Durch eine Pressereise ins Altvatergebirge in Tschechien bin ich wieder zum Wandern gekommen (darüber später). Schließlich muss man die neuen Wanderschuhe ja ausnutzen….
In Lunz am See war ich zur Eröffnung des Haus der Wildnis, das übrigens ebenfalls einen Besuch wert ist. Dabei bin ich auch kurz zum Lunzer See hinunter gelaufen und war von der Umgebung begeistert. Schließlich habe ich dann noch herausgefunden, dass es auch noch einen Mittersee und einen Obersee gibt. Schon damals hat mich die Tour gereizt, die ich nach meinen ersten Wandererfahrungen dann auch gemacht habe.
Es ist ein wunderschöner Tag im September. Die Sonne lacht vom Himmel. Heute ist es endlich soweit. Mehrmals immer wieder verschoben, hält mich heute nichts in der Großstadt – ich will raus.
Am Vortag habe ich mir die Tour noch im Internet angesehen. Ein bisschen bin ich schon nervös. Immerhin wird für meine geplante Wanderung eine Gehzeit von 6 ½ Stunden veranschlagt – 19km Streckenlänge sind ausgewiesen und 500 Höhenmeter sind zu überwinden. Hmm, Bergauf gehen ist nicht so meins, aber wenn man es nicht probiert, kann man die Strecke auch nicht beurteilen. Immerhin wird die Strecke für Genusswanderer empfohlen und das ist wieder eine Bezeichnung, der ich mich sehr wohl anschließen kann. Genusswanderer klingt gut im Ohr.
Ich entscheide mich wieder einmal gegen die Anreise mit der Bahn (pfui), starte mein Auto und um die 2 Stunden später stelle ich es am großen Parkplatz beim See ab, ziehe meine Wanderschuhe an und hole meine Walking Stöcke aus dem Kofferraum des Autos. Los geht's.
Ich wandere zum See hinunter, an der Bootsvermietung vorbei. Wer hier länger urlaubt oder nach seiner Wanderung in Lunz übernachtet, kann hier noch eine Fahrt über den wunderschönen See buchen und die Landschaft genießen. Es ist still hier – ein, zwei Boote gleiten leise über das Wasser. Ansonsten sind nur ein paar Wanderer und Radfahrer unterwegs. Ich blicke noch kurz auf die Wandertafel und versuche mir den Weg einzuprägen.
Zuerst um den See zum Schloss Seehof. Kurz überlege ich, ob ich die Straßenseite am Seebad vorbei nehmen soll, entscheide mich dann aber doch für die Waldseite. Gute Wahl. Immer wieder geben die Bäume einen Blick auf den Lunzer See frei, der eingebettet und ruhig in seiner Bergumgebung liegt.
Obwohl es noch immer sommerlich heiß die letzten Tage in Wien war, ist es hier im Wald ohne Jacke fast zu kühl. Sollte ich es in Wien im Sommer einmal mit der Hitze nicht aushalten, - so nehme ich mir vor – flüchte ich nach Lunz am See.
Der Spaziergang am See entlang ist wirklich für Genusswanderer. Ziemlich eben, manche Stellen führen bis ans Wasser, andere wieder sind höher gelegen und man kann den See fast nicht mehr sehen.
Ich überquere ein Bächlein – es scheint dies der Seebach zu sein und komme am Schloss Seehof vorbei, das unter Denkmalschutz steht und gerade renoviert wird.
Nun geht es noch über eine Wiese und dann in den Wald hinein. Zuerst entlang eines Forstweges, dann geht es über Stock und Stein eine Zeitlang auf einem Wegerl mitten durch den Wald. Ich muss aufpassen, um bei den Steinen, die noch vom Tau feucht sind, nicht abzurutschen oder über eine Wurzel zu stolpern. Schön langsam wird der Weg auch noch ein bisschen steiler – aber es ist immer noch Genusswandern. Nach einiger Zeit komme ich wieder am Forstweg heraus, der nun breit leicht ansteigend wieder nach oben führt.
Nach ca. einer Stunde – wie beschrieben – erreiche ich eine Wasserfläche. Das muss jetzt aber wirklich der Mittersee sein. Die letzten Tage und Woche ohne Regenfälle scheinen ihm zugesetzt zu haben. Viel Schlamm ist zu sehen, ob das ein Moor ist?
Kurz schau ich auf die Uhr, ob ich hier schon meine Mittagspause einlegen soll, entscheide mich aber dagegen. Ich möchte unbedingt den Wasserfall, der spektakulär sein soll sehen (und auch hören) und außerdem ist ja der Obersee mein Ziel.
