Das war die Buch Wien 2025
Eine meiner Lieblingsmessen ging gestern zu Ende. Hier ein Bericht mit kleinen Ausschnitten und Buchtipps für die kommende Schlechtwetterperiode …
Wer gerne liest, aber auch Interesse hat, interessanten Gesprächen zu lauschen oder seinem Lieblingsautor einmal live zu begegnen, der ist auf der Buch Wien richtig.

Ich schaffe es zwar selten, an allen Tagen die Messe zu besuchen und alle interessanten Vorträge zu besuchen, aber es ist für mich immer wieder ein Erlebnis. Oft eile ich von Event zu Event und oft genug überschneiden sich Auftritte, die ich gerne gehört hätte.

Immerhin habe ich es heuer zumindest drei Mal auf die Messe geschafft, wenn auch nicht zu allen Gesprächen, die ich hören wollte.
Hier findet ihr kurz meine Höhepunkte und auch einige Büchertipps.
Allgemeines zur Buchmesse 2025
Die Messe stellte sich heuer größer als je zuvor auf und es hat ihr gut getan. So wurde der Thalia Verkaufsstand und auch die Kinder- und New Adult Bühne in die Halle C übersiedelt. Das brachte Platz für alle anderen Bühnen und man konnte auch die Kindersektion weiter ausbauen, was ich sehr erfreulich finde.

Für mich überraschend war es, dass heuer weniger „vorgelesen“ wurde, sondern mehr diskutiert. Möglicherweise waren daran auch die Themen schuld: viel wurde über die Entwicklung der Demokratie, Migration, die vielfältigen Krisen unserer Zeit, Krieg in Europa, KI und Social Media gesprochen.

Für mich war es beruhigend, zu sehen, dass man auch völlig unaufgeregt und zum Teil ziemlich abgeklärt, verschiedene Positionen diskutieren konnte. Übereinstimmungen feststellen, wie auch unterschiedliche Sichtweisen erklären konnte und immer respektvoll gegenüber den anderen Teilnehmern geblieben ist. Es war schön, nach all der Aufgeregtheit des Boulevards und der Social Media Kanäle eine ausgezeichnete Gesprächskultur mitzuerleben.
Toll fand ich auch – wie schon eingangs erwähnt – dass der Bereich für Kinder und Jugendliche deutlich ausgeweitet wurde. Und dieses Verhalten wurde auch belohnt.

Nicht nur an Schultagen waren viele jugendliche Besucher zu finden, die durch die Hallen wieselten und sich mit Büchern in Ecken zurückzogen, um darin zu schmökern. Auch am Wochenende (Sonntag) war die Kinderbühne gut besetzt, zumindest beim Vortrag von Sigi Fink über seinen Regentropfen Neo …

Auffallend viele kleinere, mir unbekannte (sorry) Verlage waren heuer dabei, auch Self Publishing scheint immer mehr zum Trend zu werden. Wobei allerdings die Bühnengespräche eher von jenen bestritten wurden, die in den großen bekannten Verlagen publizieren.
Vertreten waren heuer auch wieder Aussteller religiöser Prägung, die bei mir alle immer ein wenig ein ungutes Gefühl hinterlassen.

Natürlich steht es jeden frei, für seinen Glauben zu werben und auch die entsprechende Literatur anzubieten und von Erwachsenen kann man auch erwarten, dass sie jene Angebote einschätzen und einordnen können. Da aber an den Wochentagen ganze Schulklasse zum Teil auch unbeaufsichtigt (was völlig ok ist) die Hallen stürmen, wäre mir eine größere Zurückhaltung eigentlich lieber. Andererseits könnte man natürlich dieses „Angebot“ auch für Diskussionen im anschließenden Unterricht nutzen. Vielleicht auch keine schlechte Idee …

Zwei kleine Ärgernisse möchte ich auch noch loswerden. Erstens: Es braucht – zumindest für das weibliche Publikum – mehr Toiletten. Die Schlangen waren doch immer ziemlich lang, vor allem wenn dann eine aus Reinigungsgründen zumindest teilweise geschlossen ist.

Zweitens: ich verstehe, dass Thalia zu den großen Ausstellern gehört und sie auch ihr Geschäft machen möchten. Durch die Verlegung in die „Kinder- und Jugendhalle“ hatte ihr Verkaufsstand zwar auch mehr Platz bekommen (den sie meiner Meinung nach gar nicht komplett ausgenützt haben), aber anscheinend war die Angst groß, dass Besucher die Messe verlassen könnten ohne durch den Stand zu laufen und vielleicht doch noch das eine oder andere Buch zu erstehen.

Daher wurde man als Besucher gezwungen auf jeden Fall durch die Halle C zum Ausgang zu spazieren. Wobei man dann wieder zum Ausgang zur Halle D zurückgehen musste. Wenn schon, dann könnte man doch auch eine Türe bei der Halle A öffnen. Oder aber den Verbindungsgang noch nutzen?

Ich hoffe ja, dass die Messe sich noch weiter vergrößert und dann sollte auch das kein Problem mehr sein.
Doch nun zu meinen Highlights
Meine Überraschung: Philipp Hochmair
In dieses Gespräch bin ich fast zufällig hineingestolpert. Ich kannte den Schauspieler Hochmair nur aus dem Fernsehen als Kommissar Blind, von Ausschnitten des Jedermanns aus Salzburg und einem Bericht über seinen Jedermann Reloaded. Als Salzburger Jedermann finde ich ihn hervorragend, die anderen „Begegnungen“ – naja – und als Person zu egozentrisch. Fan war ich also definitiv keiner.

Das hat sich nun geändert! Hochmair stellte seine Biografie vor, wobei es auch hier ein Gespräch über ihn, sein Leben, sein Schauspiel war. Das alles war interessant, hätte mich aber noch nicht überzeugt. Als er aber dann als Abschluss begann den Totentanz von Goethe zu deklamieren – oh mein Gott, das war schon mehr als gut.
Daher: überzeugt, ich stecke verschämt all meine Vorurteile in die Tasche, verberge sie und behaupte ab jetzt nur mehr: ein toller Schauspieler und ein Wahnsinniger seines Faches – im besten Sinne. Das muss man wahrscheinlich auch sein um dieses Niveau erreichen zu können.
Buchtipp: Philipp Hochmair, Judith Innerhofer: Hochmair, wo bist du? (Brandstätter)
Immer wieder hervorragend: Anton Zeilinger (mit Marissa Giustina)
„Verschränkte Wahrheiten“ – Das Jahr der Quantenphysik
Physik gehörte nie zu meinen Lieblingsfächern in der Schule und auch danach hielt sich mein Interesse in Grenzen. Was ich aber wahnsinnig gerne verstehen würde, ist diese „verdammte“ Quantentheorie. Und wenn ich es schon nicht so richtig „behirnen“ kann, hänge ich jedes Mal fasziniert an den Lippen unseres Nobelpreisträgers, der versucht Menschen wie mir – also komplett „Ahnungslosen“ - die Theorien näher zu bringen und zu erklären, dass es Teleportation zwar gibt, aber diese nichts mit Scotty aus Raumschiff Enterprise zu tun hat. (Was ich äußerst schade finde).

Ich könnte Anton Zeilinger stundenlang zuhören, aber so richtig versteh ich die Quantentheorie noch immer nicht
Dieses Mal hatte er eine ehemalige Studentin mitgebracht, die ebenfalls tapfer versuchte, die Theorie sowie einige Experimente zu erklären. Toll. Das Buch über „Einsteins Spuk“ musste mit, vielleicht bin ich ja jetzt bald klüger.
Buchtipp: Anton Zeilinger: Einsteins Spuk (Pantheon)
Wichtige Diskussionen
Tamara Ehs und Konrad Paul Liessmann diskutierten unter der Moderation von Gerold Riedmann vom Standard ihre durchaus unterschiedlichen Standpunkte zum Thema Demokratie unter Druck. Hoffnung in dystopischen Zeiten und zeigten, dass man verschiedene Standpunkte mit Respekt auf die Einstellung des anderen durchaus darstellen kann.

Aber auch die Unterschiede aufzeigen kann und muss. Wenn auch Liessmann die Demokratie weniger in Gefahr sieht, neige ich eher den Argumenten von Ehs zu und sehe Gefahr. Eine Diskussion, der ich gerne länger als 50 Minuten zugehört hätte. Denn spannend wird es immer erst gegen Ende dieser Gespräche.
Buchtipps: Tamara Ehs: Verteidigung der Demokratie (ÖGB Verlag), Konrad Paul Liessmann: Was nun? Eine Philosophie der Krise (Zsolnay)
Peter Bosek, Hartwig Löger, Ursula Plassnik, Christian Wehrschütz. European Voices, East Side Stories
Hier wurde wieder einmal ausführlich über den Krieg in der Ukraine gesprochen, wobei ich bei diesem Diskussionskreis eindeutig die höchste Expertise Christian Wehrschütz zubillige. Ein wenig enttäuschend fand ich Ursula Plassnik, die ich normalerweise sehr schätze, die aber außer den derzeit gängigen politischen Aussagen zu Nato und Putin ebenso wenig beitragen konnte wie Hartwig Löger, der eher über seine Versicherung und den Balkan Bescheid wusste.

Interessant waren daher später die Statements von Wehrschütz, der durch den krankheitsbedingten Ausfall von Caroline Wahl noch sein Buch Frontlinien präsentierte und von seinem Leben als Kriegsreporter berichtete.
Podcast: East Side Stories (Apple und spotify) und www.europeanvoices.eu (kostenpflichtig)
Buchtipp: Christian Wehrschütz: Frontlinien (edition a)

Weitere Buchtipps zu den schwierigen Themen von Krieg, Aufarbeitung unserer Vergangenheit, Zukunft der Demokratie:
Ayet Gundar-Goshen: Ungebetene Gäste (Kein & Aber)

Die Autorin beeindruckte mich vor allem mit einem Statement über den Gaza-Krieg, der wohl für jede bewaffnete Auseinandersetzung gilt: Erst wenn jede Partei den Schmerz, der der anderen Partei zugefügt wurde, anerkennen und mitfühlen kann, wird Friede möglich sein. Dies gilt meiner Meinung nach nicht nur für die Konflikte zwischen Gaza und Israel, zwischen der Ukraine und Russland, sondern für jeden bewaffneten Konflikt. Ihr Roman handelt zwar nicht direkt von dieser Auseinandersetzung, zeigt aber wie Vorurteile oft Handlungen bedingen und wie schwer es sein kann, dagegen vorzugehen …

Der Satz: „Man muss seine Vergangenheit kennen, um die Zukunft zu verstehen“ (oder so ähnlich) enthält für mich sehr viel Wahres, daher sollten wir uns auch als Land und als Menschen, die hier leben mit unserer Vergangenheit auseinandersetzen. Auch dafür gab es einige Anregungen, zu denen ich hier noch einige Buchtipps anführen möchte:
Martin Haidinger: … und dann wurden sie Nazis (Ueberreuter)
Kurt Bauer: Niemandsland zwischen Krieg und Frieden (Residenz Verlag)
Tarek Leitner: Augenblicke der Republik (Brandstätter Verlag)
Oliver Rathkolb: Kontrolliere Freiheit (Residenz Verlag)
Nun zu etwas unterhaltsamerer Lektüre:
Proschat Madani: Leben spielen (styriabooks)
Die Veranstaltung kann als podcast auf Radio Wien (https://sound.orf.at/collection/3185/123779/spezial-talk-von-der-buch-wien-mit-autorin-proschat-madani) „nachgehört“ werden. Es lohnt sich, es sind viele kluge Statements von Proschat Madani im Gespräch mit dabei, aber auch viel Unterhaltsames.
Michael Köhlheimer: Dornhelm (Zsolnay)
Seit ich die Sagen des klassischen Altertums als Jugendliche von Köhlheimer gelesen habe, beeindruckt er mich mit seinen Erzählungen und auch seiner „Erzählstimme“ immer wieder.

Bei der Vorstellung des Buches mit Robert Dornhelm zeigte sich dieser überrascht über die Begebenheiten, die Köhlheimer für die Biografie ausgewählt hatte.
Als Krimi-Fan dürfen Tipps für dieses Genre nicht fehlen:
Eva Rossmann: Wer fastet, stirbt länger (Folio)
Es erwarten den Leser nicht nur Kurzkrimis, sondern auch Rezepte zum Nachkochen

Marion Wiesler, Gudrun Wieser: Die Toten vom Salzberg. Historischer Kriminalroman (Buchschmiede)
Der Salzberg in Hallstatt und die Keltenzeit stehen im Moment hoch im Kurs.

Da mir der letzte Krimi aus dieser Zeit (siehe hier) gut gefallen hat und ich historische Krimis und Romane gerne lese, bin ich gespannt wie man das 19. Jahrhundert mit der Keltenzeit verbinden kann. Das Buch ging mit mir nach Hause. Ich werde berichten …
Zum Abschluss noch ein paar Tipps für die Kleinsten:

Manfred Bauer: Schleim! Eklig, nein genial. (Tessloff)
Thomas Brezina: Tiger Team (G & G)
Kristina Scharmacher-Schreiber, Christine Faust: Der kleine Luchs. Zu Hause in den Wäldern Europas (Magellan)
Viel Spaß beim Lesen …