Das Museum Retz im ehemaligen Bürgerspital zeigt in seiner neuen Sonderausstellung neueste Erkenntnisse über die Retzer Stadtburg und über ihre Zeit.
Retz ist eine wunderschöne Stadt mit einer großen Geschichte. Im ehemaligen Bürgerspital kann man nun bei einer interessanten Sonderausstellung mehr über die Anfänge erfahren.
Bereits um 1180 wird eine dörfliche Siedlung an der Stelle der heutigen „Altstadt“ erwähnt. Zur planmäßigen Gründung der Stadt kommt es 1280 unter Berthold von Rabenswalde-Hardegg und seiner Frau Wilbirg. Der Ort war wohl gewählt, denn man errichtete die Stadt an der Kreuzung wichtiger Handelsstraßen. Berthold und Wilbirg bauten auch die Burg, die Stadtbefestigung sowie das Dominikanerkloster, in dessen Kirche sie auch begraben liegen.
Wilbirg und Berthold
Die Ausstellung beschäftigt sich nicht nur mit den Bauwerken, sondern auch mit dem Personen, die dieses Bauwerk verantworteten, wobei mir gerade die Lebensgeschichte von Wilbirg oder Wilbirgis interessant scheint. Wilbirg wurde als einzige Tochter von Ulrich VI., Grafen von Helfenstein und Wilburg von Dillingen in der Mitte des 13. Jahrhunderts geboren.
Sie war dreimal verheiratet. Ihr erster Gatte Graf Otto II. von Plain-Hardegg, dessen Familie zu den mächtigsten Adeligen in Böhmen zählte, starb mit seinem Bruder bei einer Schlacht gegen die Ungarn. Da Otto seine Frau als alleinige Erbin des gesamten Hardegger Familienbesitz eingesetzt hatte und dies auch königlich mittels Urkunde bestätigt wurde, übernahm Wilbirg die Herrschaft über die Besitzungen.
1261 heiratet Wilbirg erneut: Burggraf Heinrich von Dewin. Er übernimmt zwar den Titel, aber nicht den Besitz und nennt sich ab 1262 Heinrich von Hardegg. Doch auch diese Ehe bleibt kinderlos und Heinrich stirbt 1270.
1277 heiratet Wilbirg wieder: Graf Berthold von Rabenswalde aus Thüringen, einen Gefolgsmann von Rudolf von Habsburg. Anfänglich werden ihm der Hardegger Grafentitel und Teile des Besitzes vom Schwager des ersten Ehemannes seiner Frau streitig gemacht, doch Berthold und Wilbirg gewinnen den Erbschaftsstreit.
Beide haben wirtschaftlich eine glückliche Hand, sie gründen die Stadt Retz und machen sie zum politischen und wirtschaftlichen Zentrum der Region. Retz liegt verkehrstechnisch günstiger als der damalige Residenzort Hardegg. Mit der Stadtgründung werden auch viele Ämter in die neue Stadt verlegt. Durch die Gründung des Dominikanerklosters wird auch ein neues geistiges Zentrum geschaffen.
Berthold von Rabenswalde wird Mitglied des Hochadels und sitzt im landesfürstlichen Rat von König Rudolf. Doch auch diese Ehe bleibt ohne Nachkommen, Berthold stirbt 1312. Nach seinem Tod übernimmt der Großneffe von Wilbirg, Berthold I. von Maidburg Teile des Besitzes, nach dem Tode von Wilbirg geht das gesamte Vermögen an ihn.
Wirbig überlebt ihren dritten Ehemann um zwei Jahre.
Retz zur Zeit der Stadtburg
In der Sonderausstellung wird nicht nur auf das Leben der Beiden eingegangen, sondern der Besucher erfährt viel über ihre Zeit, über die Stellung und das Leben der Frau im Mittelalter, und wie die Habsburger darauf Einfluss genommen haben. Interessant sind auch die Forschungen, die gemeinsam mit dem Naturhistorischen Museum in Wien unternommen wurden und auf Grunde der unterschiedlichen Knochenfunde nicht nur nachweisen konnten, welche Tiere damals in der Gegend lebten, sondern auch welche gegessen wurden und welche auch zu Arbeiten eingesetzt wurden. Interessant dabei ist zu erfahren, dass bei den Ausgrabungen keine Pferdeknochen gefunden wurden.
Natürlich wird auf den Weinbau eingegangen, der bereits seit frühester Zeit (die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem „Geraser Stiftungsbrief“ um 1155) eine wichtige Säule des Reichtums der Stadt, neben dem Markt- und Handelsprivilegien für den großen Reichtum der Stadt sorgte.
Die Stadtburg
Die Stadtburg entstand in den westlichen Ecken der Befestigungsanlage, doch 1425 wurde sie bei einem Einfall der Hussiten in die Stadt zerstört und anschließend zum Meierhof der Herrschaft umfunktioniert. Ab dem späten 15. Jahrhundert wird das Areal als Altenhof oder Althof bezeichnet, der aber auch etliche Male umgebaut wird und verschiedene Funktionen im Laufe der Zeit erfüllt.
So werden nach dem Dreißigjährigen Krieg die Arkaden und Kellerhallen neu gebaut, auch ein Kerker wird eingerichtet. 1828 trägt man den südlichen Teil der westlichen Ringmauer ab und errichtet aus den Steinen einen Schafstall und eine Schafmeisterwohnung.
In den 1980er Jahren wurde auf dem Burggelände das Hotel Althof errichtet, dabei und beim Bau der Tiefgarage stieß man auf viele Gegenstände, die weiteren Aufschluss in die Forschung der Stadtburg und deren Zeit gaben und die nunmehrige Sonderausstellung möglich machten.
Wenn ihr also in Retz Urlaub macht, wandert nicht nur über den wunderschönen Hauptplatz und besucht den Erlebniskeller, sondern macht auch einen Abstecher zur Windmühle und ins Museum Retz. Es lohnt sich.
Das Museum ist Freitag, Samstag, Sonntag und Feiertag jeweils von 13:00 bis 17:00 Uhr von Karsamstag bis zum Nationalfeiertag am 26.Oktober geöffnet. In der Winterpause vom 27. Oktober bis inklusive Karfreitag ist das Museum geschlossen.
Gruppen können das Museum nach rechtzeitiger Voranmeldung unter
All jene, die nicht mit dem Auto anreisen wollen, erreichen Retz auch öffentlich mit dem Zug von Wien Richtung Retz/Znojmo. Vom Bahnhof Retz bis zum Museum braucht man zu Fuß ungefähr 10 Minuten.
Mehr über die Stadt Retz und ihre Sehenswürdigkeiten findet ihr hier auf ask-enrico.
Informationen über das Weinviertel gibt es hier: www.weinviertel.at
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