Damit geht es nach einer Trinkpause weiter. Es wird steiler. Immer wieder schaue ich mich um, ob ich den Wasserfall sehe oder höre. Nein, außer dem Gezwitscher der Vögel ist nicht zu hören. Hin und wieder treffe ich auf Wanderer, die sich anscheinend um einiges früher aufgemacht haben und jetzt bereits wieder auf dem Retourweg ins Tal sind.
Plötzlich glaube ich dann doch ein Rauschen zu hören und linse durch die Bäume. Da ist er, das muss er sein: Der 60 Meter hohe Ludwigfall. Aber auch er scheint unter dem fehlenden Niederschlag gelitten zu haben, es ist nur ein dünner Wasserfall, der sich hier den Weg durch den Felsen nach unten bahnt.
Ich gehe weiter – allerdings wird es noch steiler. Um ehrlich zu sein – ein richtiger Hatscher. Wo kann hier der Obersee sein? Wie weit wird es noch sein, wie lange noch zu gehen? Ich beschließe die nächsten Wanderer zu fragen. Die ersten, die mir entgegenkommen, meinen, dass ich bereits über die Hälfte geschafft habe, ok – dann weiter.
Die Sonne brennt jetzt ziemlich herunter, nur ein Teil des Weges liegt im Schatten. Ich bin – ehrlich gesagt – schon ziemlich müde und überlege umzukehren. Aber eigentlich möchte ich doch den Obersee mit seiner Insel sehen. Immerhin soll hier ja auch das letzte Lunzer Einhorn gelebt haben. Also weiter. Meine Fitness-App wird wieder jubilieren und mein Internist sollte von meiner Sportlichkeit endlich begeistert sein.
Als die nächsten Wanderer meinen Weg kreuzen, frage ich noch einmal nach. 10 Minuten lautet die Antwort – hinter der nächsten Biegung sieht man ihn dann gleich. Nicht aufgeben, es ist nicht mehr weit. Ich bin schon ziemlich müde und es wird noch steiler. Die Wegstrecke ist auch keine Waldwanderung, sondern wieder ein breiter Schotterforstweg. Vielleicht fällt es mir auch deshalb schwerer bergauf zu hatschen. Ja, jetzt ist es ein hatschen – von Genuss ehrlich gesagt, keine Spur mehr.
Immerhin, nach ein paar kleinen Pausen erreiche ich dann den Obersee. Hier treffe ich wieder einige Wanderer, die mich beim „Aufstieg" überholt haben und schon genüsslich ihr Mittagessen verzehren. Ich setze mich auf einen Stein am Wasser und genieße den Ausblick. Auch hier scheint der See ein wenig der Regen zu fehlen, aber es ist dennoch wunderschön. Ich genieße die Aussicht, wenn ich mich auch erschöpft und müde fühle.
Schließlich krame ich aus meinem Rucksack meine Brote heraus und stärke mich mit der mitgebrachten Jause, genieße die Sonne, trinke meinen Saft aus und fotografiere einfach wieder drauflos.
Nach der Mittagspause beginne ich mit dem Abstieg. Kurz überlege ich noch, ob ich auch den „brüllenden Stier", einen unterirdischen Wasserfall besuchen soll. Da aber sowohl die Seen wie auch der Ludwigfall wenig Wasser führen und ich schon hundemüde bin, aber noch fast den ganzen Rückweg vor mir habe, entschließe ich mich dagegen und beschließe im Frühjahr noch einmal wieder zu kommen. Denn nach der Schneeschmelze muss das Wasser hier wirklich tosen und brausen und auch die Seenlandschaft wird dann etwas anders aussehen. Vielleicht bleibe ich dann auch über Nacht. Mal sehen.
Auf jeden Fall bin ich wirklich nach ca. 6 Stunden wieder am Parkplatz angekommen. Eine Genusswanderung ist es auf jeden Fall bis zum Mittersee, die Strecke bis zum Obersee würde ich eher als Hatscher bezeichnen oder – wie in der Wandertafel am Lunzer See vermerkt – für Genusswanderer mit guter Kondition. Die scheint mir doch noch zu fehlen, aber daran kann man ja bis zum Frühjahr arbeiten …
Es ist nicht der einzige Wanderweg, den man von Lunz am See in Angriff nehmen kann, aber auch im Ort gibt es einige interessante Ecken. Diese stelle ich euch im Reiseführer vor. Bis bald also: vielleicht treffen wir uns ja im Frühjahr – beim „brüllenden Stier".