Lipno mit seinem Stausee, den sommerlichen Wandermöglichkeiten und seinem kleinen Skigebiet ist eine relativ junge Gemeinde, aber eines der schönsten Urlaubsgebiete in Tschechien für die ganze Familie
Geschichte
Die Gegend am Fuße des Böhmerwaldes wurde bereits gegen Ende des 13. Jahrhunderts besiedelt, immerhin kann man von 15 Funden am Nordufer des Sees berichten. Als Besitzer der Gegend sind allerdings die Rosenberger bekannt, denen auch das nicht allzu weit entfernte Český Krumlov gehörte, dem man auch einen Besuch abstatten sollte. So wurde auch Frymburk bereits 1277 erwähnt und bereits damals nutzten die zahlreichen Holzfäller den Fluss zum Holzschwemmen, Mühlen und Hammerwerke waren ebenfalls weit verbreitet am Oberlauf der Moldau.
Damals lagen auf dem Gebiet des heutigen Lipno nad Vitavou die Siedlungen Studene, Pliskov, Goblens, Petruv mlyn und Slupecna, die allerdings durch den Bau des Lipno Stausees entweder überflutet oder komplett umgestaltet wurden. Bereits 1530 machte der Wasserbauer des Hauses Rosenberg, Štěpánek Netolický Vorschläge für die Floßbarmachung der oberen Moldau, um den Holztransport zu vereinfachen und 1552 wurde das Vorhaben auch von Albrecht von Guttstein zwischen Vyšší Brod und České Budějovice verwirklicht. Erst der Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 und dann die Gründung der Tschechoslowakei 1918 bewirkten einen Einbruch des Holztransportes und –verkaufs.
Der Name Lipno leitet sich vom deutschen Wort Lippe ab, da die nahe gelegenen Hänge des Luč und des Certova hora an Lippen erinnern, und so hieß der Ort auch in seiner deutschen Bezeichnung. Auch waren die Ortschaften bis 1945 überwiegend von Deutschen besiedelt. Lipno war eigentlich nie ein Ort, sondern die Bezeichnung für eine Furt.
Die ursprüngliche Holzfällersiedlung wurde beim Bau des Lipnostausees zwischen 1952 und 1959 wie auch die anderen Siedlungen fast vollständig zerstört. Danach entstanden neu einige Siedlungen direkt am See und nach der Samtenen Revolution entstand hier eines der beliebtesten Erholungsgebiete von Tschechien für Sommer und Winter.
Der Stausee
Bereits im Tertiär befand sich im Gebiet der oberen Moldau ein großer natürlicher See, der zwischen der Teufelswand und dem Berg Luč die Felsen durchbrach und dadurch das Flussbett der Moldau schuf.
Der heutige Stausee ist Teil der Moldau-Kaskade, bildet deren höchstgelegene Stufe und liegt an der Grenze zu Österreich im Nationalpark und Landschaftsschutzgebiet Böhmerwald. Er entstand 1959 nach der Errichtung der Staumauer und dem Kraftwerk im Moldautal. Neben der Stromerzeugung sollten dadurch unter anderem die Städte České Budějovice und auch die Hauptstadt Prag vor Hochwasser geschützt werden.
Der See ist 4.650 Hektar groß, 42 km lang und 5 km breit und gilt damit als der flächenmäßig größte See in Tschechien. Daher stammt wohl auch sein Spitzname Jihočeske moře (Südböhmisches Meer) oder Šumavské moře (Böhmerwald-Meer).
Der Staudamm hat eine Länge von 296 Meter und ist 25 Meter hoch, dazu gehören das Speicherkraftwerk Lipno I und das Laufwasserkraftwerk Lipno II. Ursprünglich diente der See als Ausgleichsbecken für den unregelmäßigen Abfluss von Lipno I, zwischen den Kraftwerken war das Flussbett auf 9 Kilometer trocken. Seit 1996 wird ein Sanierungsdurchfluss abgelassen, der bei Wassersportveranstaltungen und bei Hochwasser erhöht werden kann.
In den Chroniken vom 17. bis zum 19. Jahrhundert kann man immer wieder lesen, dass die Gegend und ihre Ortschaften des Öfteren von Hochwasser und Überschwemmungen heimgesucht wurden. Auch einige erhaltene Markierungen an Mauern und Felsen sind Zeugnisse dafür. Auch 1890 suchte wieder ein großes Hochwasser die Region heim und so begannen 1892 die ersten Überlegungen mehrere kleine Staudämme zu errichten, die helfen sollten, die Überflutungen zu verhindern. 1899 schlug der Baurat Jan Jirsík des damaligen Königreichs Böhmen den Bau einiger Stauseen vor, doch die Landwirte, die das Land bewirtschafteten waren nicht bereit ihre Grundstücke zu verkaufen und so geriet das Projekt wieder in Vergessenheit.
Mit dem Hochwasser von 1920 begannen wieder Planungen in diese Richtung, 1930 gab es dann die ersten konkreten Pläne, die den Damm bereits in die Nähe von Lipno nad Vitavou platzierten. Doch durch die Besetzung Böhmens und Mährens infolge des Münchner Abkommens und dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde auch dieses Projekt nicht verwirklicht.
Erst 1948 wurden die Pläne wieder aufgenommen und auch gleich um ein, an den Staudamm angeschlossenes, Kraftwerk erweitert. Nach der Vertreibung der Sudetendeutschen – die größte Bevölkerungsgruppe der Region vor dem Krieg – war es für den Staat nun auch leichter an die Grundstücke zu kommen. Der Staudamm wurde für die damalige kommunistische Regierung zu einem Prestigeobjekt, für das im ganzen Land Arbeiter gesucht wurden, Bereits 1950 begann man mit Sprengungen, von 1951 bis 1959 wurde schließlich der Stausee mit der zugehörigen Staumauer gebaut. Jene Holzhäuser – für die Arbeiter des Staumauerbaus errichtet – wurden die ersten Häuser von Lipno. Das Moldautal wurde zu einer riesigen Baustelle, Orte wurden umgesiedelt, Friedhöfe verlegt.
Am 30.12.1955 um 2:30 wurde die Moldau in ihr neues Flussbett umgeleitet und mit dem dem Vortrieb der Gegenstollen von Lipno aus begonnen, wobei es bereits am 10.1.1956 zum Durchschlag beider Stollen kam. Mitte Januar 1957 wurde mit dem Bau des unterirdischen Kraftwerks begonnen, dessen erste Turbine bereits im Frühjahr 1957 in Betrieb ging. Im Herbst des Jahres war der Damm fertiggestellt. Anfang 1958 begann die Installierung der Maschineneinrichtungen der beiden Kraftwerksblöcke in der Kaverne. Im Juni 1958 wurde der letzte Block des Damms auf Straßenniveau betoniert, mit der früh und stark einsetzenden Schneeschmelze hatte der Damm seiner ersten Belastungsprobe standgehalten.
Mit dem Sommer 1958 begann die erste Urlaubssaison am Lipnostausee.