Eine ganz besondere Gegenüberstellung präsentiert das Arnulf Rainer Museum derzeit in Baden (Ausstellungsansicht: Arnulf Rainer & Art Brut, Arnulf Rainer Museum, Baden bei Wien, Foto © Cedrick Kollerics)
Arnulf Rainer war einer der Ersten, der sich für Art Brut und die Künstler aus Gugging interessierte und auch viele ihrer Werke sammelte.

Vom Surrealismus kommend entdeckte er die Art Brut und besuchte einige auch immer wieder in ihrer Wirkungsstätte, um mit ihnen zu arbeiten. Er hat ihre Werke bewundert, sie übermalt, sie gesammelt.

Daher war eine Ausstellung, die seine Werke in Konfrontation mit den Malern aus Gugging, wie Johann Hauser, Oswald Tschirtner oder August Walla zeigt, wahrscheinlich auch nur eine Frage der Zeit.

Möglich wurde sie unter anderem durch die Schenkung eines Teiles der Sammlung von Helmut Zambo an die Landessammlungen Niederösterreich, die im letzten Jahr erfolgte. Zambo, ein international renommierter Kunstsammler, begleitete Arnulf Rainers künstlerische Laufbahn über Jahrzehnte hinweg und wurde durch seine enge Verbindung zu Rainer auch auf die Künstler aus Gugging aufmerksam.

Nun hat Helmut Zambo gemeinsam mit Nikolaus Kratzer diese Ausstellung kuratiert und damit auch seine ganze Begeisterung und sein Wissen über die Künstler und deren Werke eingebracht. Wenn Zambo über seine Begegnungen mit Rainer oder aber auch mit den „Guggingern“ spricht, ist es ein Vergnügen ihm zuzuhören. Auch seine „Expertise“ über die Hängung der Ausstellung „wir haben die Bilder geworfen“ ist einmalig und doch führt sie den Besucher wunderbar durch die Ausstellung.

Auch die die Einladung an das Publikum, doch immer zuerst die Bilder anzusehen und sie auf sich wirken zu lassen, denn schließlich sei es das Wichtigste, das Bild emotional zu erfassen, und erst danach zu lesen, was es bedeutet, kann ich nur unterstreichen und hat mich sehr gefreut. Manchmal findet man sowieso nur den Text „Ohne Titel“ und viele Künstler möchten auch die Interpretation dem Betrachter überlassen. Oft schon habe ich mich bei sehr gescheiten, aber schrecklich komplizierten und verwinkelten Erklärungsversuchen mancher Experten gefragt, ob diese Interpretation der Künstler auch so sieht oder sehen würde.
Doch nun zur Ausstellung
Arnulf Rainer beschäftigte sich bereits in der Nachkriegszeit mit der Art Brut. Der Begriff stammt von Jean Dubuffet, der ihn 1945prägte und damit einen radikalen Gegenentwurf zum etablierten und auf Kommerz gepolten Kunstbetrieb schuf. Art Brut steht für die Kunst von Autodidakten, die abseits des Marktes und ohne Bezug zu künstlerischen Traditionen geschaffen wird.

Ein Buch von Leo Navratil „Schizophrenie und Kunst“ beeindruckt Rainer sehr und führt ihn nach Gugging und zur intensiven Beschäftigung mit Art Brut ab den 1960er Jahren. Er besucht psychiatrische Kliniken und ist von der Authentizität, Unmittelbarkeit und dem Erfindungsreichtum fasziniert.

Foto: Landessammlungen NÖ Beschreibung Werkabbildung: Arnulf Rainer, Profil (LSD Arbeit), 1967
Seine Zeichenexperimente an der Universitätsklinik von Lausanne unter dem Einfluss von LSD und anderen halluzinogenen Drogen entstehen. Er mal mit bloßen Händen seine expressiven Ölbilder oder überarbeitet Grimassenfotos von sich selbst. Es entstehen die für ihn typischen Übermalungen von Fotos des eigenen Körpers sowie von Bildern alter Meister.

In den 1970ern entstehen seine Art-Brut-Hommagen, bei denen er Bilder von Künstlern wie Johann Hauser, Jean Dubuffet, Antonin Artaud oder Friedrich Schröder-Sonnenstern übermalt, nicht um sie zu verändern, sondern um in einen künstlerischen Dialog zu treten.
1984 entstehen bei einer direkten Zusammenarbeit drei Zeichnungen: zwei mit Fritz Koller und eine mit Johann Hauser, den Rainer über alles schätzte.

1994 geht die Zusammenarbeit weiter, die in 58 gegenseitigen Übermalungen gipfelt: Rainer überarbeitet 27 Druckgrafiken. Johann Fischer, Johann Garber, Johann Hauser, Franz Kamlander, Franz Kernbeis, Johann Korec, Oswald Tschirtner und August Walla übermalen insgesamt 31 Druckgrafiken und Plakate von Arnulf Rainer.

In der Ausstellung findet ihr Werke von Arnulf Rainer, Johann Garber, Johann Hauser, Margarethe Held, Rudolf Horacek, Fritz Koller, Hans Krüsi, Rudolf Liemberger, Michael Nedjar, Philipp Schöpke, Friedrich Schröder-Sonnenstern, volkmar Schulz-Rumpold, Sava Sekulić, Oswald Tschirtner, august Walla und Adolf Wölfli, sowie Gemeinschaftsarbeiten von Rainer mit Koller und Hauser.

Als große Entdeckung gelten die Zeichnungen von Max (Rudolf Liemberger), die nun bei der Aufarbeitung des Vorlasses von Leo Navratil entdeckt wurden und erstmals ausgestellt werden.

Mich wiederum haben die Gegenüberstellung der Bilder von August Walla und Arnulf Rainer ebenso sehr beeindruckt, wie auch die „Mumien“ von Arnulf Rainer und der dazu gezeigte „Neusiedlersee“ von Oswald Tschirtner.

Oder das Gemeinschaftsbild der Gugginger Künstler, mit dem sie anscheinend Leo Navratil zu seinem Geburtstag gratulierten.
Aber auch der eigene Kosmos und die Farbenfreudigkeit der Bilder August Wallas und Johann Hausners, die Übermalung von Rainer der Messerschmidt-Köpfe, seine Finger-Übermalungen, die internationalen Art Brut Künstler im Obergeschoss – es ist einfach schön durch die Ausstellung zu gehen und die Bilder auf sich wirken zu lassen. Sich selbst und den Werken Zeit zu geben, um sie in sich aufnehmen zu können.

Mich haben die Begegnungen gefreut – und auch die Bekanntschaft (zumindest als „Vortragenden“) von Helmut Zambo gemacht zu haben. Seinen Erzählungen und Erinnerungen hätte ich locker noch weiteren Stunden zuhören können.

Zur Ausstellung gibt es ein vielfältiges Rahmenprogramm, das ihr unter https://www.arnulf-rainer-museum.at/de/aktuelle-ausstellung finden könnt.

Das Arnulf Rainer Museum ist Dienstag bis Sonntag von 10:00 bis 17:00 Uhr geöffnet, so ein Feiertag auf einen Montag fällt, ist das Museum auch montags geöffnet.
Anreisetipp: In Baden sind die Parkplätze rar bzw. sind sie nur in Parkhäusern vorhanden. Von Wien aus ist daher die Anreise mit der Badner Bahn empfehlenswert, deren Endstation genau gegenüber dem Museum liegt.
Tipp: Während der Ausstellung gibt es eine Aktion in Verbindung mit dem museum gugging: Mit einem Ticket des museum gugging erhaltet ihr 50% Ermäßigung auf den Eintritt ins Arnulf Rainer Museum – und umgekehrt.
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