Das Kunstforum Wien zeigt erstmals nach den 1960er Jahren wieder eine Retrospektive von Paul Gauguin.
Gerade habe ich es noch in die Ausstellung geschafft – es wäre schade gewesen, sie zu verpassen. Von Gauguin waren mir eigentlich nur seine „Südsee“-Bilder bekannt. Daher war einiges in der Ausstellung für mich wirklich „unexpected“. Auch über seinen Lebenslauf und die dunklen Seiten in seiner Biografie habe ich viel Neues erfahren.
Gänzlich unbekannt waren mir seine Holzschnitte, Keramiken und Buchillustrationen. Daher hatte ich auch erwartet, mehrere Bilder aus seiner Zeit in Tahiti zu sehen. Diese waren eigentlich in der Unterzahl vorhanden. Schade.
Sie gefallen mir von all seinen unterschiedlichen künstlerischen Werken am besten, zeigen eine ganz eigene Kraft und Ausstrahlung und die ihnen eigenen Farbigkeit begeistert mich immer wieder.
In der Ausstellung sind vor allem viele seiner Holzschnitte zu sehen, ebenfalls beeindruckend, aber für mich kommen sie nicht an die „Südsee“-Bilder heran. Auch jene Landschaftsbilder, die aus seiner „impressionistischen“ Zeit stammen, sind schön, kommen aber nicht an jene Bilder der Tahiti-Epoche heran.
Irgendwie fehlt ihnen die Seele, die Leichtigkeit, die Farbigkeit der großen Impressionisten. Zu sehen sind auch einige Werke, die im Pinselstrich an Van Gogh erinnern, mit dem er auch einige Zeit gemeinsam verbracht hatte.
Das gemeinsame Arbeiten der Beiden scheint allerdings nicht ganz einfach gewesen zu sein, nachdem sich Van Gogh einen Teil seines Ohres abgeschnitten hatte, verließ Paul Gauguin das gemeinsame Atelier.
In der Ausstellung sind über 80 Werke aus Gauguins gesamtem Schaffen zu sehen: Gemälde, Arbeiten auf Papier und Skulpturen.
Paul Gauguin wurde am 7. Juni 1848 in Paris geboren. Als 1848 die Revolution in Paris ausbricht, verlässt die Familie Frankreich und bleibt bis 1855 in Lima in Peru. Die Familie kommt nach Frankreich zurück, 1872 beginnt Gauguin nach der Absolvierung seines Kriegsdienstes in Paris als Börsenmakler zu arbeiten. Ein Jahr später heiratet er die Dänin Mette Gad, mit der er insgesamt fünf Kinder haben wird. In seiner Freizeit beginnt Gauguin als Autodidakt zu zeichnen und zu malen.
1882 verliert Gauguin auf Grund des Börsenkrachs seine Beschäftigung und entscheidet sich endgültig für eine Künstlerkarriere. Allerdings ist es nun mit einem begüterten Leben vorbei. Die Familie zieht nach Rouen, wo der Lebensunterhalt günstiger ist, später muss die Familie sogar zu Verwandten seiner Frau nach Kopenhagen ziehen.
Obwohl er lebenslang mit seiner Frau brieflich in Verbindung bleibt, verlässt er die Familie, zieht zuerst nach Paris, dann in die Bretagne und bereist schließlich 1887 die französischen Kolonien Panama und Martinique.
Es folgt der Aufenthalt in Arles bei Vincent van Gogh.
Be der Weltausstellung in Paris besucht Gauguin die zentrale „Exposition des Colonies“. Sein Interesse für exotische Länder und Kulturen nimmt immer mehr zu.
Nach einem letzten Besuch bei seiner Familie in Kopenhagen reist er nach Tahiti um im Auftrag der französischen Regierung die „Sitten und Natur dieses Landes von einem künstlerischen Standpunkt zu studieren und in Gemälden festhalten zu können“.
Gauguin ist enttäuscht vom „europäischen“ Einfluss in den Kolonien, er sieht die Ursprünglichkeit verloren. Später wird er sich für die Kultur und die Lebensart der Bewohner einsetzen und kommt dabei auch mit der Kolonialbehörde in Konflikt.
Bei seinen Aufenthalten in der Südsee zeigt sich aber auch immer wieder auch die dunkle Seite in seinem Leben: Seine Leidenschaft für junge Mädchen, die ihm nicht nur Modell stehen, sondern auch als Geliebte zur Verfügung stehen (müssen?).
Finanziell geht es ihm weiter schlecht. Gauguin kehrt nach Frankreich zurück, um seine Bilder zu verkaufen. Doch während seine Künstlerkollegen voll des Lobes sind, bleibt der Erfolg beim Publikum aus. Bei einem Aufenthalt in der Bretagne wird er bei einer Rauferei am Bein verletzt, von der er sich nicht mehr erholt.
Im Juli 1895 verlässt Gauguin Frankreich für immer. Bei seiner Ankunft auf Papeete ist er enttäuscht über die vielen Veränderungen auf Tahiti. Auf einem gepachteten Stück Land lässt er sich eine traditionelle tahitianische Hütte bauen. Im Jänner 1896 nimmt er sich die 14-jährige Pahura als Vahine (als Lebensgefährtin).
Schmerzen im Bein und seine finanzielle Lage lassen ihn an Selbstmord denken, obwohl er sich kein „anderes Leben, nur dieses“ wünscht.
Gauguin übersiedelt nach Atuona auf der Marquesas-Insel Hiva Ova, wo er ein von der Zivilisation weiter abgelegenes und kostengünstigeres Leben sucht. Auch hier nimmt er sich wieder eine 14-jährige als Geliebte, die ihm 1902 noch eine Tochter gebiert.
Im Frühjahr 1903 stirbt Gauguin nach einer großen Dosis Morphium und wahrscheinlich einem Herzanfall.
Das Kunstforum Wien ist täglich von 10:00 bis 19:00 Uhr, freitags von 10:00 bis 21:00 Uhr geöffnet.
Zur Ausstellung ist ein Katalog mit 192 Seiten und ca. 170 Farbabbildungen erschienen, erhältlich im Shop des Kunstforums Wien und im gut sortierten Buchhandel.