Wer hätte das gedacht! Doch wie die Ausstellung „Kopf und Kragen“ im Münzkabinett des KHM beweist, erzählen sie uns auch noch die Modeerscheinungen und -torheiten über Jahrhunderte. (Foto © Tom Ritter)
Aus diesem Blickwinkel habe ich Münzen noch nicht betrachtet. Als Geldanlage – ja, als Sammelobjekt – auch. Manchmal habe ich auch ihre Schönheit bewundert und wenn die Münze Österreich wieder ihre „bunten“ Serien herausgibt, hat mich manche Münze auch entzückt, aber dass sie auch die Modeströmungen vergangener Jahrhunderte repräsentieren, das ist mir erst beim Besuch der neuen Ausstellung im Kunsthistorischen Museum Wien so richtig klar geworden…

Schließlich sind die Bilder der Herrscher und Herrscherinnen auf den Münzen kleine Porträts. Durch ihr Material besonders stabil überdauern sie viele Jahre, ja Jahrhunderte und können so Auskunft über damalige Mode und Erscheinungsformen geben.

Sie waren auch ein „Kommunikationsmittel“ der Herrschenden mit dem Volk. Immerhin gingen sie durch viele Hände und so konnten auch die Untertanen sehen, wie ihr momentaner Regent aussah – Münzen waren daher ein machtvolles Medium der Selbstdarstellung und ich denke, man kann davon ausgehen, dass der Auftraggeber/die Auftraggeberin seinen/ihren Einfluss nützte, um so abgebildet zu werden, wie er/sie sich das vorstellte.

Sie wurden also zu Trendsetterinnen und Trendsettern und vereinten auf ihren kleinen Bildnissen Mode, Macht und Identität: ihre Frisuren, Kronen, Hüte und Krägen wurden zu Symbolen von Status und Stilbewusstsein.

In der neuen Ausstellung im Münzkabinett des KHM Wien kann man nun über 100 Münzporträts sehen, die Fashion und Lifestyle über 2.400 Jahren zeigen. Zwei Medienstationen ermöglichen es den Besucher*innen noch tiefer in Details einzutauschen und nachzuvollziehen, wie sich Porträts bedeutender Persönlichkeiten und Gemälde auf das kleine Format der Münze übertrugen und wie aus dem glattrasierten Kaiser Franz Joseph I. der Träger des berühmtesten Backenbarts Europas wurde.
Apropos Bart …
Zunächst diente die Gesichtsbehaarung vor allem zum Schutz vor dem Wetter, doch wie die Kleidung und Kopfbedeckung vollzog sich auch hier im Laufe der Zeit ein Wandel. Bärte wurden Zeichen von Macht, Würde und Repräsentation der Herrschenden.

So war der Bart im Mittelalter ein Statussymbol und galt als „unantastbar“. König Alfred von England verfügte im 9. Jahrhundert, dass jeder, der einem anderen Mann den Bart abschnitt, mit Verurteilung und einer hohen Geldstrafe zu rechnen hatte – schlechte Zeiten für Barbiere …

1698 schlug der russische Zar Peter der Große eine andere Richtung ein: Er führte eine Bartsteuer ein, sodass jeder, der auf seinen Bart nicht verzichten wollte, eine Steuer dafür bezahlen musste – für die Bezahlung derselben wurden eigenen Münzen geprägt.
Hüte, Frisuren und Krägen
Aber nicht nur am Bart lassen sich die unterschiedlichen Modeströmungen zeigen. Auch an Frisuren konnte man Macht und Modebewusstsein ablesen. Einmal trugen männliche Herrscher ihr Haar kinnlang, ein Jahrhundert später war die Kurzhaarfrisur angesagt, dafür zählten spitze Kinnbärte zu den Must-haves. So kann man in der Ausstellung den Mailänder Herzog Ludovico Maria Sforza mit seinem charakteristischen zazzera-Haarschnitt – dem Renaissance-Bob – bewundern und König Ludwig XII., der auf seinen Münzen modische Kopfbedeckung mit der Französischen Lilienkrone vereinte.

In der Renaissance konnte man seinen modischen Geschmack auch durch einen Hut Ausdruck verleihen: Barett oder Myllan Cap – aus Brokat, Samt oder feinem Filz – waren damals sehr angesagt.

Bei den Damen wurde mit aufwendigen Flechtfrisuren und reich bestickten Hauben aufgetrumpft: künstlerische Hochsteckfrisuren dominierten im Barock, aber auch überdimensionale Lockenperücken sind zu sehen und in einer Zeitreise durch die Neuzeit kann man die Haartrends durch mehrere Jahrhunderte verfolgen und sich Inspiration für seinen aktuellen Haartraum suchen.

Aber auch die Krägen standen lange Zeit im Mittelpunkt der Mode: die Französische Königin Maria de´ Medici wurde mit ihren Krägen zur Modeikone ihrer Zeit. Wobei für die Gestaltung ihrer Medaillen die Handwerkskunst ebenfalls ungemein wichtig war. Ihre voluminösen Spitzenkrägen erreichten durch die damalige Graveurkunst fast eine dreidimensionale Wirkung. Diese fächerförmigen Stehkrägen waren in hohen Kreisen Ende des 16. bis ins frühe 17. Jahrhundert so in Mode, dass sie sogar nach ihr benannt wurden (Medici-Krägen).

Besonders schön fand ich auch die Vitrinen, die man vor dem Eintritt ins Münzkabinett bewundern kann. In diesen finden sich Entwürfe von Studierenden des Abendkollegs SchmuckDesign Herbststraße, die sich von antiken Münzen und modernen Medaillen inspirieren ließen.

Ebenfalls eine tolle Idee ist es den Ausstellungskatalog als eine Art „Mode-Journal“ zu gestalten. Coins in Fashion verbindet historischen Trends und moderne Inspiration und ist für wohlfeile € 14,95 im Museumsshop und online erhältlich.

Information über das Rahmenprogramm mit Führungen und Vorträge findet ihr wie immer auf der Seite des KHMs: https://www.khm.at/ausstellungen/kopf-kragen-muenzen-machen-mode#programm-fuehrungen

Das Kunsthistorische Museum Wien ist täglich von 10:00 bis 18:00 Uhr geöffnet, am Donnerstag bis 21:00 Uhr. Weitere Informationen über Tickets, Ticketbuchungen und weitere Ausstellungen findet ihr unter https://www.khm.at/
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