Alle Jahre wieder – so auch 2024 - kommt nicht nur das Christuskind, sondern auch viele neue schöne Bücher. Gerade rechtzeitig für den Gabentisch …
Das ist allerdings nicht der einzige Grund, warum ich diese Messe so liebe. Es ist überhaupt kein Problem einen ganzen Tag auf der Buch Wien zu verbringen. Mit den vielen Lesungen, Diskussionen, der Donau Lounge und jetzt auch neu der Science Lounge kann man ohne Langeweile von einer Bühne zur nächsten schlendern – manchmal auch eilen – und den Tag genießen. Manchmal ist es sogar direkt ärgerlich, wenn zwei oder gar drei Veranstaltungen zur selben Zeit stattfinden und ich mich nicht entscheiden kann, welche ich mir nun anhören soll.
Hat man dann wirklich ein „Loch“ zwischen den einzelnen Events kann man in Ruhe von Stand zu Stand schlendern und einen Blick in viele unterschiedliche Bücher werfen, kurz einlesen oder auch einen kleinen Tratsch mit dem einen oder anderen Autor oder einer Lektorin eines Verlages halten. Wann gibt es schon solche Möglichkeiten?
Gestern war es wieder so weit. Wir waren bereits am Vormittag in der Halle D der Messe Wien angekommen und es herrschte großer Andrang. Anscheinend waren auch dieses Mal wieder einige Schulklassen mit ziemlicher Begeisterung in der Halle unterwegs. Auch das ist eine schöne Idee der Messe: Ein eigenes Areal und eine eigene Bühne für Kinder- und Jugendliteratur einzuführen. Manchmal konnte man die Begeisterung der Youngsters bis zur ORF Bühne am anderen Ende der Halle hören. Toll.
Bei unserer Ankunft war der große Zuschauerraum der Hauptbühne (ORF) auch komplett „ausverkauft“. Thomas Brezina stand auf der Bühne und erklärte gerade seinen Zuschauern, wie man bei seinem neuesten Buch die Geheimschrift entziffern könnte. Die Begeisterung der jungen Besucher war ziemlich groß und das freut doch sehr.
Wir beginnen unseren Tag mit Kickl – also nicht mit dem Leibhaftigen, sondern mit Gernot Bauer und Robert Treichler, die ein Buch über ihn geschrieben haben und nun einiges über das Buch, ihre Recherchen und sein Leben verraten. Wahrscheinlich keine Empfehlung für Kickl-Fans, auch wenn es gerade für sie wichtig wäre …
Wir warten aber eigentlich schon auf Hape Kerkeling und sein Auftritt lohnt auf jeden Fall. Da nehme ich in Kauf an einem schönen Tag an Kickl erinnert zu werden. Auch er hat ein Buch über sein Leben geschrieben und erzählt daraus – brillant wie immer. Von der Großmutter, die obwohl in Marienbad geboren sich immer als Österreicherin gefühlt hat, von Amsterdam, wo anscheinend der Ursprung seiner Familie war und von einer unehelichen Geburt zu frühen Zeiten, sodass er doch tatsächlich ganz weitschichtig mit der englischen Königsfamilie verwandt sein könnte. Oder ist, oder doch nicht. „Charles weiß es noch nicht“ meinte er spitzbübig und sollte wer gute Beziehungen zu ihm haben, möge man es ihm doch schonend beibringen.
Bei der nächsten Veranstaltung über das Buch von Richard Cockett: Stadt der Ideen. Als Wien die moderne Welt erfand hatte ich zwar mir vorgestellt, dass es um Architektur, die Wiener Werkstätte oder die Sezession gehen könnte, und bin damit falsch gelegen. Cockett erzählte in erster Linie von Auswanderern, die dann in den USA moderne Ideen in die Welt setzten. So hat ein Wiener die Shopping Mall erfunden, natürlich war auch Hedy Lamarr ein Thema, aber es gab auch noch eine ganze Reihe anderer Bespiele – so sei nur noch Ernst Dichter, DER Marketing und Werbepapst erwähnt, der eigentlich auch aus Wien stammte.
Danach lauschte wir den Erzählungen von Michael Pammesberger, der seinen Jahresrückblick 2024 – Gfraster Gfrieser Gfrett bereits jetzt vorstellte.
Später zogen wir weiter zur Standard-Bühne um von Alberto Grandi mehr über die Mythen der italienischen Nationalgerichte zu erfahren, so z.B. das Spaghetti eigentlich nicht so richtig aus Italien stammen, sondern eher aus Amerika und auch der berühmte Parmesan kommt eigentlich aus Visconsin.
Zwar von den italienischen Einwanderern, aber eben nicht aus Italien. Irgendwie müssen wir jetzt unser Bild der Mittelmeerküche und ins besonders von Italien revidieren. Aber macht ja nichts, es schmeckt trotzdem und wir haben wieder etwas gelernt.
Kurt Fleischner zeigte anschließend mit seinem Buch Wenn der Rebbe lacht wie der jüdische Witz im Lebensalltag und in der Psychotherapie helfen kann. Ein kleiner Witz zum einstimmen (und zum Nachdenken für Helikoptereltern): Die Mutter ruft ihren Sohn und er antwortet: „Ja, Mama, was ist? Habe ich Hunger oder ist mir kalt?“
Schließlich verfolgten wir noch eine Diskussion über den Ukraine-Krieg, lauschten Francesca Melandri, die über ihr Buch „Kalte Füße“ erzählte und dann kam mein Höhepunkt: Robert Harris, der seinen neuen Roman „Abgrund“ vorstellte.
Ich habe nun schon einige Romane, oder sollte man besser Thriller von Harris gelesen und sie immer verschlungen. Daher war ich natürlich auf das neue Buch besonders gespannt und obwohl ich mir eigentlich ein Paperback eines „alten“ Harris kaufen wollte, ging dann doch das „neue“ Buch mit mir (sogar signiert, wer kann da widerstehen) nach Hause.
Ich werde jedenfalls berichten, wie es mir gefällt. Hier findet ihr die Besprechungen von Robert Harris: Der zweite Schlaf, Enigma, Konklave und München.
Danach warfen wir einen kurzen Blick zum RoadLab des Technischen Museums und in die Science Lounge des Brandstätter-Verlags.
Dort erzählte gerade Sonia Kleindorfer über die erstaunliche Welt der Graugänse, die sie auch in einem Buch beschrieben hat. Und ich merkte wieder einmal, dass man immer wieder Interessantes fast verpasst.
Auch das ist ein Grund für mich immer wieder auf die Buch Wien zu spazieren. Es gibt immer wieder was Neues, Ungewohntes, Erstaunliches zu entdecken.
Ich freue mich schon auf das nächste Jahr ….