Es ist ein Gedankenexperiment, das Christina Gegenbauer und donhofer. vom 26.-29.5. 2016 in Karlstetten umsetzen. Was zeichnet eine Großstadt aus? Und wie würde es sich anfühlen, wenn das in Karlstetten passieren würde?
Beim Projekt des Viertelfestivals Niederösterreich 2016 scheint es, als hätte man an alles gedacht: Selbst ein Reiseführer wurde zur Besuch der „Großstadt" Karlopolis ausgegeben. Schließlich ist es ja auch wichtig alle Sehenswürdigkeiten zu sehen und ein bisschen mehr darüber zu erfahren…
Wie es aussieht, kamen die „Touristen" in Scharen …
Mit den Kunstinstallationen sollten aber nicht nur die Touristen, sondern auch die Einheimischen angesprochen werden, um mit Neugierde und Fantasie ihre Metropole zu erkunden. Wie könnte Urban Gardening aussehen? Wie würden Hochhäuser in Karlstetten aussehen? Ist mein/unser Haus auf der Luftaufnahme zu finden? Können sich Einwohner und Menschen der Umgebung wirklich einen Stau in Karlstetten vorstellen, wie er täglich auf der Südost-Tangente in Wien herrscht? Auch über die Frage der Anonymität der Großstadt versus der Verbundenheit im kleinen Ort kann nachgedacht werden.
Gegenbauer & donhofer. bieten eine Vielzahl an Denkanstößen. Am markantesten ist für den Außenstehenden wahrscheinlich die 140 Meter lange Graffiti-Wall neben dem Alten Friedhof, die von den Schülern der Neuen Mittelschule Karlstetten gestaltet wurde.
Hier sind wirklich einige tolle Zeichnungen dabei und ich hoffe, dass sich alle schon jetzt den Kopf über die „Nachnutzung" zerbrochen haben – es wäre schade, wenn dieses tolle Stück verloren geht.
Doch was gab es noch alles:
Schon bei der Einfahrt fällt das Ortschild „Karlopolis" auf und ein kleines Verkehrsschild, dass vor dem Stau warnt, der in dieser Großstadt in der täglichen Rush Hour (wenn auch nur mit Spielzeugautos) auftritt.
Ob bei Geschwindigkeitsübertretungen auch tatsächlich (wie im Reiseführer gewarnt wird) Strafmandate verhängt wurden, kann ich nicht sagen. Mich hat die Verkehrsüberwachung jedenfalls nicht erwischt.
Auf jeden Fall ist es auch in Karlopolis besser die Öffis zu nutzen, schließlich wurde in Windeseile eine U-Bahn installiert und Parkplätze sind rar. Auch hier ist man ganz Großstadt: Vor Taschendieben wird gewarnt.
Am Hauptplatz (Schlossplatz) gibt es die Touristinformation, bei der die Reiseführer ausgegeben werden, man sich den einen oder anderen Besichtigungstipp abholen oder sich einer Stadtführung anschließen kann.
Und schon geht's auf zum Rundgang:
Kommt mit in die Green City, haltet eine Rede am Speakers Corner, nehmt an einer Demo teil, freut euch auf Straßenkonzerte oder werdet einmal zum Sprayer und füllt die weißen Flecken der Graffiti-Wall. In Karlopolis ist das alles erlaubt.
Spendet Sie Sebi, dem bettelnden Stadtoriginal doch ein paar Cent und werft einen Blick ins städtische Freudenhaus, selbst Drogen werden in den dunklen Ecken von Karlopolis angeboten – also Vorsicht.
So eine Stadtbesichtigung macht natürlich hungrig und durstig. Am besten man kehrt dann beim Gasthaus Sveti ein, dessen Speisekarte diesmal ganz auf die Geschmäcker der Städter abgestimmt ist: von Maki über Frühlingrollen bis zu Chilli con Carne, Geröstete Mopane Raupen und Baklava ist alles und mehr im Angebot, ganz wie es beliebt.
Filmvorführungen, Lesungen, Partys und Konzerte runden das Angebot des Projektes bis Sonntag ab, danach wird Karlopolis wieder zur Ortschaft Karlstetten. .
Wobei es mich nicht wundern würde, wenn die Gemeinde auch nächstes Jahr wieder gerne für ein Wochenende zur Großstadt werden würde. Ich bin mir sicher, dass Gegenbauer & donhofer. noch genügend kreative Ideen für die Umsetzung hätten.
Wer den Ausflug am Wochenende nach Karlopolis verpasst hat und noch ein paar Eindrücke sehen möchte, hatte auf der Website www.ilovekarlopolis.com die Möglichkeit. Leider ist die Website allerdings nicht mehr online.
Ein gelungenes Projekt des Viertelfestivals Niederösterreich von Gegenbauer & donhofer., von beiden würde ich gerne noch mehr sehen...
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