Eine Reise von Venedig über Jerusalem nach Paris wurde mir versprochen. Ohne Wien zu verlassen.
Und dann waren wir plötzlich noch viel weiter weg – und noch immer in Wien.
Wolfgang ist ein geprüfter Wiener Fremdenführer (nicht nur!) und ein richtiges Original. Bei jedem Eck kann er ein Geschichtl erzählen, alle paar Schritte hat er einen guten Tipp bereit. Kein Wunder, dass man mit ihm eine Weltreise in Wien machen kann…
Es ist erstaunlich: a) wie schnell die Zeit vergehen kann und b) was man als Wiener alles nicht von seiner Stadt weiß. Wer sich also – Einwohner oder Tourist – auf eine vergnügliche Tour durch die Leopoldstadt und das Servitenviertel begeben möchte, der sollte sich mit Wolfgang auf den Weg machen.
Wir treffen uns beim Bitzinger Würstelstand beim Prater. Mit Blick auf das Riesenrad erfahren wir eine Menge über diese Konstruktion, aber auch über Venedig in Wien.
Ja, das gab es wirklich: Paläste und Gebäude hatte man hier auf der Kaiserwiese nachgebaut zum Gaudi der Bevölkerung. Sogar ein Canale Grande mit Gondeln und echten italienischen Gondolieres erfreute damals die Wiener, deren Begeisterung dafür aber bald nachließ, sodass die Kanäle bald trocken gelegt wurden. Wir erfahren auch noch einiges über den "Chineser", wie die Wiener ihren Calafati nennen und machen so eigentlich schon den ersten Sidestep nach China, oder doch nicht?
Über den Praterstern geht es dann am Tegetthoff-Denkmal vorbei, der eigentlich aus Marburg und damit aus dem heutigen Slowenien stammt. Gewusst?
Ich nicht, und zu meiner Schande gestehe ich, dass ich beim Anblick zuerst an Radetzky dachte. Wobei mich alleine die Schiffe am Denkmal ja zum Admiral auf See führen sollten! Wobei mit Tegetthoff konnten wir gleich auch noch einen Ausflug nach Deutschland machen – denn seine Vorfahren kamen aus Westfalen! Das war ein Europäer!
Wir wandern nun die Praterstraße entlang und schon folgt ein Tipp nach dem anderen.
Wir machen kurz in Hollywood-Station und erinnern uns an den Komponisten der Filmmusik von Casablanca und vom Winde verweht, bewundern den neu renovierten Dogenhof und staunen über die unglaubliche Kulinarikvielfalt, die sich hier im Minutentakt darbietet: Vietnamesische Küche, Fisch in österreich-französischer Kombination und auch eine Shisha-Bar laden ein.
Es gibt Läden für koreanische und asiatische Spezialitäten, ein Kaffeehaus und wer noch mehr über Frankreich wissen möchte, könnte das Institut Francais besuchen und Französisch lernen.
Noch nie ist mir der Alliiertenhof so richtig aufgefallen, wo ein goldenes Medaillon an ein Treffen von Kaiser Franz Joseph, Kaiser Wilhelm und den Zar von Russland anlässlich der Wiener Weltausstellung erinnert.
In der Tempelgasse erfahre ich unter anderem, dass hier die einstige große Synagoge stand und die weißen Säulen heute noch an sie und ihre Größe erinnern sollen. Auch die goldenen Erinnerungssteine mahnen hier überall an die schrecklichen Taten der Nazizeit.
Wer wusste, dass hier in der Nähe ein Park nach Veza Canetti, der Frau von Elias Canetti benannt ist? Später überqueren wir auch noch den Ludwig Hirsch-Platz und schon gibt es wieder eine Empfehlung, wo man mit einem Aperitivo genial auf den Abend einstimmen kann.
Vorbei geht's am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in der Schmelzgasse und beim Denkmal des Begründers Johannes von Gott und an einem jüdischen Lokal das neue koschere Küche anbietet.
Wir überqueren die Taborstraße und stehen am Kameliterplatz –hüpfen schnell in die Spezerei, erfahren dass im Tachles der Chef aus Krakau stammt und die besten Piroggi der Stadt kocht, ich bewundere den Reichsapfel der die Schank zum Reichsapfel krönt und kann mir schon vorstellen, dass die Kärntner Brettljause hier ausgezeichnet schmecken kann.
