gehirngefühl.! im museum gugging
Die neue Daueraustellung im Museum Gugging zeigt Werke der Künstler aus Gugging von 1970 bis in die Gegenwart.
Ich gestehe es gleich am Anfang: ich habe das Museum Gugging nicht gekannt, obwohl ich mich für Bildende Kunst interessiere und Gugging gar nicht so weit von meiner Heimstätte entfernt liegt. Spukt da vielleicht in meinem Kopf noch die Vergangenheit? Egal – einmal muss das erste Mal sein und jetzt war es soweit. Endlich, kann ich da nur sagen ...
Das Museum liegt etwas versteckt, immer weiter Richtung Maria Gugging fahren – die Abzweigung ist beschriftet. Wir waren nicht ausdauernd genug und sind daher einen Weg zu früh abgebogen.
Doch nun zur neuen Dauerausstellung, die bis ins Jahr 2021 laufen wird und von Johann Feilacher kuratiert wurde. Da diese Ausstellung aber von verschiedenen Events und Sonderausstellungen begleitet wird, lohnt es sich ohne weiteres Gugging öfter zu besuchen (was ich jetzt auch machen werde).
Die Kunst aus Gugging hatte ihre Initialzündung 1970 mit der Ausstellung in der legendären Wiener „Galerie nächst St. Stephan“. Diese war der Beginn des Aufstiegs der Vertreter der Art Brut in der Kunstwelt.
Was ist Art Brut?
In den 1940er Jahren begann Jean Dubuffet seine Suche nach Kunst, die von bürgerlichen Zwängen und Prestigedruck befreit sein sollte und trat dabei in Kontakt mit KünstlerInnen, deren Arbeiten eigentlich nicht als Kunst anerkannt waren. „Die echte Kunst ist stets dort, wo man sie nicht erwartet. Wo niemand an sie denkt, noch ihren Namen nennt.“
Dubuffet suchte die rohe unbeeinflusste Kunst, bereiste europäische Länder, aber auch Afrika und ließ sich sogar aus Brasilien Arbeiten schicken. Aber er besuchte auch Personen, die als AußenseiterInnen betrachtet wurden: psychiatrische PatientInnen, Kinder, AutodidaktInnen aus kunstfernen Berufen oder Volkskünstler – wobei er die Arbeiten von Kindern und die Volkskunst später wieder aus seinem Begriff „Art Brut“ ausschloss. So wurden die gesellschaftlichen Außenseiter zu ProtagonistInnen seines Kunstbegriffs.
Die Gugginger Künstlergruppe wird seit den 1970er Jahren der Art Brut zugerechnet und sie wurde auch von Jean Dubuffet als Vertreter dieser Kunstrichtung persönlich anerkannt. Damals begann der Aufstieg der „Gugginger“, deren Arbeiten inzwischen neben der Collection de l’Art Brut in Lausanne auch in vielen Museen und Sammlungen zeitgenössischer Kunst vertreten sind.
Seit damals entstand in Gugging ein breites Œuvres an künstlerischen Werken und die Namen der ersten Generation der Künstler aus Gugging – wie Johann Hauser, August Walla, Rudolf Horacek, Johann Korec oder Oswald Tschirtner – sind heute auch in der Kunstwelt ein Begriff und ihre Werke erzielen beachtliche Preise.
In der neuen Ausstellung präsentiert das museum gugging Arbeiten aus den letzten fünf Jahrzehnten, wobei aber diesmal der Schwerpunkt auf der gegenwärtigen Generation der Künstler aus Gugging liegt: Laila Bachtiar, Leonhard Fink, Helmut Hladisch, Arnold Schmidt, Jürgen Tauscher, Karl Vondal und Günther Schützenhofer sind die neuen Künstler aus Gugging, deren Arbeiten – vorwiegend Zeichnungen – nun im Mittelpunkt stehen.
Die Arbeit „Das fade Gehirngefühl“ von Johann Garber, den man als Bindeglied zwischen den Generationen bezeichnen kann, stand Pate für den Titel der Ausstellung.
Johann Feilacher, künstlerische Leiter und Kurator des museum guggings war es ein Anliegen in der neuen Ausstellung alle Gugginger Künstlergenerationen und ihre Positionen zu präsentieren, aber auch den Fokus auf die aktuellen Arbeiten zu legen.
So beeindrucken die Arbeiten von Laila Bachtiar durch ihre besondere Linienführung, die ein wesentliches Charakteristikum ihrer Werke ist, wobei oft der tatsächliche Inhalt der Blätter hinter der zeichnerischen Dichte zurücktritt.
Leonhard Fink fertigt fast ausschließlich Bleistiftzeichnungen. Kleinteilig und aufwendig gestalteten Landkarten, die durch ihre Details faszinieren. Man kann wahrscheinlich stundenlang vor einem Bild stehen und wird immer wieder neue Feinheiten entdecken. Oft flechtet er auch noch Text in sein Bild und bietet dem Betrachter mehrere Leserichtungen in seiner zeichnerischen Welt an.
Arnold Schmidts Arbeiten zeichnen sich durch Kraft und Intensität aus, Linien und Farben sind dicht und oft übereinander gelagert, viele Schichten entstehen, die miteinander verschmelzen. Er ist der Meister der Mischfarben.
Aber auch weitere zeitgenössische Künstler werden in der Ausstellung präsentiert: Helmut Hladisch, Günther Schützenhofer, Jürgen Tauscher oder Johann Garber und Karl Vondal, die bereits 2017 in einer Sonderschau präsentiert wurden.
Fotoporträts von Maria Ziegelböck
Außerdem sind die Fotoporträts der Künstler aus Gugging von Maria Ziegelböck, einer international bekannten Porträt und Modefotografin im Garber Salon des Museums zu sehen. Johann Feilacher hat die Künstlerin für dieses Fotoprojekt eingeladen, das mehrere Wochen in Anspruch nahm, in denen die Fotografin immer wieder die Künstler in Gugging besuchte. Während dieser Zeit entstanden die beeindruckenden Fotoporträts.
Zur Ausstellung ist auch ein wunderbarer Katalog im Residenz Verlag erschienen, 386 Seiten mit zahlreichen Abbildungen (ISBN 978-3-701-73450-4)
Das Museum ist im Sommer Dienstag bis Sonntag von 10:00 bis 18:00 Uhr und im Winter Dienstag bis Sonntag von 10:00 bis 17:00 Uhr geöffnet.
gehirngefühl.!
museum gugging
3400 Maria Gugging, Am Campus 2
Tel: +43 2243 87087
Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
www.gugging.at