Die neue Sonderausstellung im Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich befasst sich mit der Kindheit und Jugend all jener, die vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg in Österreich aufgewachsen sind.
Noch gibt es sie: die Menschen – heute zwischen 75 und 99 Jahren alt – die diese Zeit selbst miterlebt haben und darüber erzählen können. Und von ihren Erzählungen lebt diese Sonderausstellung, die das Team des Hauses der Geschichte gemeinsam mit dem Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung auf die Beine gestellt hat.

Es ist keine große Ausstellung, vielleicht 2-3 Räume, je nachdem wie man zählen möchte, aber wer sie besucht, sollte ausreichend Zeit mitnehmen. Es gibt viel zu lesen, einiges zu sehen und noch viel mehr zu hören.
Vielleicht ist es das letzte Mal, dass man jene im Originalton hören kann, die diese Zeit erlebt haben. Vielleicht hilft es nicht nur den Jugendlichen und Schülern, die die Ausstellung besuchen, sich in die Zeit und die Menschen hineinzuversetzen, vielleicht hilft es uns allen, einander besser zu verstehen. Diejenigen, die möglicherweise ein ganzes Leben unter dieser Zeit gelitten haben und noch leiden.

Die daher nicht darüber sprechen wollen, die Erinnerung verdrängen, vergessen wollen, aber noch immer einiges an der Ideologie, die ihnen damals als Kind eingeimpft wurde, in sich tragen.
Aber vielleicht verstehen wir dann auch besser all jene Menschen, die in der Gegenwart in ähnlichen Situationen sind, flüchteten und zu uns gekommen sind. Die sich vielleicht nicht immer so benehmen, wie wir es gerne hätten, da sie zuhause anders erzogen wurden. Die – auch wenn integriert – trotzdem immer auch ihre Heimat noch im Herzen tragen.

Vielleicht hilft die Ausstellung, deren Texte auch in „Leichter Sprache“ verfasst wurden, nicht nur Menschen mit Lernschwierigkeiten oder Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Vielleicht hilft sie auch jenen, die aus den Kriegen der Gegenwart zu uns gekommen sind, noch nicht so gut Deutsch sprechen und sich unverstanden fühlen.
Mit den Texten in „Einfacher Sprache“ könnte es auch für sie einfacher sein, mehr über unsere Geschichte zu erfahren und zu lernen, dass zwar nicht die heutige Generation, aber frühere Generationen ebenso durch Krieg gelitten haben, wie sie.

Erzählungen und Erinnerungsgegenstände der ZeitzeugInnen stehen im Mittelpunkt der Ausstellung und bringen die Lebenswelten von damals auf sehr persönliche Weise wieder. Die Erinnerungen der Menschen, die damals Kinder waren, stammen aus Opfer- und Täterfamilien, aus der Stadt und vom Land und von verschiedenen sozialen Schichten. Sie erlebten Bombenkrieg, Flucht, Verfolgung und oft den Verlust von Familienmitgliedern, wuchsen ohne Vater auf.
In der Schule, bei der Hitlerjugend und beim Bund Deutscher Mädel wurden sie manipuliert, auf den Krieg und ihren Einsatz vorbereitet. Gegen Ende des Krieges mussten viele Jungliche mit der Waffe in der Hand oder bei der Fliegerabwehr kämpfen.

Wer gegen das Regime seine Stimme erhob, mussten fliehen oder kam in die Konzentrationslager. Auch Kinder und Jugendliche wurden aufgrund ihrer Herkunft und/oder Religion politisch und rassisch verfolgt. Nur wenige überlebten die Konzentrationslager, mussten aber viele Gräuel mitansehen.
Auch in den letzten Kriegstagen und danach sind junge Menschen in Gefahr. Die Siegermächte bombardieren Stadt und Land, rücken vor, es kommt zu Vergewaltigungen und Übergriffen auf die Bevölkerung. Väter kehren vom Schlachtfeld oder der Gefangenschaft nach Hause zurück und sind nicht mehr mit jenem Menschen zu vergleichen, der die Familie vor dem Krieg verlassen hat.

Ein dicker Mantel wird über die Vergangenheit gebreitet und während sich der österreichische Staat als das erste Opfer dieses Krieges inszeniert, wird in Familien eisern geschwiegen. Man konzentriert sich auf den Wiederaufbau. „Die Kinder sollen es einmal besser haben“, ein geflügeltes Wort, das oft erst die nächste Generation mit Leben erfüllen kann.
Die Sonderausstellung teilt diese Zeit in 16 Kapitel – vom Aufwachsen in der Diktatur bis zum Land der Kinder, zukunftsreich.
Doch bevor ich auf die einzelnen Abschnitte kurz eingehe, auch noch ein paar Erzählungen aus meiner Familie.
Meine Großmutter
Meine Großmutter - sie musste beide Weltkriege miterleben - war, wie ich, eine "echte" Floridsdorferin. Als der zweite Krieg sich dem Ende zuneigte, war bald klar, dass russische Verbände in unsere Gegend kommen würden. Ihre Angst vor Vergewaltigung war groß, auch wenn sie bereits einen 11jährigen Sohn hatte. Anscheinend ging alles gut. Jedenfalls erzählte sie, dass die Russen, die in ihre Wohnung kamen, in erster Linie etwas zu essen und Uhra, Uhra – also Uhren - haben wollten. Dennoch hieß es vorsichtig zu sein und sich auf jeden Fall entsprechend zu kleiden.

Wie schnell die Angst aber wieder kommen konnte, lernte ich als 9jähriges Mädchen:
Ich spielte gerade im Hof vor der Wohnung, als im Radio berichtet wurde, dass Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei einmarschiert waren. Der Prager Frühling war gewaltsam beendet. Nie davor und auch nie wieder danach habe ich meine Großmutter so panisch erlebt: „Die Russen kommen, die Russen kommen – schnell in die Wohnung“. Für mich war das damals keine große Drohung – doch ich spürte ihre Angst. Schnell zog sie mich in die Wohnung, versperrte die Türen, schloss alle Fenster und wir saßen stumm vor dem Radio und hörten den Meldungen zu.

Erst als die Nachricht kam, dass die sowjetischen Truppen vor der Grenze gestoppt hatten und sie anscheinend auch nicht zu überschreiten dachten, konnte sich meine Großmutter etwas entspannen. Wachsam blieb sie aber auch in den nächsten Tagen und Wochen: „Bei den Russen weiß man nie.“
Meine Mutter
Meine Mutter, Jahrgang 1934, war sehr jung als ihre Mutter an Leukämie erkrankte und bald darauf starb. Doch Mama erzählte immer, dass sie später das Gefühl hatte, als ob ihre Mutter noch alles getan hätte, um sie auf schwere Zeiten vorzubereiten. Lebensmittel waren sowohl in den letzten Kriegsjahren als auch danach knapp. Oft musste man sich stundenlang anstellen. Obwohl vielleicht auch ihre Mutter Zeit gehabt hätte, zwang diese jedoch immer wieder ihre Tochter sich anzustellen und nur ja nicht ohne „Beute“ nach Hause zu kommen.

Eines Tages hatte sie zwar die geforderten Lebensmittel mitgebracht, doch es stellte sich heraus, dass ihr der Verkäufer zu wenig Geld herausgegeben hatte. Obwohl sie weinte und sich zuerst weigerte noch einmal in das Geschäft zurückzugehen – es half nichts: Sie musste zurück und die fehlende Summe einfordern. „Erst gehst du -und du schaffst das schon“, verlangte ihre Mutter.
Meine Mama blieb ihr Leben lang der „Buchhalter“ unserer Familie (und später auch im Beruf), der jeden Groschen umdrehte und kein zirka oder ungefähr in Gelddingen akzeptierte. Sie war nicht geizig, aber sie wollte genau wissen, wofür und warum jeder Groschen (und dann Cent) verwendet wurde.
Mein Großonkel
Er war der jüngste Bruder meiner Großmutter und muss in jungen Jahren ein sehr fescher Mann gewesen sein. Auch im Alter hatte er noch ein tolles Charisma, war charmant und humorvoll.

Während der Dollfuss-Diktatur waren er und auch seine Brüder (alle außer meiner Großmutter, wenn ich die Erzählungen richtig interpretiere) entweder bei den Sozialisten oder den Kommunisten engagiert. Auf jeden Fall wurden beide Parteien schließlich verboten, einige der Brüder mussten nach dem Februaraufstand fliehen. Franzi, so hieß er, musste ins Gefängnis und saß dort mit einem „Feind“ aus der Heimwehr in der gleichen Zelle. Anscheinend begann dieser sofort einen Streit über die politische Lage, den mein Großonkel mit den Worten beendete: „Es wird Zeit, dass du die richtigen Feinde erkennst, das sind nicht die Kummerln (Kommunisten) oder die Sozis (Sozialisten), des san die Nazis“. Er sollte recht behalten. Zeit seines Lebens war er immer der Meinung, dass man alles „ausreden“ muss und nie mehr Österreicher auf Österreicher schießen dürfen.
Oft habe ich mir gewünscht, er wäre hier und könnte unseren beiden „Großparteien“ auch ins Gewissen reden!

Es wurde also bei uns schon auch über diese Zeit gesprochen, jedoch dass in der Hopfengasse – also mehr oder weniger ums Eck der Wohnung meiner Großmutter – eine Außenstelle des Konzentrationslagers Mauthausen war, erfuhren meine Mutter und ich erst Jahrzehnte später bei einer Ausstellung im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes.
Was dem Vater meiner Mutter im Krieg widerfahren ist, darüber wollte und konnte er nie sprechen, auch mein anderer Großvater sprach kaum über den Krieg. Wenn überhaupt, begannen die Erzählungen alle erst später und weder ich noch meine Eltern fragten nach.

Heute denke ich mir oft, dass ich gerne mehr über die Zeit gewusst hätte. Doch diese Chance ist nun vorbei. Auch wenn es heute manchen vielleicht langweilig und unsinnig vorkommen könnte, den „Alten“ zuzuhören (ja, ich weiß, sie erzählen – wie ich hier – oft ausschweifend und fade :-) ), in den meisten Fällen erkennt man oft erst später den Wert der Erzählung (auch für sich selbst) oder sie bringen einem zum Schmunzeln.

So wie ich nun immer Schmunzeln muss, wenn ich daran zurückdenke, wie meine Großmutter auch mit 80 Jahren noch begeistert erzählte, wie sie als Jugendliche mit einer Freundin hin und wieder zum „Burgmurrer“ ging. (Keine Ahnung, ob ich dieses Wort richtig schreibe oder nicht*). Oma meinte auf jeden Fall damit die Wachablöse bei der Hofburg – und manchmal, wenn man Glück hatte – konnte man auch noch einen Blick auf den Kaiser erhaschen, wenn er ausfuhr. Auch wenn sie keine Monarchistin war, aber der Glanz des Kaiserhauses hat sie schon auch beeindruckt, das konnte man aus ihren Erzählungen auch in ihrem Alter noch heraushören …
Daher fragt, fragt und hört zu. Manche Geschichten stellen sich erst viel später als gut heraus.
So – und damit wieder zurück zur Ausstellung und ihren verschiedenen Kapiteln, durch die ich euch jetzt kurz durchführen möchte.
Aufwachsen in der Diktatur | Erziehung zur Pflicht | Kinder für den „Führer“
Die ersten drei Stationen widmen sich der Zeit vor und während der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten. In den 1930er herrschte Not und große politische Machtkämpfe, die auch in Österreich in eine Diktatur führen. Zuerst entsteht unter der Führung von Dollfuß der Ständestaat, alle anderen Parteien werden verboten, doch 1938 marschiert Hitler unter dem Jubel eines großen Teils der Bevölkerung in Österreich ein.

In Verbände wie die Hitlerjugend und der Bund Deutscher Mädchen, aber auch in den Schulen werden die Kinder und Jugendliche auf die nationalsozialistische Weltanschauung getrimmt. Das Ziel: geistige und körperliche Ertüchtigung für den Kampf und bedingungsloser Glaube an den Nationalsozialismus und den Führer. Kritisches Denken ist unerwünscht.

Jüdische oder Regimekritische LehrerInnen werden ebenso von den Schulen verbannt wie jüdische Schüler und Schülerinnen.
Die Familie mit dem arischen Mann als Oberhaupt hat zentrale Bedeutung und steht im Dienst der Rassenlehre. Ziel ist es möglichst viele Kinder in die Welt zu setzen, um den drohenden Untergang des „deutschen Volkes zu verhindern. Unterstützung erhalten nur jene die den Vorgaben entsprechen. Menschen, die als krank oder beeinträchtigt gelten, werden zwangssterilisiert und systematisch ermordet.
Die nächsten Kapitel beschäftigen sich mit der Zeit im Krieg:
Alltag im Krieg | Schutzlos | Verfolgt und Vernichtet | Mutige Jugend | Die Front kommt näher | Der Krieg geht zu Ende |Befreiung und Besatzung
Mit dem Überfall auf Polen im September 1939 löst Hitler den Zweiten Weltkrieg aus. Die Kriegsmaschinerie beginnt anzulaufen. Die Einfuhr von Nahrungsmittel und Rohstoffen wird von den Alliierten blockiert, Militär und Waffenproduktion wird bei Zuteilungen bevorzugt, bald macht sich ein Mangel an Lebensmittel und Alltagsgütern, besonders in den Städten, breit. Väter und ältere Jugendliche werden immer stärker für kriegerische Auseinandersetzungen oder Arbeitseinsatz herangezogen und bald müssen auch Mädchen zunehmend an der „Heimatfront“ arbeiten.

Wer nicht in das nationalsozialistische Weltbild der Nationalsozialisten passt, verliert schrittweise sein Recht auf Würde, Freiheit und sein Leben. Das NS-Regime schürt Vorurteile, es kommt zu Übergriffen und schließlich zur gezielten Vernichtung ganzer Bevölkerungsgruppen.

Die jüdische Bevölkerung wird ausgegrenzt, entrechtet und verfolgt. Jüdische Kinder dürfen keine „arischen“ Schulen mehr besuchen, ihr Aufenthalt in Parks oder Schwimmbädern ist verboten. Bald leben sie in der ständigen Angst vor Verhaftung und Verschleppung, viele verlassen das Land, werden von ihren Eltern getrennt.

Wer nicht flüchten kann, egal ob Kind oder Erwachsener wird zuerst in Sammelwohnungen zusammengepfercht und dann in Ghettos oder Vernichtungslager „im Osten“ deportiert.

Nur eines von zehn jüdischen Kindern im Deutschen Reich und in den besetzten oder verbündeten Ländern überlebt, in Polen nur eines von zwanzig.

Widerstand ist lebensgefährlich, wer ausländische Radiosender hört, wird hart bestraft. Wer Flugzettel mit regimekritischem Inhalt herstellt oder verteilt, muss mit der Todesstrafe rechnen.
Dennoch wagen zahllose Menschen den Widerstand gegen Hitler: SchülerInnen, Lehrlinge, Jugendliche aus Bauernfamilien, manche aus religiösen Überzeugungen, manche aus politischen Gründen – KommunistInnen, SozialistInnen, MonarchistInnen. Es wird trotz unterschiedlichen Überzeugungen zusammengearbeitet mit dem Ziel, den Krieg zu beenden.

Zuerst aber kommt die Front immer näher. Bomber greifen Städte und damit die Bevölkerung an: Heulende Sirenen und stundenlanges Ausharren in Luftschutzräumen prägt nun das Leben in den Städten. Viele Kinder werden von ihren Eltern getrennt und aufs Land gebracht, um den Luftangriffen zu entkommen. Gleichzeitig werden Jugendliche in der Endphase sogar bei der Luftabwehr auf den Flaktürmen in Wien eingesetzt.

Als sich die sowjetische Armee nähert, fliehen Hunderttausende in Richtung Westen. Das Leben in ständiger Angst sowie die Erfahrung von Zerstörung und Verlust hinterlassen bei vielen tiefe seelische Wunden, die bis heute nachwirken.
Im Herbst 1944 ist der Krieg für das Deutsche Reich verloren, dennoch müssen alle „Männer“ ab 16 Jahren noch an die Front. Der Terror wird verstärkt, in den letzten Monaten sterben noch unzählige Menschen bei Todesmärschen, Massakern, Menschenjagden und anderen Gräueltaten. Einige Nazis töten ihre eigenen Kinder.

Doch auch der Vormarsch der alliierten Truppen ist von Gewalt gegen die Zivilbevölkerung begleitet, viele Mädchen werden vergewaltigt.
Kinder und Jugendliche finden sich unter den TäterInnen ebenso wie unter den Opfern. Millionen von ihnen werden getötet, verletzt, verlieren ihre Eltern oder werden von ihnen getrennt und haben kein Zuhause mehr.

Mit dem Überschreiten der Grenze im Burgenland am 29. März 1945 beginnt die Befreiung und damit die alliierte Besatzung des Landes. Österreich und Wien sind ab dem Sommer in vier Besatzungszonen geteilt, gerade in der ersten Zeit sind die ausländischen Truppen allgegenwärtig. Ihre Unterbringung und Versorgung ist eine große Herausforderung, es kommt vor allem in Ostösterreich zu Plünderungen, Vergewaltigungen und Verschleppungen, von denen auch Jugendliche betroffen sind. Gegenüber Kindern verhalten sich die Soldaten überwiegend friedlich.

Mein Vater berichtete, dass ihnen von den Amerikanern oft Schokolade und Kaugummi zugesteckt wurde und sich daher die „Besatzer“ bei ihm und seinen Freunden großer Beliebtheit erfreuten. Später war es vor allem die Musik (Benny Goodman, Louis Armstrong), die ihn als Jugendlichen beeindruckte und die er sein Leben lang schätzte.

