Fast hätte ich es verpasst, aber dann habe ich doch noch zugeschlagen: Bei der Genusstour im Weinviertel kann man einen Blick hinter die Kulissen machen – und das sollte man.
Es sind eigentlich nur ein paar Kilometer von mir ins Marchfeld nach Raasdorf. Dennoch hat es mich noch nicht dorthin verschlagen. Ein Fehler, wie ich gestern bemerkt habe.
Im Rahmen der Genusstour Weinviertel konnte man auch bei den Edlingers (oder Theuringer) in Raasdorf einen Blick hinter die Kulissen machen – und da lernte man wieder die Hochachtung vor unserem Bauern.
Kurz entschlossen habe ich mich noch einen Tag vorher gerade rechtzeitig noch angemeldet. Pünktlich 10 Minuten vor 10:00 Uhr war ich am Hof. Schon der Empfang war sehr freundlich: gleich beim Eingang wurde ein Schlückchen Erdbeer-Frizzante oder Erdbeer-Sirup den Besuchern angeboten.
Ich entschied mich für den Frizzante und bin eigentlich jetzt beim Schreiben am Überlegen, wieso dieser bei meinem Einkauf nicht den Weg in meinen Korb gefunden hat. Frisch, schön prickelnd und nicht süß. Ein sehr angenehmer Beginn und gleich ein Grund wieder mal in Raasdorf vorbei zu schauen.
Wir nehmen Platz unter einem Zelt, werden sofort mit Erdbeeren frisch vom Feld bewirtet und ich wundere mich über die Flaschen mit Pilzen, die ebenfalls am Tisch stehen.
Kurze Zeit später begrüßen uns die „Bauersleut“ und Herr Edlinger erzählt uns gleich von seiner Familie, über die Landwirtschaft und von seinen Spezialitäten.
Den Familienbetrieb in Raasdorf gibt es schon seit über 260 Jahren. Um jedoch vom Ertrag der Hände Arbeit – wie es so schön heißt – leben und überleben zu können, muss man sich immer wieder etwas einfallen lassen, erneuern und innovativ sein. Früher wurde nur konventioneller Ackerbau betrieben, dann kamen Erdbeeren und Gemüse dazu und schließlich um die Jahrtausendwende der Spargel.
Die neueste Entdeckung sind nun die Kräuterseitlinge, die dem Hausherren besonders am Herzen liegen – man merkt es bei seinen Erzählungen und seine Frau meinte, wenn wir alles darüber wissen möchten, wird die geplante Stunde der Führung nie und nimmer reichen…
Die Erdbeeren
Doch beginnen wir einmal mit den Erdbeeren – und auch hier ist Wissen angesagt. Hier am Bauernhof werden vier verschiedene Sorten angebaut. Nicht des unterschiedlichen Geschmacks wegen, sondern um die Saison einfach verlängern zu können. Damit haben wir als Konsumenten den Vorteil 6-7 Monate Erdbeeren frisch vom Bauernhof beziehen zu können.
Die kleine Beere, die eigentlich eine Staude ist, gibt sich allerdings recht empfindlich. Viel Regen oder - Gott behüte – Hagel ist für sie Gift und sollten diese Wetterlagen eintreten wäre die ganze Arbeit in kürzester Zeit vernichtet. Aber Herr Edlinger ist kreativ.
Seine Erdbeeren wachsen auch nicht mehr am Boden, wo auch das Ernten für seine Angestellten mehr als mühsam war, sondern in luftiger Höhe, gerade recht, um sie im Stehen ohne sich zu bücken pflücken zu können. Darüber auch noch ein Folienhauberl, dass Regen und Hagel nicht viel anrichten können. Ich bin stark beeindruckt von der Menge der Früchte auf den Stauden und vom Einfallsreichtum des Landwirts.
Beim weiteren Recherchieren für den Artikel lerne ich noch weiter: Meine Oma nannte alle Erdbeeren (außer die kleinen Walderdbeeren) immer Ananas und endlich weiß ich auch warum: Um 1750 tauchte eine neue Art von Erdbeeren in Holland auf, die wegen des Geschmacks und der Form Ananas-Erdbeere (fragaria ananassa) genannt wurde – die heutige Gartenerdbeere.
Der Spargel
Den Rundgang am Feld haben wir eigentlich beim Spargel begonnen, dort waltet bereits der „Oberspargelpflücker“ mit seinen Helferinnen seines Amtes und erklärt uns genau wie das Stechen vor sich zu gehen hat. Keine leichte Arbeit, denn kaum steckt ein Spargeltrieb sein Köpfchen aus der Erde, wird rund um ihn die Erde leicht abgegraben und dieser Trieb – aber nur dieser! – abgeschnitten. Danach wird die Erde wieder auf den restlichen „Stock“ zurück geschaufelt.
Ich hatte auch keine Ahnung, dass der Bauer einmal zwei bis drei Jahre nach der „Aussaat“ warten muss, um überhaupt die ersten Stengel ernten zu können. Dann allerdings kann man so ein Feld bis zu 10 Jahre jedes Jahr wieder abernten, wobei man aber auch nach der Spargelernte genug mit diesem „Gemüse“ noch zu tun hat.
Da die "Spargelpflanze" länger lebt, ist es auch so wichtig sie richtig zu stechen und das scheint mir nicht nur anstrengend, sondern eine Kunst zu sein. Jeden Tag wird die Folie abgedeckt, Spargel geschnitten und danach mit Folie wieder zugedeckt. Chapeau! Wer bisher geglaubt hat, da nimmt man einfach ein Messer und säbelt herum, der zerstört die Pflanze und erntet gar nix.
Wusstet ihr, dass der Spargel innerhalb von 24 Stunden bis zu 10 cm bei guten Bedingungen wachsen kann?
Dann ist auch die Verarbeitung und Aufbewahrung wichtig. Spargel ist sehr energiereich, daher wird er erst einmal ein bisschen „gekühlt“ um ihn zu beruhigen, bevor er gewaschen, zurechtgeschnitten, verpackt und in seinen verschiedenen Ausprägungen zum Verkauf ab Hof und in die Geschäfte geliefert wird.
Übrigens: sowohl Spargel wie auch Erdbeeren kann man einfrieren. Wie das am besten gelingt, erfahrt ihr – mit einigen anderen Tipps und vielen Rezepten – auf der Website der Edlingers: www.edlingers.at
Die Pilze
Sie sind die neueste Entdeckung des Hausherrn und - wie es scheint - im Moment sein Lieblingsprodukt. Nachdem ich die Pilze in den Flaschen gesehen habe und Herrn Edlinger zugehört habe und – vor allem – sie zu Hause verkostet habe, weiß ich eines: toll, was er alles über Mycel, Vermehrung, Impfen, Wachstum, große und kleine Pilzchen erzählen kann. Aber ich gebe zu, ich habe nur die Hälfte verstanden.
Es scheint wirklich eine Art Geheimlabor zu sein und bemerkenswert ist, dass er eben von Anfang bis zum fertigen Pilz auf seinem Hof mit Hilfe eines südkoreanischen Fachmannes, der die gleiche Leidenschaft wie er besitzt, herstellen kann. Für mich – sorry – kann ich nur sagen: Ich habe mir welche zum Verkosten für zu Hause mitgenommen, in Olivenöl kurz angebraten, mit Rosmarinsalz gewürzt und – sie schmecken mir.
Damit werden ab jetzt auch auf meinem Speiseplan Seitlinge stehen, aber ich denke ich werde sie mir immer mit einem kurzen Stopp vom Hof in Raasdorf holen. Denn die schmecken wirklich.
Natürlich ist auch ein Shop dem Bauernhof angeschlossen, in dem ich auch noch meine geliebten Topea-Zwiebeln entdeckt habe, mit denen ich mich natürlich sofort eingedeckt habe. Welche Erdäpfelsorten (mehlige sind auf jeden Fall dabei) es gibt werde ich bei einem meiner nächsten Besuche erkunden.
Und den muss es geben: Schließlich brauche ich Erdbeeren für Marmelade und dann Spargel und Pilze und ...
Familie Edlinger-Theuringer
2281 Raasdorf, Ales Dorf 10
Tel: +43 2249 2281
E:
www.edlingers.at
Tipp: Die Edlingers sind auch auf einigen Wiener Märkten präsent und haben an unterschiedlichen Standorten Frisch-o-Mate stehen, die mit Erdbeeren, Spargel, Kartoffel, Sirup etc (je nach Saison) befüllt sind – mehr Info auf ihrer Website.
AutorIn des Artikels: