Die Regionen Borovany und Nové Hrady beeindrucken ihre Besucher mit kulturellen und landschaftlichen Schätzen. Eine zauberhafte Reise auf den Spuren des Adelsgeschlechts der Buquoy. Bild: Burg Nové Hrady (c) Kohy/Shutterstock.com
Die Follower von ask enrico wissen das große und beeindruckende Angebot von Tschechien als Reiseland schon lange sehr zu schätzen. Und dennoch gilt es stets aufs Neue, kleine, noch unbekanntere Kleinode zu entdecken und zu bereisen. So nah der österreichischen Grenze zum Mühl- und Waldviertel.
Diesmal machen wir uns auf den Weg in die Regionen Borovany und Nové Hrady, um zum Einstieg gleich bei der Burg Nové Hrady (Gratzen) Halt zu machen. Eigentlich ganz klar, gilt doch Tschechien als Land der Burgen und Schlösser, wo viele historische Geschlechter ihre Spuren hinterlassen haben.
Nové Hrady: Zeuge der Geschichte
Die Wurzeln der gotischen Burg von Nové Hrady reichen zurück ins 13. Jahrhundert. Die Festung steht auf einem hohen Felsvorsprung und ist umgeben von einem mächtigen Burggraben. Im Auf und Ab der Geschichte residierte hier neben den Herren von Landstein auch das böhmische Adelsgeschlecht der Rosenberger bis die Burg letztlich vom einflussreichen Geschlecht der Buquoy in Besitz genommen wurde. Das Adelsgeschlecht der Buquoy hatte großen Einfluss auf die Entwicklung der gesamten Region, die von der Bevölkerung, so unser Reiseleiter, insgesamt als positiv wahrgenommen wurde. Vom Burghof aus durchwandern wir die einzelnen Gemächer und Salons mit ihren historischen Möbeln und Bildern und bekommen so einen lebendigen Einblick in das Leben und Wirken der adeligen Familie Buquoy.
Der eiserne Vorhang beim Grenzübergang
Die Stadtgeschichte von Nové Hrady ist voller Umbrüche wie es auch unsere Besichtigung des Freilichtmuseums, das sich dem damaligen Schutz der Staatsgrenze widmete, zeigt und damit Einblick gibt in die Geschehnisse rund um den „Eisernen Vorhang“ nah dem Grenzübergang Nové Hrady/Pyhrabruck.
Das ist eine tragische Geschichte im unversöhnlichen Gegenüber zwischen den politischen Machtblöcken, die lange im „Kalten Krieg“ verharrten. Unvorstellbar, dass sich dies wiederholen könnte. Und doch scheinen die jüngsten weltpolitischen Entwicklungen und Verwerfungen diese Hoffnung nachhaltig einzutrüben.
Das Freilichtmuseum wurde 2013 installiert und dokumentiert das Leben und das Sterben an der Grenze zum „Eisernen Vorhang“ (Železne Opony). Dieser Ort erzählt von Flucht und Tod, von Freiheit und Gefängnis, von blinder Ideologie und unerbittlicher Staatsräson.
Es ist ein Ort, wo einen als Besucher das Frösteln und das Unheimliche des Geschehens begleiten. So, als läge das alles noch irgendwie unheilschwanger in der Luft. Man erkennt noch die Drahthindernisse, die unter Spannung ab 2000 Volt standen, dahinter lag ein gepflügter Kontrollackerstreifen, die Wachtürme. Im kleinen unscheinbaren „Museum“, bestehend aus zwei Räumen, sehen wir die Uniformen und die Schusswaffen der Grenzbeamten, die Eisenbetten, wo sie nächtigten und die Decken, die sie wärmten. Auf dem Tisch liegt eine Zeitschrift, verfasst von ehemaligen Grenzbeamten im Jahr 2021, wo sie schreiben, dass sie für einen Einsatz, so notwendig, wieder bereit wären.
Wandern im Theresiental
Wir verlassen diesen Ort der immerwährenden Mahnung und des Bedauerns und tauchen nach einer kurzen Fahrt ein die wunderbare und lebensbejahende Parklandschaft Terčino údoli (Theresiental) mit ihren ausgedehnten Wäldern und Wiesen. Hier begegnen wir wieder dem Adelsgeschlecht der Buquoy, namentlich dem Grafen Jan Nepomuk Buquoy, der diesen Park für seine Ehefau Theresie erschuf. Unter ihrer Anleitung für die Umgestaltungen und mit ihrem Wissen über Landschaftsarchitektur und Botanik entstand so wohl einer der ersten Naturparks auf tschechischem Boden. Wir begegnen auf unserem Rundgang auch dem „Kleinen Kurbad“ im Gartenpavillon, dem „Blauen Haus“, das Theresie als Sommerresidenz diente und heute nur mehr als traurige Ruine von altem Glanz erzählt. Sehenswert ist auch der 13 Meter hohe künstliche Wasserfall am Flüsschen Strobnitz.
Es war ein erster voller Tag unserer Reise mit vielen Eindrücken und Erlebnissen und am Abend nehmen wir Quartier im Wellness Hotel Rezidence in Nové Hrady, ein schmuckes Haus am Hauptplatz mit einer guten Gastronomie und einem großzügigen Wellnessbereich, der bis 22.00 Uhr geöffnet ist. Wir haben das Angebot des Hotels genossen.
Ein sehr engagierter Bürgermeister
Am nächsten Tag führt uns der Bürgermeister von Nové Hrady, Vladimir Hokr, persönlich und ausgerüstet mit einem großen Schatz an Wissen, durch die Stadt. Er residiert im Rathaus im Renaissancestil mit späteren hinzugefügten barocken Elementen. Die vordere Fassade wird von den Wappen der Stadt und des Grafengeschlechts der Buquoy geschmückt, deren Verdienste er hervorhebt: „Sie waren sehr sozial, haben viel für die Bevölkerung gemacht und sind bei den Menschen in gutem Ruf gestanden.“ Außerdem sorgten sie mit ihren Französischen und deutschen Wurzeln für einen nachhaltigen Kulturtransfer, von der die gesamte Region profitierte.
Der Bürgermeister speist sein Wissen und sein Know-how aus vielen Quellen: Er ist studierter Historiker, war Reiseleiter in Frankreich und Kroatien und ein erfolgreicher Basketballtrainer. Er verweist auf die zweisprachige Dauerausstellung, die sich mit den wichtigsten Ereignissen der Region Horní Stropnice zwischen 1900 und 1970 befasst. Der Titel „Gemeinsame Wurzeln – gemeinsame Zukunft, das Gratzener Bergland erzählt die Geschichte“ gibt Einblick in eine Region, die bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges von einer überwiegend deutschsprachigen Bevölkerung bewohnt wurde. Ein Teil von Nové Hrady gehörte bis 1920 sogar zu Niederösterreich.
Neben bedeutenden Persönlichkeiten erzählt die Ausstellung auch vom Schicksal der örtlichen jüdischen Bevölkerung. Und Vladimir Hokr betont die enge Kooperation zwischen den Städten Nové Hrady (Gratzen) und dem nahe gelegenen Weitra vor allem nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“. Die Broschüre „Ein Katzensprung“, unterstreicht die vielfältigen gemeinsamen Aktivitäten im Sinne einer Partnerschaft und Freundschaft, die das Gebiet auch im touristischen Sinne als Einheit beschreibt.
Im südböhmischen Lourdes
Dann geht es weiter durch schöne urige Landschaften, wo uns in den Gratzener Bergen (Novohradské hory) in der Ortschaft Dobrá Voda die Wallfahrtskirche Maria Trost in Empfang nimmt. Die barocke Kirche wurde an der Stelle einer Heilquelle errichtet und wird gerne auch als „Südböhmisches Lourdes“ bezeichnet. Bis heute pilgern viele Menschen aus Tschechien und dem benachbarten Österreich zu diesem Gnadenort in der Hoffnung auf seelische Stärkung und körperliche Genesung.
Auf der Festung Žumberk mit dem Castellan
Nach einem g´schmackigen Mittagessen in der "Penzion Marie" in Žumberk machen wir uns auf zu einem Besuch der Festung Žumberk, früher auch Sonnberg genannt. Es wurde als Dorf Mitte des 13. Jahrhunderts gegründet und hatte mehrere Besitzer, darunter die Zisterzienser, die Herren von Rosenberg und auch die Familie Buquoy, die die Festung an ihren wirtschaftlichen Großgrundbesitz angeschlossen hat. Die spätgotische Anlage wurde zu Beginn des 17. Jahrhunderts im Renaissance-Stil umgebaut und verfügt heute über eine einzigartige Ausstellung bemalter Volksmöbel aus Südböhmen, die im 18. und 19. Jahrhundert hergestellt wurden. Wunderbar alte historische Gemäuer, die von April bis Oktober auch für Hochzeiten zur Verfügung gestellt werden. Nicht zu vergessen die traditonelle Ausstellung der Chrysanthemen Mitte Oktober. Wirklich sehenswert. Besonders dann, wenn der Castellan persönlich als Hausherr durch die Festung führt. Roman Josefik kennt als Verwalter und Administrator sein „Haus“ bis ins kleinste Detail und wohnt auch in der Anlage. Sonst ist er noch gefragtes Mitglied der Punkband „Rozladén“, was soviel heißt wie „Ich bin nicht gut drauf“.
Die Hammerschmiede und der Heilige Florian
Wir bleiben der Historie und ihren Spuren auf den Fersen und fahren nach Trhové Sviny zur Besichtigung der Hammerschmiede Buškův hamr, eine von drei erhaltenen Hammerschmieden in Tschechien, die mit Wasser betrieben werden. Der Besucher kann bei guter Wasserlage im Klenský-Bach den Pochhammer, die Schmiedeesse mit dem Blasebalg sowie den Schleifstein in Aktion sehen. Alle Einrichtungen werden durch drei gewaltige hölzerne Wasserräder betrieben. Ein Schlaghammer wiegt übrigens über 300 Kilo und verfügt über eine Schlagkraft von 900 Kilo. Jeweils acht Personen, drei davon Lehrlinge, waren im Einsatz. Im 19. Jahrhundert bedeutete das eine tägliche Arbeitszeit von 7.00 bis 19.00 Uhr. Nur der 4. Mai, der Gedenktag des Heiligen Florian, Schutzherr aller Berufe, die mit Feuer zu tun haben, war ein freien Tag. Wobei der Besuch der Heiligen Messe selbstverständlich war.
Versunkene Welten
Eine Ausstellung mit Werkzeugen und ein zugänglicher Wohnteil geben Einblick in das Wirken und Werken und das Leben der Menschen, die hier gearbeitet haben. Die hiesigen Schmiede waren berühmt für die Herstellung von Qualitätswerkzeugen für Landwirte sowie auch von Ambossen, Zangen und Hämmern. Versunkene Welten wie auch jene des Französischen Adelsgeschlechts der Buquoy, die 1945 aufgrund neuer politischer Machtverhältnisse enteignet wurden.
Wir haben auf unseren bisherigen Reisestationen soviel gesehen und soviel erfahren und lauschen am Abend bei einem Gitarrenfestival im Schloss Nové Hrady, das bis 1945 der Familie Buquoy als Wohnsitz diente, den Klängen des bekannten Klaviervirtuosen Sanel Redžić. Schöner kann ein Tag wohl nicht zu Ende gehen.
Kultur und Tradition im Kloster Borovany
Am nächsten Tag wartet auf uns die Besichtigung des ehemaligen Augustinerklosters Borovany im gleichnamigen Ort. Auch hier spiegeln Gemäuer und Architektur eine Jahrhunderte alte wechselvolle Geschichte wider. Von der Gründung 1455 von Peter von der Linde bis zur Auflösung durch das Geschlecht der Rosenberger, der Erneuerung durch Ferdinand III und der endgültigen Auflösung des Klosters durch Joseph II. Heute dient das Kloster als Kulturzentrum der Stadt und bietet ein repräsentatives Umfeld für traditionsreiche Feste, Ausstellungen und Veranstaltungen.
Besonders bekannt und beliebt ist das traditonelle „Heidelbeerfest“, das mit Tanz und Musik Besucher aus ganz Tschechien und auch aus dem angrenzenden Waldviertel anzieht. Im Innenhof des Klosterareals gibt es auch einladende Adventmärkte und viele Konzerte. Wir kamen in den Genuss des „Festes mit den Früchten des Herbstes“. So lebendig und fröhlich, garniert mit all den Köstlichkeiten aus Äpfeln, Birnen, Kürbissen, Wild, Fisch und Schwammerln, dass uns der Abschied fast ein wenig wehmütig machte. Wir werden wiederkommen. Das ist klar. Borovany und Nové Hrady haben uns in ihren Bann gezogen. Fotos (c) Sonja Lesjak
Die Reise erfolgte auf Einladung von CzechTourism in Kooperation mit der Fremdenverkehrszentrale
der Region Südböhmen.
Weitere Infos:
www.hrad-novehrady.eu
www.jiznicechy.cz/de/
www.kicnovehrady.cz
www.visitczechia.com
www.borovansko.cz
www.muzeumcb.cz (Festung Žumberk)
www.hrad-novehrady.eu/theresiental/
https://buskuv-hamr.cz/ (Hammerschmiede)
www.novohradskemuzeum.cz/skanzen-ochrany-statni-hranice (Freilichtmuseum beim Grenzübergang Nové Hrady/Pyhrabruck)
Nächtigen und Gastro
Wellnesshotel Rezidence: www.rezidencenh.cz/de/
Gastro-Penzion Marie in Žumberk: www.zumberk.com/de/
Gastronomie im Hotel Alf in Borovany: https://hotelalf.cz/
Kaffeehaus Apatyka Café in einer ehemaligen Apotheke: www.apatykacafe.cz