Viele Kinder wurden allerdings von ihren Eltern getrennt, oft durch Gräueltaten, auf der Flucht oder bei Bombenangriffen für immer. Zehntausende Kinder wurden aber auch aus besetzten Gebieten in s Deutsche Reich verschleppt, oft zu klein um ihren vollen Namen, ihr Geburtsdatum oder ihre Herkunft zu kennen. Oft erfahre sie erst als Erwachsenen von ihrem wirklichen Schicksal.
Sie gehören zu den Millionen „Displaced Persons“, die durch den Krieg heimatlos geworden sind.
Die restlichen Abschnitte beschäftigen sich mit den Jahren nach dem Krieg und dem Wiederaufbau:
Im Zeichen des Mangels | Zertrümmerte Familien | Aufschwung mit Hindernissen | Zaghafter Aufbruch | Land der Kinder, zukunftsreich
Nach dem Ende des Krieges herrscht besonders in den Städten Not und Hunger, besonders Kinder und Jugendliche leiden unter den Mangelernährung. Tausch- und Schleichhandel steht an der Tagesordnung, um das Überleben zu sichern. Es fehlt an allen Ecken und Enden.

Organisationen und Vereine organisieren Verschickungen der Kinder ins Ausland, wo sie sich erholen sollten.
Erst in den frühen 1950er Jahren setzt wieder der wirtschaftliche Aufschwung ein, nicht zuletzt dank des Marshallplans, eines US-Hilfsprogramm für den Wiederaufbau europäischer Länder. Die Versorgungslage verbessert sich.
Viele Kinder müssen ohne Väter aufwachsen. Millionen Männer sind gefallen oder wurden ermordet, sind in Kriegsgefangenschaft oder gelten als vermisst. Und auch wenn die Väter zurückkehren, sind sich Kinder und Väter oft fremd, die Männer von ihren Erlebnissen gezeichnet. Viele Kinder und Jugendliche wachsen ohne existenzielle und emotionale Sicherheit auf, Vorbilder und Ideale aus der Schule und der Hitlerjugend sind nicht mehr gültig. Über die Verbrechen, die ihre Eltern vielleicht begangen haben, wird nicht gesprochen.

Die wichtigsten Ziele sind der wirtschaftliche Aufbau und die Rückkehr zu einem geordneten Alltag, der Aufschwung gelingt, bald können sich die Menschen – vor allem in den Städten – wieder mehr leisten. Am Land müssen die Kinder weiterhin viel mithelfen. Fleiß und Gehorsam spielen in Stadt und Land nach wie vor eine große Rolle, aber es gibt wieder Freiräume, beim Spielen, beim Treffen mit Freunden.
Trotzdem rebellieren die Jugendlichen nicht. Sie finden wieder Anschluss bei Sport, Spiel, Gesang und Wandern in verschiedenen Organisationen, in der Kirche oder bei politischen Parteien. Erst Mitte der 1950er beginnen sie eigene Subkulturen zu entwickeln.
Mit der Unterzeichnung des Staatsvertrags am 15. Mai 1955 wird Österreich wieder ein selbständiger, unabhängiger demokratischer Staat, die Alliierten verlassen Österreich.

Das offizielle Österreich zieht einen Schlussstrich unter seine „Kriegsvergangenheit“ und inszeniert sich als erstes Opfer des Deutsche Reiches. Im Schulunterricht wird die Kriegszeit ausgeklammert und erst wieder die Nachkriegszeit als Erfolgsstory für den Wiederaufbau vermittelt. Ein neuer Nationalstolz entwickelt sich, der allerdings mit Verdrängung und Schweigen aufgebaut wird.
Mein Tipp: Schaut euch die Ausstellung an und hört den Zeitzeugen zu. Sprecht mit euren Eltern und Großeltern, solange es noch möglich ist …
Das Museum ist Dienstag bis Sonntag von 9:00 bis 17:00 Uhr geöffnet, Montag (außer an Feiertagen) ist das Museum geschlossen.
Letzter Tipp: Wenn ihr die Ausstellung besucht und noch etwas Zeit habt, schaut auch im Haus für Natur vorbei. Die Sonderausstellung Tiere der Nacht ist ebenfalls sehenswert.
*) Lt. Google stimmt das sogar: In Wien zur Zeit der Monarchie wurde die Wachablöse in der Hofburg auch als "Burgmurrer" bezeichnet. Der Begriff "Murren" bezieht sich auf den tiefen Ton eines Musikinstruments, der während der Wachablöse, begleitet von einer Musikkapelle, erklingt.
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