Die neue Ausstellung im Arnulf Rainer Museum im ehemaligen Frauenbad in Baden zeigt in seiner Jahresausstellung bis 12.2.2023 noch nie gezeigte Werkzyklen der 1980er und 1990er Jahre von Arnulf Rainer.
Die Kurstadt Baden hat einiges an Sehenswürdigkeiten und Kultur zu bieten. Dennoch hatten mich meine Besuche bis dato noch nie ins ehemalige Frauenbad geführt. Ein Fehler, wie ich gleich zu Beginn vermelden möchte.
Mit der Ankündigung einer neuen Ausstellung von Arnulf Rainer war mein Interesse geweckt und auch ein Grund mehr gegeben, wieder einmal nach Baden zu reisen. Leider hatte ich die umweltschädliche Variante – das Auto – gewählt, was ich in Zukunft unterlassen werde. Schließlich kann man mit der Badner Bahn von der Oper in Wien bis zur Endstation Baden gemütlich fahren und braucht dann nur mehr über eine kleine Straße zum Eingang des Museums zu gehen. Perfekter kann es nicht sein. Die Autofahrt und Parkplatzsuche vor Ort ist auf jeden Fall umständlicher.
Daher gleich zu Beginn mein Tipp: Wenn ihr aus Wien kommt, wählt die Badner Bahn (Den Fahrplan gibt es hier zum Downloaden).
Doch nun zum Frauenbad und der Ausstellung
Natürlich kannte ich das Gebäude von außen und bin auch an dem eindrucksvollen Bauwerk schon das eine oder andere Mal vorbeispaziert, aber noch nie hatte ich das Innere besucht. So hatte ich wirklich etwas verpasst und dieser Ausflug nach Baden wurde für mich in zweifacher Hinsicht ein voller Erfolg. Erstens konnte ich die neue Ausstellung von Arnulf Rainer besuchen und zweitens das Frauenbad von Innen besehen. Beides sollte man unbedingt.
Das Frauenbad
Wer sich für die Geschichte des Bades und des Gebäudes interessiert, kann dies hier nachlesen. Mich jedenfalls beeindruckt das Bauwerk außen wie Innen. Mächtig steht es vis à vis der Endstation der Badner Bahn und dominiert mit seinen Säulen der klassizistischen Bauweise den Platz. Wer sich ins Innere wagt, wird von weiterer Schönheit belohnt.
An der Kassa vorbei geht es zum ersten Raum, der gleich mit seiner wunderbaren, Licht spendenden Decke und seinen Verzierungen beeindruckt.
Von hier aus ging es früher in die verschiedenen Bäder, die man nun in Ausstellungsräume verwandelt hat, aber noch ihre ursprüngliche Funktion zeigt. Ich weiß anfänglich gar nicht, wohin ich schauen soll, auf die Bilder oder die ehemaligen Wannen, Umziehkabinen oder Heizöfen. Genial, die Räume in ihrer ursprünglichen Schönheit zu lassen und nun für die Ausstellung zu nutzen.
Rosa Rot Himmel Blau
Ich denke Arnulf Rainer brauche ich hier meinen geschätzten LeserInnen nicht näher vorstellen. Dennoch könnte es sein, dass viele von euch seine dunklen, schwarzen Übermalungen im Kopf haben und sich keiner Farbenfreudigkeit entsinnen können.
Doch Rainer hat bereits in den 1950er und 1960er Jahren auch Übermalungen in Rot, Blau, Grün und Weiß geschaffen und auch in seiner Hand- und Fingermalerei in den 1970er und 1980er Jahren setzte der Künstler Farbei ein. Gegen Ende der 1980er Jahre wechselte er dann von der Ölfarbe zu wasserlöslichen Lein- und Acrylfarben, die er auf großen stehenden Bildtafeln mit breiten Pinseln auftragen kann, fließend und überlagernd. Die Farbe nimmt im Werk des Künstlers an Bedeutung zu.
Rainer beginnt sich mit auch heute aktuellen Themen zu beschäftigen: der Natur, dem Kosmos und der Schöpfung. Er beginnt 1983 mit der Serie „Botanika“ für die er Pflanzenabbildungen aus illustrierten Büchern des 18. und 19. Jahrhunderts verwendet. Wer die Bilder genau betrachtet, kann noch das eine oder andere zart abgebildete Pflänzchen unter der Übermalung erkennen. Auch Schultafeln von bebauter und unbebauter Natur dienen als Ausgangspunkt der Übermalungen.
In den 1990er Jahren wendet sich Rainer den Themen der Schöpfung und des Kosmos zu. Es entstehen die Serien „Engelsbilder“, „Geologica“, „Blattmalerei“ sowie die umfassende Serie der „Kosmosbilder“. Beim Betrachten der – im Vergleich zu den anderen Werken – kleinen Engelsbilder war ich ebenso fasziniert wie bei den Werken der Serie „Goya“. Wenn man die Bilder lange genug betrachtet, kann man immer wieder neue Engelformationen oder (fast) andere Gesichtsausdrücke erkennen. Fast scheint es, man hätte es mit faszinierenden „Klappbildern“ zu tun, die allerdings nicht nur einmal unterschiedliche Bilder zeigen, sondern immer wieder neue Variationen hervorbringen.
Bei den „Kosmosbildern“ greift der Künstler thematisch auf seine naturwissenschaftlichen Studien der 1980er Jahre zurück: Botanische Gewebestrukturen und Wurzelformationen werden im Mikrokosmos vergrößert gezeigt, während er im Makrokosmos einen Blick ins Weltall mit Darstellungen von Sternkonstellationen und Himmelsstrukturen wirft.
Rainer verwendet unterschiedlichste Materialien und Bearbeitungsmethoden, die Bilder sind gefräst, geritzt und durchlöchert, manchmal wird Spachtelmasse den pastosen Farbschichten hinzugefügt. Metallsilhouetten mit Engelsmotiven und Sternen, aber auch Seidenblätter und Stoffblumen werden manchmal mit appliziert.
In den ehemaligen Umziehkabinen sind existentielle Werke aus der Serie „Goya“ ausgestellt. Es scheint fast, als hätte jede der Persönlichkeiten – manchmal sind es auch zwei – eine Kabine in Besitz genommen. Als Besucher steht man davor und fühlt sich fast wie ein „Spechtler“ (geheimer Beobachter), der Persönlichkeit in der Kabine.
Absolut sehenswert. Ich bin mehrere Male durch die Räumlichkeiten gegangen und habe immer wieder Neues entdeckt. In den Bildern und in den Räumen. Manchmal ist es wie Kopfkino. Man sitzt auf einer Bank im Bad und wartet eigentlich auf das leise Plätschern des Wassers und das Knistern von Holz im Ofen. Und betrachtet dazu Bilder, die uns ins Universum – nah oder fern – einladen.
Schön.
Das Arnulf Rainer Museum ist Dienstag bis Sonntag, jeweils von 10:00 bis 17:00 Uhr geöffnet.
AutorIn des Artikels: