Alena Mornštajnová: Stille Jahre
Die tschechische Republik kann sich rühmen, hervorragende SchriftstellerInnen im Land zu haben. Alena Mornštajnová ist eine davon.
Leider müssen wir dann immer warten, bis die Bücher aus dem Tschechischen übersetzt werden. Mit Hilfe von Raija Hauck war es nun so weit.
Ich möchte nicht sagen, der Roman weist einen typischen Stil auf und doch ist einigen – zumindest mir bekannten – Autorinnen der früheren kommunistischen Länder dieses, nennen wir es einmal Flair, das die Bücher ausstrahlen, zu eigen. Sie alle beschäftigen sich mit Zeiten des Kommunismus und/oder des Wandels. Selten anklagend, selten plakativ, sondern feinfühlig, still, mitfühlend und bringen dem Leser dadurch die Zeit und ihre Geschichte viel stärker und emotionaler näher als es jeder Tatsachenbericht vermag.
Alena Mornštajnová erzählt in diesem Roman parallel die Lebenswege von Vater und Tochter. Der Vater ist, ebenso wie sein Vater, überzeugter Kommunist und stellt sich ganz in den Dienst der Partei, in der er auch schnell Karriere macht. Seine Hochzeit mit Eva wird sowohl von seiner als auch ihrer Familie kritisch gesehen, ist seine Frau doch jemand, der nach Freiheit strebt und sich nicht unterordnen möchte. Ihr erstes Kind, Blanka, gerät eher nach ihrer Mutter, ist sehr musikalisch und unabhängig. Der Vater ist trotzdem sehr stolz auf sie, wenn er für sie auch lieber eine Karriere als Konzertpianistin sähe, als die der Leadsängerin in einer Band.
Als sie nach einem Auftritt der Band alkoholisiert nach Hause fährt, passiert ein Unglück. Um seine Tochter vor den rechtlichen Folgen zu schützen, nutzt nun der Vater all seine Macht in der kommunistischen Hierarchie, wohl wissend, dass dies das Ende seiner Karriere und seines Ansehens bedeutet. Die Flucht der Tochter in den Westen gelingt.
Die Eltern bleiben mit der Schmach zurück – ihr Leben ist total verändert. In dieser Zeit kommt Bohdana, ihre zweite Tochter zur Welt. Doch auch dadurch wird nichts mehr so wie es einmal war. Ihre Mutter stirbt, ihr Vater kann mit ihr nichts anfangen, ja er gibt ihr indirekt die Schuld am Tod ihrer Mutter. Bohdana schweigt, sie weigert sich zu sprechen und gilt ein bisschen als Sonderling.
Die Erzählstränge beginnen sich anzunähern, als Bohdana beginnt, sich mehr für ihre Familie zu interessieren. Auch hier stößt sie zuerst auf Unverständnis und Ablehnung bei ihrem Vater. Wird ihre Stiefmutter ihr bei der Aufklärung helfen können? Und wird sie die Geheimnisse der Familie und die Ereignisse der Vergangenheit entdecken?
Eine wunderbare einfühlsame Geschichte über vergangene Zeiten, Schuld und Liebe und die Verstrickung von Ereignissen, die Menschen schließlich zu dem machen, was wir von „außen“ sehen und manchmal nie oder erst sehr spät verstehen können.
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