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Das Mumok widmet eine Ausstellung Liliane Lijn – und die ist so richtig nach meinem Geschmack.

Ganz ehrlich: Liliane Lijn war mir kein Begriff, aber um dafür gibt es ja Museen, um immer wieder neue Entdeckungen zu machen und diese Künstlerin ist für mich so eine Entdeckung.

Liliane Lijn (Foto © Georg Petermichl, mumok Wien)
Liliane Lijn (Foto © Georg Petermichl, mumok Wien)

Moderne Kunst ist nicht immer meine Sache, aber ich liebe einfach Alles, das sich mit Licht beschäftigt, bunt ist und wenn dann noch der eine oder andere feministische Seitenhieb dazukommt: Warum nicht? Mich freut’s.

Blick in die Ausstellung
Blick in die Ausstellung

Liliane Lijn ist für mich so eine Künstlerin. Während auf einer Etage kunstvolle Lichtobjekte, die sich noch dazu bewegen, vorgestellt werden findet man auf der zweiten Ebene Bilder, Kegel und mystische Figuren, die mich ebenfalls sehr beeindruckt haben. 

Blick in die Ausstellung
Blick in die Ausstellung

Arise Alive ist die bislang umfassendste institutionelle Einzelpräsentation, der 1939 in New York geborenen und seit 1966 in London lebenden Künstlerin, die seit über sechs Jahrzehnten an den Schnittstellen von bildender Kunst, Sprache und Wissenschaft arbeitet und Skulpturen, Installationen, Collagen, Malereien, Videos und Performances geschaffen hat. Im Mumok in Wien sind die wichtigsten Stationen ihres Schaffens von den späten 1950er Jahren bis heute zu sehen.

Ich möchte euch hier nur ein paar meiner Highlights präsentieren.

Koans

Während ich – zugegebenermaßen – fast achtlos an den Malereien vorbei gegangen bin, haben mich ihre Kegel mit den bunten Acrysteifen fast magisch angezogen. Bei ihren Koans kreierte Lijn Kegel, die sich auf motorisierten Plattformen um die eigene Achse drehen.

Die Koans von Liliane Lijn
Die Koans von Liliane Lijn

Schlichte konzentrische Linien aus fluoreszierendem Plexiglas teilen die Kegel in ungleiche elliptische Abschnitte. Durch die Beleuchtung von Innen erscheinen diese in der Betrachtung als Linien, die sich auf der sich drehenden Skulptur rhythmisch auf und ab bewegen und an die Umlaufbahnen von Planeten denken lassen

Conjunction of Opposites: Lady of the Wild Things and Woman of War (1983 – 1986)

In einem eigenen Zimmer kann man dann den beiden weiblichen Figuren sehen, die in einen Dialog miteinander verstrickt scheinen. Diese Skulpturen zählen zu einer Werkgruppe, die Lijn als Cosmic Drama bezeichnet und bei denen Sound, Bewegung und diverse Lichteffekte ein theatrales Gesamtkunstwerk ergeben.

Lady of the Wild Things and Woman of War
Lady of the Wild Things and Woman of War

Nebel steigt auf, eine Figur beginnt zu sprechen, die andere reagiert darauf mit Lichtsignalen. Man glaubt sich in ein Theaterstück versetzt und ist immer wieder auf die unterschiedlichen Reaktionen der Skulpturen gespannt.

Lady of the Wild Things and Woman of War
Lady of the Wild Things and Woman of War

Für Lijn verweisen die Skulpturen auf mythologische gegenpolig gedachte Figuren, wobei die Lady of the Wild Thing eine frühe griechische Schutzgöttin der Natur verkörpert, die in ihrer Umsetzung akustische Signale in dynamische Lichtmuster übersetzen kann. Demgegenüber steht die Woman of War für aktive und nach außen gerichteten Energien wie Aggression und Wut. 

Lady of the Wild Things and Woman of War
Lady of the Wild Things and Woman of War

Während der Performance singt die kriegerische Gestalt in Lijns Stimme eine Warnung an die Menschheit auf das ihr Gegenstück mit Lichtsignalen reagiert.

Electric Bride (1989)

Ebenfalls in einem eigenen Raum findet man die letzte Figur in Lijns Cosmic Drama: die Braut. Die Figur ist in einem Stahlkäfig eingeschlossen, mit dem sie durch rotglühende Stromdrähte verbunden ist. Ihr pulsierender Kopf besteht aus mundgeblasenem Glas und ihr Körper aus vielen Schichten von mineralischen Mikanit. Mit der Stimme der japanischen Sängerin Shirai Takako flüstert die Figur ein Gedicht, in dem sich Lijn auf den Mythos der sumerischen Göttin Inanna und deren Abstieg in die Unterwelt bezieht. 

Electric Bride
Electric Bride

Sowohl für diese als auch für die nächste Ebene gilt – dies sind meine Highlights der Ausstellung, aber es gibt noch viel mehr Sehenswertes zu entdecken. Nehmt auch genügend Zeit mit. Die Schönheit und das Verborgene der Arbeiten wird oft erst sichtbar, wenn sie sich bewegen, doch brauchen auch diese Figuren hin und wieder eine Pause.

Blick in die Ausstellung
Blick in die Ausstellung

Daher empfiehlt es sich vielleicht auch noch eine zweite Runde durch die Ausstellung zu machen oder einfach noch einmal wieder zu kommen, um auch wirklich alles miterleben zu können und entdeckt zu haben.

Ebene 3

In dieser Etage sind Arbeiten aus den 1960er und 1970er Jahren ausgestellt. Dabei liegt der Fokus auf Arbeiten, in denen Lijn die sichtbaren und unsichtbaren Eigenschaften von Licht untersucht hat. Licht und Bewegung wird mithilfe von Plexiglas oder synthetischen Polymer als Gestaltungsmittel eingesetzt.

Blick in die Ausstellung
Blick in die Ausstellung

Lijn verwendet optische Prismen, die das Licht in seine Spektralfarben aufbrechen. Farbe wird in einer einfachen, aber wirkungsvollen Geste al das sichtbar, was es ist: gestreutes Licht – ein Strom winziger Teilchen.

Auch die Schatten an der Wand sind interessant
Auch die Schatten an der Wand sind interessant

Wenn ihr in den Raum hineingeht und die feingliedrigen Skulpturen seht, solltet ihr nicht nur sie, sondern auch die Schatten, die sie an die Wände werfen betrachten. Fast sieht es wie eine menschliche Versammlung aus, eine kleine Demo, die sich auf einer Straße entlang bewegt.

Liquid Reflections (1968)

In einem eigenen Raum befindet sich die Installation, deren Foto man auch auf dem Ankündigungsplakat wiederfindet. Liquid Reflections besteht aus einer hohlen Plexiglasscheibe, die Wasser enthält und sich um ihre eigene Achse dreht.

Wunderschön, entspannend und doch faszinierend
Wunderschön, entspannend und doch faszinierend

Duch die Rotation kondensiert die Flüssigkeit zu Tropfen, die natürliche Linsen bilden. Zwei Plexiglaskugeln befinden sich auf der Oberfläche der Scheibe, wobei die Zentrifugalkraft der rotierenden Scheibe und die Zentripetalkraft ihrer konkaven Wölbung die Bewegung der Kugeln bestimmt. Von einer Lichtquelle beleuchtet, zeigen die Kugeln ein dynamisches und unvorhersehbares Wechselspiel von Licht und Schatten. Sie kreisen wie Himmelskörper auf der transparenten Fläche.

Shimmering (2024)

Nicht übersehen sollte man auch das Objekt aus silbrig glänzendem Stoff, dass von einer Stange auf der Höhe der Ausstellungsebene 4 hängt. In regelmäßigen Abständen aktiviert ein Motor das Objekt, versetzt es in einer immer schneller werdenden Drehbewegung, die einem an einen Rock beim Tanz denken lässt.

Blick in die Ausstellung
Blick in die Ausstellung

Die wirbelnde Figur aus silbrigem Material beginnt zu gleißen und scheint sich in Licht und Bewegung aufzulösen. An Gravitationskräfte schwarzer Löcher habe ich zwar nicht gedacht, aich nicht um Materie, die um einen feurigen Kern kreist, aber der ekstatische Wirbel der Sufi-Derwische, den ich einmal bei einer Reise in Kapadokien gesehen habe, kam mir sehr wohl in den Sinn.

Weitere interessante Gebilde
Weitere interessante Gebilde

Das ist nur ein kurzer Einblick in eine Ausstellung, in der es noch vieles mehr zu sehen gibt. Alle meiner Generation sollten sich auch nicht „Mapping the 60ies“ im selben Haus entgehen lassen. Es macht doch immer wieder Freude, einiges aus der Jugendzeit zu sehen – davon ein nächstes Mal.

Blick in die Ausstellung
Blick in die Ausstellung

Das Mumok ist Dienstag bis Sonntag jeweils von 10:00 bis 18:00 Uhr geöffnet

Ein kurzer Rundgang durch die Ausstellung:


Liliane Lijn: Arise Alive
bis 4.5.2025
Mumok
Museumsplatz 1
1070 Wien
+43 1 525 00-0
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www.mumok.at

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