Alexander Unzicker: Einsteins Albtraum
Unzicker beschreibt Amerikas Aufstieg und den Niedergang der Physik. Für mich ist das Buch eine Aufforderung an Europa sich wieder seiner Stärken zu besinnen.
Ein bisschen hatte ich vor der Lektüre des Buches Angst. Physik gehörte nicht gerade zu den Lieblingsfächern in meiner Schullaufbahn, ganz im Gegenteil. Das Leben Albert Einsteins, auch seine Relativitätstheorie hat mich zwar interessiert, aber die Beschäftigung damit war eher stark oberflächlicher Natur. Sollte ich dann so ein Buch überhaupt lesen?
Ich bin froh es getan zu haben. Es ist unter anderem ein Plädoyer sich europäischen Stärken zu besinnen. Nicht nur dem Nützlichen zu huldigen. Das ganze Große im Auge zu bewahren und sich – wenn die Entwicklungen auseinander laufen – auch einmal von Amerika abzukoppeln.
Ich bin eine glühende Europäerin und ich möchte hier keinesfalls Amerika-Bashing betreiben und ich denke Alexander Unzicker möchte dies in seinem Buch auch nicht. Aber es gibt eine unterschiedliche Geschichte – auch in der Forschung und ihren Ansätzen – in denen sich Europa von Amerika eben unterscheidet. Wir haben Amerika sicher viel zu verdanken, doch so ganz uneigennützig war die Hilfe der Amerikaner auch nach dem 2. Weltkrieg nicht. Dennoch würde unser Kontinent ohne ihr Eingreifen, ohne ihre Unterstützung heute ganz anders aussehen. Das ist anerkennenswert.
Man muss aber auch den Mut haben Fehlentwicklungen aufzuzeigen, wie übertriebenes Spezialistentum, das den Blick auf die Gesamtheit unmöglich macht. Karrierestreben statt Wissensdurst, Finanzierung mit Blickwinkel militärische Anwendungen, Nützlichkeit und Umsetzung statt Wissenserweiterung. All diese Punkte sind nicht per se als falsch zu beurteilen, aber wie hieß es schon bei Paracelsus, einem europäischen Gelehrten: „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift. Allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.“
Unzicker bringt nicht nur zahlreiche Zitate führender Wissenschaftler über ihre Ansichten zur Forschung. Er zeigt in seinem Buch auch auf, wie sich die Physik unter der Dominanz von Amerika verändert hat, welchen Weg sie eingeschlagen hat und was sich verändert hat. Und er zeigt auf, dass dieses Denken nicht nur in der modernen Physik vorherrscht, sondern eigentlich alle unsere Lebensbereiche durchdringt.
Es ist Zeit, darüber nachzudenken, das europäische Denken wieder in den Mittelpunkt zu stellen und selbstbewusster und vereinter Europa zu gestalten. Es wird ein langer, schwieriger Weg.
Vielleicht hilft uns dieses Buch dabei. Lesenswert. Auch für alle „Nicht-Physiker“!
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