Ein Ausstellungsbesuch als Jungbrunnen – Erinnerungen an die 1980er werden wach – mit der Ausstellung über Keith Haring bringt die Albertina einen Star meiner Jugend zurück.
Vielen ist er nur als Künstler der Strichmännchen bekannt und wahrscheinlich waren auch sie es, die mich am Anfang so faszinierten. Aber Haring ist mehr, viel viel mehr….
Haring „tauchte" in meinem Leben auf, als Wien gerade begann seinen alten Mief abzuschütteln, Ja, auch hier wurden die Gehsteige früher schon um 20:00 Uhr hochgeklappt. Kultur wurde sehr klassisch gesehen: schließlich war man stolz auf die alten Meister (nichts gegen sie, sie sind wunderbar!) im KHM, den Dürer Hasen in der Albertina, Klimt im Belvedere – mehr brauchte man nicht. Neues war auch ein irgendwie nicht erwünscht…
Mit meiner Begeisterung für die Wiener Schule des Phantastischen Realismus (Brauer, Fuchs, Hauser, Lehmden, Leherb, Hutter) gehörte ich schon zu den progressiven Kunstfreunden, auch dass mir die schiefen Böden und Wände von Hundertwasser gefielen, konnten einige Freunde nicht ganz verstehen. Doch dann schwappten die New Yorker in mein Leben: Andy Warhol, Roy Lichtenstein und an erster Stelle Keith Haring.
Die Männchen, die Babys, die Hunde und die lächelnden Gesichter (wie eine Vorstufe zu meinen ebenfalls geliebten Smileys) – all das gefiel mir. Man konnte lange vor jedem Bild stehen und entdeckte immer etwas Neues: faszinierend.
Klare Linienführung, klare Aussage der Werke und dann doch wieder versteckt und hintergründig. Wobei ich allerdings gestehen muss, dass ich das Alphabet wie es jetzt in der Ausstellung in der Albertina vorgestellt wird, nicht so wirklich durchschaut habe.
Daher ist es nun ein ganz besonderes Erlebnis sich wieder mit Keith Haring zu beschäftigen, genauer, tiefer, aufgeklärter. Eigentlich bekomme ich jetzt erklärt, was ich damals unterbewusst wahrgenommen habe, so ich mich richtig erinnere. Und mit der Beschäftigung mit den Bildern kommt auch wieder das Feeling der 1970er und 80er zurück. Der Glaube, dass man alles schaffen kann, an eine bessere Welt in der mehr Frieden herrscht, genug zu essen für alle da ist und Gier und Neid keinen Platz mehr haben. Es war Aufbruchstimmung – lange ist es her…
Wer nun die Ausstellung in der Albertina besucht, wird leider bemerken, dass die Themen von Keith Haring noch immer aktuell sind, manche aktueller denn je: er war einer der ersten der den Umweltschutz ernst nahm, auf Unterdrückung (z.B. in Südafrika) aufmerksam machte, der die technische Entwicklung (wie auch der eben verstorbene Steven Hawkins) auch kritisch betrachtete, der um den Einfluss von Medien wusste und auch wie Menschen als Masse manipuliert und ausgenutzt werden konnten, der sich in seinen späten Werken (wohl auch aus persönlichen Gründen) mit AIDS beschäftigte, mit dem „anders sein" in der Gesellschaft.
Alle diese Themen sind heute noch genauso aktuell wie damals – allein die Stimmung in der Gesellschaft ist schlechter, resignativer geworden, Neid und Gier statt Gemeinsamkeit und Solidarität stehen an erster Stelle. Es ist Zeit, sich wieder die Werke von Keith Haring anzusehen und auf sich wirken zu lassen. Ein genialer Zeichner, der leider viel zu früh diese Welt verlassen musste – wie sagte schon Billy Joel in seinem Song in den 1970ern: Only the Good die young.
Auf also in die Albertina! Anschauen, genießen, aber auch nachdenken – vielleicht kommt bei Euch dieses Feeling ja auch (wieder) auf oder ihr entdeckt ihn für Euch neu…
Die Albertina ist täglich von 10:00 bis 18:00 Uhr geöffnet, Mittwoch und Freitag bis 21:00 Uhr.
16.3.-24.6.2018 Keith Haring: The Alphabet
Albertina, Basteihalle
1010 Wien, Albertinaplatz 1
Tel: +43 1 534 83 0
Email:
www.albertina.at
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