Das Janaček-Theater in Brünn erstrahlt nicht nur als Gebäude im neuen Glanz. Auch die Aufführungen können sich sehen lassen und werden Opernfreunde nicht nur aus Wien begeistern.
Ich gehe gerne in die Oper und auch moderne Inszenierungen schrecken mich nicht – solange sie noch mit der Aussage des Stücks zu tun haben. Außerdem liebe ich die Klänge von Smetana und Janaček und hatte erst vor kurzem meine erste Begegnung mit der Musik von Bohuslav Martinů bei einer wunderschönen Veranstaltung im Wiener Konzerthaus.
Da freute mich die Einladung zur „Griechischen Passion“ vom Janaček Theater ganz besonders.
Letzte Woche war es soweit – wir starteten nach Brünn.
Es gibt nur wenige Werke, die so zu dieser Jahreszeit (Ostern) und zum derzeitigen politischen Geschehen (Flüchtlinge und Ukraine Krieg) passen, wie dieses.
Inhalt:
In einem griechischen Dorf wird die Rollenvergabe für das jährliche Passionsspiel durch die Ankunft von Flüchtlingen unterbrochen, die um Hilfe bitten. Die Dorfbewohner unter Führung des Priesters Grigoris lehnen dies jedoch ab. Einzig Monolios, der im Passionsspiel Christus verkörpern soll und Katerina, eine junge Witwe, die Maria Magdalena spielen soll, versuchen den Flüchtlingen zu helfen und raten ihnen ihr neues Dorf auf dem Berg Sarakina aufzubauen.
Ihr Priester Fotis versucht die hungernden und erschöpften Menschen aufzumuntern, doch immer wieder sterben einige durch ihren schlechten Gesundheitszustand. So auch ein alter Mann, der sich in die Fundamente des Tores des neuen Dorfes legt, um seinen Tod zu erwarten. Er stirbt in der Zuversicht, dass seine Kinder weiterleben werden.
Yannakos, der eigentlich den Schmuck und das Gold der Flüchtlinge für Lebensmittel abpressen wollte, ist über die Zustände so erschüttert, dass er Fotis um Vergebung bittet und den von Ladas erhaltenen Vorschuss den Flüchtlingen übergibt.
Inzwischen kämpft Manolios mit seiner Berufung so sehr, dass er nicht einmal mehr seine Verlobte Lenio wahrnimmt, die daher beschließt die Verlobung zu lösen und den Hirten Nikolios zu heiraten. Manolios trifft auf Katerina, die ihm gesteht, dass sie von ihm träumt. Manolios sieht sie jedoch als Schwester und bittet ihn nicht zu verfolgen. Während Katerina mit einem Schaf zu den Flüchtlingen geht, damit diese ihre Kinder mit Milch versorgen können, trifft sie auf Yannakos, der nun endlich auch ihre Wandlung begreift. Manolios versucht in der Zwischenzeit die Leute aus dem Dorf zu überzeugen den Flüchtlingen zu helfen.
Priester Grigroris ist darüber wütend und vertreibt mit Hilfe der „Apostel“ Manolios aus dem Dorf. Nikolios trifft sich mit Manolios um ihm seinen Vermählungswunsch mit Lenio zu gestehen – Manolios wünscht ihm freundschaftlich viel Glück.
Während des Hochzeitfestes von Nikolios und Lenio fordert der aufgebrachte Priester Grigoris, man müsse das räudige Schaf von der Herde vertreiben, damit es nicht andere anstecke: damit ist Manolios gemeint, der exkommuniziert wird, wie auch alle anderen, die ihm beistehen.
Manolios gesteht das die Rolle des Christus ihn hochmütig gemacht hat, doch nun begreift er ihre eigentliche Bedeutung: alles im Leben hat seine Zeit. Eine Welt, in der Kinder vor Hunger sterben ist zum Untergang bestimmt.
Aus der Ferne hört man die Stimmen der Flüchtlinge, die in ihrer Not ins Dorf kommen. Während sie näher kommen erschlagen die Dorfbewohner Manolios und beschuldigen Panait – der den Judas bei den Passionspielen geben sollte – der Tat…
Es ist keine vergnügliche Geschichte, die hier geboten wird und obwohl die Oper von Martinů in den 1960er Jahren aufgeführt wurde, ist das Thema gerade im Moment sehr aktuell.
Mich haben an der Aufführung die Lichtregie und das Bühnenbild neben Musik und Darstellern besonders beeindruckt. Schon während man seinen Platz einnimmt, wird man bereits irgendwie in die Handlung verstrickt: Im Zuschauerraum spielt ein junger Mann auf seiner Ziehharmoniker und auf der Bühne werden Kerzen entzündet. Es ist eine moderne Inszenierung, die jedoch wunderbar zu der Geschichte passt und sowohl der Musik als auch den Darstellern Raum zur Entfaltung bietet.
Mich begeistern diese Regieumsetzungen mehr als die buchstabengetreue Verfolgung der einzelnen Bilder, da sie auch mehr Platz für mein eigenes Kopfkino lassen. Allerdings ist es empfehlenswert, sich mit dem Inhalt des Werkes vorab ein wenig auseinander zu setzen. Wer das nicht will, findet allerdings mit den „Untertiteln“ in deutsch, englisch und tschechisch jede Hilfe das Werk auch ohne große vorherige Beschäftigung zu verstehen.
Die Musik von Martinů blieb mir – ehrlich gesagt – lange Zeit verborgen. Doch in letzter Zeit kreuzen sich unsere Wege immer öfter und ich muss sagen: zu meiner großen Freude. Wenn auch die Oper keine großen „Gassenhauer“ wie vielleicht meine Lieblingsoper Carmen enthält, sie rührt meine slawische Seele und „Hits“ wären schon allein auf Grund der Thematik nicht angebracht.
Im Janaček-Theater wird allerdings nicht nur Bohuslav Martinů gespielt, auch Mozart, Verdi oder Puccini stehen am Programm und auch das Ballett ist sehenswert, wie ich auch in Bälde berichten werde. Vor allem aber werden hier auch die großen tschechischen Komponisten aufgeführt, die man in Wien doch sehr oft vermisst. Ein Grund mehr einmal wieder nach Brünn zu reisen …
Hier noch ein Video mit einem Ausschnitt aus der Oper
Das laufende Programm findet ihr hier https://www.ndbrno.cz/de/oper/
Bohuslav Martinů: Řecké Pašije (Die griechische Passion)
Janaček-Theater
60200 Brno, Rooseveltova 31/7
Regie: Jiří Heřman
Dirigent: Robert Kružik
Manolios: Peter Berger
Kateřina: Pavla Vykopalová
Grigoris: Jan Šťáva
Fotis: David Szendiuch
Jannakos: Ondře Koplík
Kostandis: Jiří Miroslav Procházka
Lenio: Andrea Široká
Panait: Petr Levíček u.a.
Obwohl man einen Besuch in der Brünner Oper durchaus ohne Übernachtung von Wien aus planen kann, bietet die Stadt viele Sehenswürdigkeiten, die lohnen besucht zu werden. Mehr darüber findet ihr hier auf askEnrico.
Auch für eine Übernachtung haben wir euch ein paar Tipps zusammengestellt: diese findet ihr hier.