So richtig interessant wären ja die 70s und 80s für mich, aber auch die 1960er Jahre, ihre Events, die Mode, die Kunst, einfach alles was damit in Verbindung gebracht werden kann, schaue ich gerne an.
Daher war klar, diese Ausstellung muss ich unter die Lupe nehmen, wenn ich schon einmal im Mumok unterwegs bin und ich wurde nicht enttäuscht.

Eigentlich wäre ich ja früher gerne ein Kind der 60er gewesen: Rebellion, Flower-Power, Peace. Beatles – all das hat mich in meiner Jugend in den 70ern sehr beeindruckt. Aber damals waren wir schon froh, dass mit dem Bermuda Dreieck und der Reiss- und der Loosbar endlich in Wien auch ein Nachtleben begann und nicht die Gehsteige bereits um 18:00 Uhr hochgeklappt wurden.

Das Atrium, die Wolke und einige andere Lokalitäten waren zu meiner Zeit berühmt, manche auch berüchtigt …

Ich habe mir daher die Ausstellung weniger aus kulturellen oder kunsthistorischen Interesse angesehen, sondern schlicht und einfach nach dem Motto: Was habe ich damals mitbekommen? An was kann ich mich erinnern und was ist mir gänzlich neu.

Und wieder muss ich gestehen, dass ich einige künstlerische Entwicklungen der damaligen Zeit zu meiner Schande überhaupt nicht mitbekommen habe. Aber es ist ja nie zu spät, Neues zu entdecken.

Daher findet ihr hier wieder einmal meine ganz Besonderen Highlights (meiner Erinnerung) und dann die „offizielle“ Einordnung der Ausstellung …

Für mich interessant war gleich zu Beginn zu sehen, dass das Mumok sogar ein Kunstwerk von Yoko Ono besitzt und auch das Video in der Ausstellung, das eine Performance von ihr zeigt, war für mich interessant.

Natürlich hatte ich später auch von Günter Brus, Otto Mühl oder Hermann Nitsch gehört, wobei ich weder dem Wiener Aktionismus noch das Orgien-Mysterien-Theater bis heute Bewunderung entgegenbringen kann.

Wobei – tief in mir drinnen – die Aktion im Hörsaal des damals – neuen - NIGs (wo ich später meine Publizistik-Vorlesungen besucht habe) hat für mich zwar noch immer nicht viel mit Kunst zu tun, aber allein die Aufregung drum herum und das Entsetzen der Kronen Zeitung hat mir nachträglich dann doch gefallen und Respekt abgerungen.

Natürlich finden sich auch einige Aktionen der Wiener Aktionismuskünstler in der Ausstellung …

Auch Christo ist vertreten – auch an ihn kann ich mich erst durch spätere Aktionen erinnern und wenn diese richtig sind, hat er nicht nur den deutschen Reichstag, sondern auch einmal in Wien den Ringturm verhüllt.

Kiki Koglnik, deren Werke ich auch erst später kennen und schätzen gelernt habe, ist ebenso vertreten wie Valie Export.

Und natürlich dürfen Vertreter der Pop Art wie Andy Warhol und Roy Lichtenstein nicht fehlen. Sie haben es mir nicht nur in meiner Jugend angetan, meine Begeisterung ist auch jetzt noch beim Betrachten ihrer Werke vorhanden.

Wer - wie ich - die Begriffe Fluxus, Happening und Performance nicht zu definieren weiß, kann sich an den Wandtexten in der Ausstellung darüber informieren. Auch wie wichtig Zeitschriften für den damaligen Aufbruch und die Entwicklung der verschiedenen Kunstströmungen waren.

Ich bin immer wieder überrascht und teilweise auch bestürzt wie wenig ich über die Zeit und die Kunst meiner Jugend weiß. Diese Ausstellung ist eine ausgezeichnete Gelegenheit, ein bisschen das Wissen über diese Zeit zu verbessern. Aber auch sich an all das zurückzuerinnern, dass man vielleicht doch mitbekommen hat, wie eben die Aufregungen über den Aktionismus per se, sei es nun Nitsch, Arnulf Rainer oder die Uniaktionen.

