleben im Egon Schiele Museum in Tulln. Weitere Informationen über Veranstaltungen des Museums und Führungen findet ihr auf der Website des Museums unter https://www.schielemuseum.at/de
Weitere Informationen über Tulln, den Schiele Weg und weitere Sehenswürdigkeiten der Stadt findet ihr hier:
Besuch im einzigartigem Schiele Museum in Tulln
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