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Leider komme ich erst jetzt dazu von der Premiere zu berichten, aber es gibt noch zwei Vorstellungen im Oktober und auch zwei nächsten Juni.

Ballett ist noch immer ein bisschen fremd für mich, nach einigen Vorstellungen in meiner Jugend (wobei ich keine Ahnung mehr habe, was ich gesehen habe), hatte ich mich eigentlich gänzlich von diesem Genre abgewandt.

Cyrano de Bergerac im Janáček Theater in Brünn (Fotos @ Pavel Hejný)
Cyrano de Bergerac im Janáček Theater in Brünn (Fotos @ Pavel Hejný)

Doch – das Janáček-Theater hat es mir auch hier leicht gemacht – und mich vor einigen Jahren mit „Beethoven“ wieder neugierig gemacht. Auch von „Bolero“ war ich sehr angetan und daher war die Erwartung groß, dieses Mal Cyrano de Bergerac zu sehen.

Jiří Bubeníček, früher ein weltbekannter Tänzer, der unter anderem im Hamburger Ballett von John Neumeier und in Dresden in der Semperoper getanzt hat, hat sich in der Zwischenzeit als herausragender Choreograph einen Namen gemacht und inzwischen über 70 Choreographien entwickelt, von Tanzminiaturen über abstrakte Umsetzungen bis hin zu abendfüllendenden Balletterzählungen. Und er ist – wie man auch bei seinem Cyrano unschwer erkennen kann – ein Meister der Geschichtenerzählung. Zusammen mit seinem Bruder Otto, der für das Bühnenbild verantwortlich zeichnete und seiner Frau Nadina Cojocaru, die die Kostüme kreierte, entstand ein wundervoll stimmiger Ballettabend.

Cyrano de Bergerac im Janáček Theater in Brünn (Fotos @ Pavel Hejný)
Cyrano de Bergerac im Janáček Theater in Brünn (Fotos @ Pavel Hejný)

Die Geschichte von Cyrano de Bergerac wird euch wahrscheinlich bekannt sein. In der Geschichte von Edmond Rostand (1868-1918) liebt Cyrano, ein exzellenter Degenfechter, der jedoch unter seiner zu großen Nase leidet, heimlich seine Cousine Roxana. Diese jedoch ist in Kristian de Neuvillette verliebt und als Cyrano davon erfährt, bringt er es nicht über sein Herz Roxana seine Liebe zu gestehen. Im Gegenteil, er unterstützt nun Kristian, indem er für ihn Liebesbriefe verfasst. 

Leider ist auch Graf Guiche hinter Roxana her und so muss schnell gehandelt werden. Roxana heiratet Kristian, doch ihr gemeinsames Glück währt nur kurz: Der Graf schickt sowohl Kristian als auch Cyrano mit den Gascogner Kadetten aus Rache in den Krieg.

Cyrano de Bergerac im Janáček Theater in Brünn (Fotos @ Pavel Hejný)
Cyrano de Bergerac im Janáček Theater in Brünn (Fotos @ Pavel Hejný)

Auch während dieser Zeit stellt sich Cyrano ganz in den Dienst von Kristian und verfasst weiter seine Liebesbriefe an Roxana. Diese ist davon so begeistert, dass sie sogar an die Front reist, um Kristian zu sehen und ihm zu sagen, dass sie ihn vor allem wegen seiner Briefe liebt, die die Schönheit seiner Seele ausdrücken. Kristian stirbt jedoch im Kampf noch ehe er aufklären kann, wer diese Zeilen tatsächlich verfasst hat und Cyrano schweigt, da er Roxana nicht das Andenken an ihren Geliebten zerstören möchte.

Cyrano de Bergerac im Janáček Theater in Brünn (Fotos @ Pavel Hejný)
Cyrano de Bergerac im Janáček Theater in Brünn (Fotos @ Pavel Hejný)

Roxana zieht sich wieder in das Kloster besucht, wo sie Cyrano regelmäßig über Jahre besucht. Einmal allerdings verspätet er sich, doch schafft es dennoch – schwer verwundet – zu Roxana ins Kloster zu kommen. Mit allerletzter Kraft liest er ihr den letzten Liebesbrief vor, der ihm schließlich aus der Hand gleitet, dessen Worte er aber dennoch kennt. Erst jetzt erkennt Roxana im sterbendem Cyrano den wahren Verfasser der wunderbaren Liebeszeilen, die sie so berührten …

Rostand hatte ein „echtes“ Vorbild für seine Erzählung.Hector-Savinien de Cyrano hat wirklich gelebt und scheint ein hervorragender Fechter im Regiment der Kadetten der Gascone gewesen zu sein. Er scheint auch manchmal den Titel de Bergerac verwendet zu haben, obwohl diese Region ihm nicht gehörte und er auch keinerlei Einkünfte davon bezog. Und auch eine Cousine scheint es im wirklichen Leben, das um die Mitte des 17. Jahrhunderts angesiedelt war, gegeben zu haben.

Minutenlanger Applaus bei der Premiere
Minutenlanger Applaus und Jubel bei der Premiere

Doch wie auch immer. Jiří Bubeníček und seine „Mitstreiter“ setzen die Geschichte einfach genial um. Zur Musik von Georg Friedrich Händel, Alessandro Scarlatti, Antonio Caldara, Johann Sebastian Bach, Jean-Baptiste Lully, Tomaso Albinoni und Antonio Vivaldi entzündet sich ein tänzerisches Feuerwerk auf der Bühne.

Allen voran Shoma Ogasawara als Cyrano de Bergerac. Von den ersten Bewegungen bis zum bitteren Ende fasziniert er mit tänzerischer Leichtigkeit, unheimlicher Emotion und teilweise unglaublicher Energie. Es war ein Fest, diesen Mann tanzen zu sehen.

Aber auch Anna Yeh als Roxana und Joᾶo Gomes als Roxana und Kristian de Neuvillette sind hervorragend. Ilja Mironov vervollständigt als Graf de Guiche die Hauptdarsteller des Stückes.

Für mich besonders berührend war der Sologesang von Romana Kružíková und die Gitarrensoli von Adam Trunečka, die das Publikum noch mehr in die damalige Zeit entführen. Gelungen auch die Auftritte von Vojtěch Blahuta, der manchmal sprechend in die Szenerie eingreift. (Die tschechischen Sätze kann man in der englischen Übersetzung mitlesen).

Am Dirigentenpult stand Jakub Klecker, der ebenfalls mit seinem Orchester ausgiebig und völlig zu Recht vom Premierenpublikum bejubelt wurde.

Zusammengefasst: ein wunderschöner Ballettabend, der das Publikum mit der Geschichtserzählung und großem tänzerischen Können zu wunderbarer Musik begeistert hat. Meine Freude oder Begeisterung für Ballett ist jedenfalls wieder entflammt …

Weitere Aufführungen sind am 23.10, 27.10.2024, 7.6. und 17.6.2025. Tickets können auch online gebucht werden: https://www.ndbrno.cz/program/ 
Die Website des Janáček Theaters ist auch in Deutsch abrufbar.

Ein kleiner Einblick behind the scene:


Cyrano de Bergerac von Jiří Bubeníček
23.10, 27.10.2024, 7.6. und 17.6.2025
Janáček Theater
602 00 Brno
Rooseveltova 31
+420 542 158 120
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https://www.ndbrno.cz/de/

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