Es ist einerseits eine Rückschau und doch ein neues Kennenlernen und auch ein Erkennen (ok, man wird schon ein bisschen mit der Nase darauf geschupst), wie viele Ausgangspunkte damals gelegt wurden, die auch noch in die Gegenwart reichen.

Ich glaube, ich muss mir die Ausstellung noch einmal in aller Ruhe anschauen, noch einmal mit meinen Erinnerungen vergleichen, noch einmal einiges nachlesen. Immerhin waren die 60er und 70er Jahre nicht schlecht: Eine Zeit des Aufbruchs und der Stimmung, dass alles nur besser werden kann. Wie sehr könnten wir diese Stimmung jetzt auch brauchen …

Nachdem ich euch jetzt meine persönliche Geschichte erzählt habe, möchte ich noch ein wenig aus den „offiziellen“ Beschreibungen der Ausstellung wieder geben (nicht immer wörtlich und auch gekürzt):

Die Ausstellung Mapping the 60s liegt die Überlegung zugrunde, dass maßgebliche gesellschaftspolitische Bewegungen des 21. Jahrhunderts ihre Wurzeln in den 1960er Jahren haben, wie Black Lives Matter oder #MeToo, ebenso aktuelle Diskussionen um Krieg, Mediatisierung, Technisierung, Konsumismus und Kapitalismus.

1962 wurde das Museum des 20. Jahrhunderts in Wien als Vorläufer des mumok gegründet. Mit Sammlungsschwerpunkten auf Pop Art, Nouveau Réalisme, Fluxus, Wiener Aktionismus, Performancekunst, Konzeptkunst und Minimal Art.

Die 60er waren ein Jahrzehnt des gesellschaftspolitischen Aufbruchs, in dem Theoretiker wie Michel Foucault oder Jacques Derrida ein neues Verständnis von Geschichte, historischem Wissen und Historizität entwickelten und Modellen der Linearität und der ungebrochenen Progression eine Absage erteilten und erkannten, dass sich historische Kunstwerke und Konzepte nicht vorbehaltlos und unreflektiert in die Gegenwart überführen lassen.

Die Ausstellung unternimmt daher den Versuch einer selektiven Kartografie der 1960er – weg vom linearen Geschichtsmodell hin zu spezifischen diskursiven Knoten und Beziehungsgeflechten, fragmentarischen Aufzeigen von historischen Regelmäßigkeiten, Verflechtungen und Zusammenhängen zwischen einzelnen Ereignissen, KünstlerInnen und Werken.

Vor einem erneuten Krieg in Europa, fortwährender rassistischer Gewalt, Ungleichbehandlung von Frauen und Männern und der Diskriminierung von Minderheiten konzentriert sich die Ausstellung bewusst auf Werke aus der Sammlung, die sich diesen Themen widmen.

Außerdem sollen besondere Positionen von Frauen sichtbar gemacht werden, die sowohl in der anfänglichen Sammeltätigkeit des Museums wie auch in den wesentlichen damaligen Gruppenausstellungen kaum vertreten waren.

Der erste Teil der Sammlungsausstellung ist auf den Ebenen -2 und -3 zu sehen. Hier liegt der Fokus auf der Geschichte des mumok in den 60er Jahren, auf der Pop Art als deren medial wirksamster Kunstströmung, auf wegweisenden internationalen Großausstellungen und der zentralen Bedeutung, die in der Gründung internationaler Kunstmagazine lag.

Schwerpunkte des 2. Teils der Ausstellung auf Ebene -4 liegen auf Fluxus, Nouveau Réalisme, Happening sowie Aktionismus in Wien und im internationalen Kontext.

Sehenswert sind alle drei Ebenen – nehmt einfach genügend Zeit mit! Das momok ist Dienstag bis Sonntag und an Feiertagen von 10:00 bis 18:00 Uhr geöffnet.