Der Thriller erinnert an das Attentat auf das israelische Team während der olympischen Spiele am 5.September 1972. Aber er ist weit mehr als das …. (Foto © 2024 Constantin Film Verleih)
Eigentlich sollten es freundliche und friedliche Spiele in München werden. Deutschland als Gastgeber wollte sich mit einem neuen Image präsentieren, die Vergangenheit und Geschichte des Zweiten Weltkrieges hinter sich lassen.
Der amerikanische Fernsehsender ABC hatte sich mit großem technischen Aufwand ein eigenes Studio in der Nähe der Sportler und des olympischen Dorfes eingerichtet, um hautnah berichten zu können.
Doch aus den ruhigen und friedlichen Spielen wurde nichts, es kam anders …
Am 5. September 1972 drangen palästinensische Terroristen in das olympische Dorf in München ein und nahmen israelische Sportler und ihre Betreuer als Geiseln. Ihre Forderung: Die Freilassung von 234 palästinensischen Gefangenen in Isreal und von Andreas Baader und Ulrike Meinhof von der RAF.
Während erste Gerüchte über unbekannte Ereignisse im Olympiadorf aufkommen, stellt die ABC Crew fest, dass sie die Einzigen sind, die die Kameras so nahe am Geschehen haben und als es sich herausstellt, dass hier eine Geiselnahme stattgefunden hat, findet man heraus, dass man sogar auf die Zimmerfenster der gefangenen israelischen Sportler blicken kann.
Doch wie weiter vorgehen? Alles live übertragen? Wie weit kann man gehen? Soll man auch eine eventuelle Erschießung der Geiseln zeigen? Oder nicht? Hat man die moralische Verpflichtung wegzuschalten oder man hat man vielmehr die Pflicht live zu berichten?
Und doch können diese Fragen kaum überlegt, beantwortet werden – zu schnell ändern sich die Gegebenheiten. Wird man ein Sendefenster bekommen, um die Übertragung in die Welt schicken zu können? Soll oder muss man an das Nachrichten- bzw. Politteam des Senders abgeben, die der Sportberichterstattung einfach die Klasse absprechen, über so ein Ereignis berichten zu können.
Als dann noch als Sportler verkleidete Polizisten, die anscheinend einen Befreiungsversuch starten sollen, live in der Übertragung zu sehen sind, muss dieser Versuch abgebrochen werden – er war auch auf den Bildschirmen in den Zimmern der gefangen gehaltenen Geiseln zu sehen und damit auch den Terroristen bekannt.
Schließlich werden Terroristen und Geiseln in Hubschraubern zu einem nahen Flughafen gebracht und das Gerücht macht sich breit, dass alle Geiseln befreit und wohlauf sind. Doch stimmt diese Information? Darf man sie senden, ohne Gegencheck?
All diese Fragen und Entscheidungen, die unter enormen Zeitdruck gestellt, aber auch beantwortet werden müssen, machen diesen Film auch für die Gegenwart sehr aktuell. Durch die Digitalisierung ist der Zeitdruck der Journalisten noch ärger geworden, die Zukunft des einzelnen ist noch mehr von der Aktualität und der Sensationsgier der Leser abhängig, Check und Re-Check geraten immer mehr – auch durch den Kostenfaktor – ins Hintertreffen. Heute wird oft nicht mehr gegen die journalistische Konkurrenz gekämpft, sondern gegen den Handyfilmer, Social Media, Influencer. Und werden bei all jenen, die schnell ihr Video von einem Unfall ins Netz stellen oder Empfehlungen ungeprüft ausstellen, sich je auch diese Fragen stellen?
Ich fürchte nicht – vielleicht sollten aber gerade sie diesen Film ansehen. Spannend erzählte Geschichte und auch ein bisschen was zum Nachdenken. Von mir jedenfalls eine ganz dicke Empfehlung.
Besetzung:
Roone Arledge: Peter Sarsgaard
Geoff Mason: John Magaro
Marvin Bader: Ben Chaplin
Marianne Gebhardt: Leonie Benesch
Regie: Tim Fehlbaum, Drehbuch: Moritz Binder und Tim Fehlbaum
Österreich-Start: 9.1.2025