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Es ist ein Spektakel der Sonderklasse: Intendant Daniel Serafin bringt erstmals einen Wagner auf eine Sommerbühne.

Der Steinbruch in St. Margarethen ist ein besonderer Spielplatz: allein die natürliche Kulisse und damit die Bühne sind überwältigend. Keine leichte Aufgabe Bühnenbildner, Regie und SängerInnen - auch wenn ihre Stimmen natürlich verstärkt werden.

Blicke zur Bühne aus dem Zuschauerraum
Blick zur Bühne aus dem Zuschauerraum, der sich langsam füllt

Wagner im Steinbruch, das musste ich sehen – immerhin ist mein letzter Besuch in die Anfänge der Opernfestspiele im Steinbruch zu verorten: Damals konnte man noch mit Marcel Prawy in der Pause über die Qualität der Sangesdarbietungen diskutieren. Gespielt wurde meine Lieblingsoper Carmen und auf meine Kritik an dem damaligen Don José meinte Prawy nur trocken: „Nun ja, Pavarotti ist er keiner, aber der würde hier auch nicht singen“ …

Noch ist alles feucht vom Regen
Noch ist alles feucht vom Regen - der Weg in den Steinbruch

Seither hat sich einiges getan im Steinbruch. Man gelangt nun barrierefrei zu den Sitzplätzen, die Bestuhlung wurde verändert,  eine Opern-Lounge kreiert, die Angebote an Getränken und Speisen ausgebaut. Auch das Parkplatzangebot wurde verbesssert, so ich mich richtig erinnere.

Natürlich habe ich einiges davon im Fernsehen verfolgt, aber wie heißt es so schön: Live ist eben doch ein komplett anderes Feeling.

So geht es mit großer Vorfreude los von Wien – es regnet in Strömen, aber der Wetterradar verspricht Trockenheit im Burgenland. Ich bin zeitig losgefahren – es regnet auch bei meiner Ankunft.

Große Schirme schützen vor Sonne und Regen
Große Schirme schützen im Steinbruch vor Sonne und Regen

Aber immerhin: um 19:00 Uhr hört es auf und ich mache mich auf ins Festivalgelände. Es macht also durchaus Sinn auch bei Regen loszufahren. Man weiß nie, wie sich das Wetter entwickelt.

Ich liebe es vor den Aufführungen noch ein Gläschen zu trinken, eine Kleinigkeit zu essen und die Vorfreude auf den Abend zu genießen.

Ein Gläschen Aperol, eine Bretze und im Programm schmökern
Ein Gläschen Aperol, eine Bretzn und im Programm schmöckern

Die Bühne kenne ich bereits von einem Pressetermin zu Probebeginn, aber sie beeindruckt mich noch immer. Riesenwellen machen sich im Steinbruch breit, oben an den „Klippen“ sieht man Häuser eines kleinen Fischerdorfs und ein Leuchtturm, der später sein Licht in die Umgebung senden wird, wacht über die Wellen.

Vor der Vorstellung werden auch Bühnenführungen angeboten
Vor der Vorstellung werden auch Bühnenführungen angeboten

Schließlich geht es los und wie. Spektakel – wie die Ankunft der Mannschaft Dalands oder das Auftauchen des riesigen Geisterschiffs des Holländers wechseln mit ruhigen und teilweise berührenden Szenen.

Das Orchester ist an diesem Abend hervorragend aufgelegt und auch die Sänger sind ausgezeichnet disponiert. „Mein“ Holländer, Tommi Hakala braucht zwar eine größere „Einsingphase“ zeigt aber vor allem im dritten Akt sein ganzes Können.

In der aufgewühlten See rettet sich Daland mit seiner Mannschaft auf einen Felsvorsprung
In der aufgewühlten See kann sich Daland mit seiner Mannschaft auf einen Felsvorsprung retten

Hervorragend Johanna Will, die stimmlich kraftvoll aber auch berührend mit Gefühl die Verliebtheit und den Aufopferungswillen von Senta auf die Bühne bringt.

Das Geisterschiff erscheint
Das Geisterschiff des Holländers erscheint

Leichtes Gruseln überkommt mich, als ich sie hoch oben am Dach des kleinen Hauses sehe, das in den Steinbruch "hineingepickt" wurde, während sie gesanglich von ihrem „Holländer“ und seiner Geschichte träumt.

Ein Bravo für die „Stunt-Zweitbesetzung“, die nicht nur dieses Wagnis hoch oben am Dach übernimmt, sondern auch am Ende brennend vom Leuchtturm in die Fluten springen wird und damit alles in Feuer aufgehen lässt. Für mich eine der wenigen Szenen, an der man herummeckern kann, da sie etwas zu dick aufgetragen und auch ein bisschen unlogisch ist. Aber durch die Videoprojektionen extrem spektakulär.

Senta hoch oben am Dach ihres Hauses
Hoch oben am Dach ihres Hauses träumt Senta vom Holländer

Kleiner Zwischeneinschub: Ich finde, dass den Stuntleuten eigentlich auch ein Schlussapplaus zustehen würde. Sie leisten in dieser Aufführung einiges …

Blick zum Leuchtturm
Blick zum Leuchtturm an der Klippe, an der sich Senta brennend in den Tod stürzen wird

Jens-Erik Aasbø als Daland ist ausgezeichnet bei Stimme und verschachert seine Tochter gewinnbringend an den Fremden, um an dessen Perlen und Schätze zu kommen. Ebenfalls hervorragend Jinxu Xiahou als Steuermann: sowohl stimmlich als auch spielfreudig.

An der Felswand neben dem Haus kann man das Geschehen im Haus verfolgen
Auf der Felswand kann man das Geschehen im Haus verfolgen (Foto © Oper im Steinbruch, wearegiving)

Lora Grigorieva versucht als Mary immer wieder Senta von ihrer Schwärmerei für den Holländer abzubringen, scheitert aber in diesem Punkt. Nicht jedoch stimmlich. Videoprojektionen an der Felswand neben dem Haus gewähren einen Einblick in das Geschehen und machen die Gesichter und die Handlung im Haus für die Zuschauer besser sichtbar. Ein ausgezeichneter Regieeinfall.

Senta und der fliegende Holländer (Foto © wearegiving)
Senta und der Holländer (Foto © Oper im Steinbruch, wearegiving)

Nenad Čiča ist ein berührender Erik mit einer tollen Stimme, der um die Liebe seiner Angebeteten kämpft, nichts unversucht lässt, um sie zurückzuerobern und dennoch scheitert. Seine Arie im dritten Akt, in der er noch einmal versucht Senta umzustimmen, zählt zu den berührendsten der Oper. Bravo.

Das Haus des Daland
Das Haus des Daland

Auch der Philharmonia Chor Wien und das Piedra Festivalorchester unter Leitung von Patrick Lange haben ihre Aufgabe ausgezeichnet erledigt. Wagner wie ich ihn liebe: kraftvoll, dröhnend, aber auch berührend in manchen Passagen.

Das Haus des Daland
Hier kann man ins Haus von Daland hineinblicken

Toll auch das Bühnenbild von Momme Hinrichs. Ich dachte nicht, dass sich diese riesigen „Pappwellen“ unter Einfluss der Videotechnik so toll in schäumendes Meer verwandeln lassen. Es ist ein furioses Ende der Naturgewalten Feuer und Wasser, und doch hat mich in dieser Szene ein Wasserfall, der über dem Felsen des Steinbruchs entstand, am meisten begeistert. Man glaubt auf den ersten Blick wirklich, dass nun „echtes“ Wasser den Felsen herunterströmt.

Das Team: v.l. Dessecker, Hinrichs, Krenn, Lange, Serafin (Foto © Oper im Steinbruch, wearegiving)
Das Team: v.l. Dessecker, Hinrichs, Krenn, Lange, Serafin (Foto © Oper im Steinbruch, wearegiving)

Mir gefiel auch die Regie von Philipp M. Krenn, deren Personenführung von manchen ob großer Distanzen der handelnden Personen bekrittelt wurde. Der Steinbruch – und damit die Bühne – ist nun einmal riesig und dass die Wellen nicht plötzlich verschwinden können und größere Umbauten nicht möglich sind, ist wohl auch klar.

Hochzeit soll gefeiert werden (Foto © Oper im Steinbruch, wearegiving)
Hochzeit soll gefeiert werden (Foto © Oper im Steinbruch, wearegiving)

Außerdem kann man ein bisschen Fantasie auch vom Publikum verlangen 😊. Wenn man etwas bekritteln will, dann den Ritt des Holländers übers Meer im ersten Akt auf dem großen Anker seines Schiffes zu Daland, der auf einem Felsen. Vielleicht hätte man ihm da doch ein kleines Beiboot zur Verfügung stellen können.

Das spektakuläre Ende naht (Foto © Oper im Steinbruch, wearegiving)
Das spektakuläre Ende naht (Foto © Oper im Steinbruch, wearegiving)

Doch auf der Habenseite steht ein gruselig schönes Piratenschiff und ja, es erinnert ein bisschen an Pirates of the Caribbean, aber gerade das fand ich gut. Tolle Videoumsetzungen, ein Meer, dessen Brausen man jederzeit fast zu hören scheint, Einblicke ins Innere des Hauses, das spektakuläre Ende von Senta, die brennend aus der Höhe ins Meer stürzt. Doch all diese spektakulären Einfälle unterstützen die Handlung - und auch an der musikalischen Umsetzung gibt es nichts auszusetzen.

Feuer und Wassermassen begleiten den Tod von Senta - der fliegende Holländer ist erlöst
Feuer und Wassermassen begleiten den Tod von Senta - der fliegende Holländer ist erlöst

Vielleicht bringt es dadurch auch ein Publikum zu Wagner und in die Oper, das sonst nicht in die Vorstellung gegangen wäre.
Daher war es für mich alles in allem ein wahrhaft gelungener Wagner-Abend. Auch das Publikum war zufrieden, applaudierte laut und begeistert und feierte die Sänger mit Bravo-Rufen.

Nächstes Jahr wird Tosca gespielt – ich glaube, ich komme wieder … 

 

Weitere Termine:  23., 24., 25., 26. und 31. Juli 2025, 1., 2., 6., 7., 8., 9., 14., 15., 16., 21., 22., und 23. August 2025
Beginn Juli: 20.30 Uhr, Einlass ab 18.30 Uhr, Beginn August: 20.00 Uhr, Einlass ab 18.00 Uhr
Dauer: ca. 2,45 Std. inkl. Pause


Richard Wagner: Der fliegende Holländer
bis 23.8.2025 - jeweils Donnerstag bis Sonntag
Oper im Steinbruch
7062 St. Margarethen
Römersteinbruch 1
+43 2682 65065
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