Wolfgang führt uns noch auf einen Abstecher zum Kriminalmuseum – und damit habe ich eine weitere Sehenswürdigkeit von Wien gespeichert, die ich unbedingt besuchen muss, immerhin widmet sich dieses Museum der größten Kriminalfälle und auch den Attentaten auf den Thronfolger Franz Ferdinand und auf Kaiser Franz Joseph.
Wir streben dem Kamelitermarkt zu, kommen durch die Haidgasse wo Wulfisch aus Kiel als Spezialist lecker Krabben und Fischbrötchen anbietet und erfahren so nebenbei, dass die Legende vom Kaffee und Kolschitzky nicht ganz der Wahrheit entspricht. Kolschitzky hat hier in der Haidgasse gewohnt, das erste Kaffeehaus aber hat jemand anderer eröffnet.
Jetzt sind wir am Kamelitermarkt angekommen. Wolfgang versorgt uns nicht nur mit guten Tipps und Infos über die Stände ringsum, sondern lädt auch auf ein Gläschen Wein ins Contor an der Ecke.
Ich freue mich auf der Karte nicht nur eine Cuvée vom Weingut Umathum zu finden (hab ich probiert – unbedingte Empfehlung meinerseits für alle Rotweinfreunde), sondern auch Gutes von unseren Transdanubiern Bernreiter und Christ (meine Weißwein-Empfehlungen) zu finden. Die Pause tut uns gut und nach einer halben Stunde machen wir uns weiter auf den Weg.
Über das Wasserkraftwerkt von Otto Wagner am Donaukanal (jetzt eine Weinbar) erfahren wir noch entlang der Oberen Donaustraße einiges über Franz von Suppè, der wie ich dabei gelernt habe – in Split, also in Kroatien, geboren wurde. Was wäre Wien, was wäre Österreich ohne seine Einwanderer aus der Monarchie :-) !
Im Servitenviertel kommen wir dann noch einmal auf Frankreich zu sprechen: schließlich soll es in der Mercerie die besten Croissants und Baguettes der Stadt geben und auch die Atmosphäre erinnert hier ein wenig an Paris.
Mit der Erinnerung an das – ebenfalls besuchenswerte – Schloss Esterhazý in Fertöd, das vom selben Architekten wie die Servitenkirche erbaut wurde, machen wir zu guter Letzt noch einen Abstecher nach Ungarn. Und wer noch weiter reisen möchte, kann sich noch in die Luxor Bar schräg vis à vis begeben …
Die drei Stunden sind schnell wie der Wind vergangen und ich – als Wienerin – habe nicht nur wieder einmal einiges über die Stadt gelernt, bin durch Gassen, Gässchen, Plätze und Straßen gegangen, die ich sonst nie besucht hätte und habe zu all den Sehenswürdigkeiten, Geschichtln und der Geschichte nun auch noch eine Empfehlungsliste, die mich kulinarisch durch die ganze Welt begleitet: Italienisch, koreanisch, französisch, orientalisch, asiatisch, polnisch, bodenständig österreichisch, vietnamesisch, Krabben und Fischbrötchen, Baguette und Croissants, Schokolade und vieles mehr. Da wird der 25 Euro-Gutschein der Stadt Wien leider nicht reichen….
Wer also Wien abseits von den touristischen Hauptwegen kennenlernen möchte und dazu auch noch kulinarisch interessiert ist, dem sei diese Tour auf das Wärmste ans Herz gelegt.
Die Tour findet Juli/August jeweils am Montag um 16:30 Uhr statt. Mehr darüber findet ihr unter https://www.reisegourmet.at/shop.html#regdl=von-venedig-uber-jerusalem-nach-paris. Hier kann die Tour auch online gebucht werden.
Solltet ihr im Rahmen der Aktion „Erlebe Deine Hauptstadt" in Wien urlauben, gibt es sogar Ermäßigung und zwar nicht nur für diese Tour, sondern auch für alle anderen Angebote von Wolfgang Auinger – siehe hier:
Wobei: auch die Führung durch das „Süße Wien" von Wolfgang kann ich empfehlen. Er ist und bleibt halt ein Genussexperte…
Es gab soviel zu sehen und zu hören. Hier noch einige Eindrücke von der Tour: