- Mai bis Oktober 2023
- Ganymed Bridge
- KHM und NHM
- 1010 Wien
- Maria-Theresien-Platz
- https://www.khm.at, https//www.nhm.at
Die Ganymed Events des Kunsthistorischen Museums Wien schlagen nun eine Brücke ins Naturhistorische Museum. (Sujet © wenn es soweit ist)
Seit Jahren will ich zu den Ganymed Events ins Kunsthistorische Museum. Nun ist das Naturhistorische Museum auch mit dabei und ich durfte bei der Pressekonferenz drei Kostproben genießen. Jetzt muss ich einfach!

Ganymed ist ein erfolgreiches Theaterprojekt von Jacqueline Kornmüller und Peter Wolf, das bereits seit mehreren Jahren läuft und dieses Jahr das erste Mal versucht eine Brücke zwischen dem Kunsthistorischen und Naturhistorischen Museum zu schlagen. Wobei zu Beginn des Projekts durchaus auch an eine reale Brücke gedacht wurde (was schon auch ein schöner Gedanke wäre – von Café zu Café zu schreiten). Doch diese Idee musste leider verworfen werden. Auch kein Problem, dann werden wir eben an Maria Theresia vorbei von einem Museum zum anderen schreiten und bei ihrem Denkmal auch noch einen Stopp einlegen.

Im Prinzip hat mich dieses Projekt eigentlich immer gereizt, weil ich mir so gar nichts darunter vorstellen konnte. Mir war bekannt, dass vor ausgewählten Werken im KHM eigene Kunstperformances stattfanden, die auf das Werk irgendwie Bezug nehmen sollten. Aha. Vorstellung wie oder was das sein könnte – null Ahnung, und dennoch ich habe mir das immer spannend vorgestellt und genauso ist es.

Ganymed Bridge ließ sich heuer von der amerikanischen Biologin und Philosophin Donna Haraway inspirieren. Sie meinte: „Der Mensch muss lernen, weniger tödlich zu sein, und sich entlang erfinderischer Verbindungslinien verwandt machen.“ Dieser Satz war für das Leading Team von Ganymed Bridge Aufforderung und Ziel zugleich: Einen Brückenschlag zwischen Kultur und Natur zu schlagen um zu sehen, was diese untereinander und miteinander bewirken.

AutorInnen, KomponistInnen und PerformerInnen wurden eingeladen bei diesem Brückenschlag mitzuwirken und Auftragswerke über Objekte der zoologischen Schausäle und über Meisterwerke der Gemäldegalerie zu entwickeln. So entstanden sieben Szenen im Kunsthistorischen und sieben Szenen im Naturhistorischen Museum.

Die Brücke zwischen den beiden Museen bilden Martin Ptak und Georg Schrattenholzer mit ihren zwei Alphörner, die die Distanz der 155 Meter mit Call and Answer sicher ohne Schwierigkeiten überwinden können.
Folgende Szenen werden im Naturhistorischen Museum zu bewundern sein:
- Die ersten Tage der Menschheit – Federspiel über den Dinosaurier (Allosaurus fragilis)
- Personal Growth – András Dés über den Gorilla (gorilla gorilla)
- Gespräch mit meinem Mader – Martin Pollack über den Steinmader (Martes foina). Es spielt Christian Nickel
- Im Auge des Elefanten – Peter Wolf über den Asiatischen Elefanten (Elephas maximus). Es spielen Peter Wolf, Mona Matbou Riahi und Mahan Mirarab
- Das Nest – Liliya Burdinskaya über den Kolkraben (Corvus corax). Es spielt Manaho Shimokawa
- Schattenmond – Lukas Lauermann über den Mondfisch (Mola mola)
- Wie die Welt schmeckt – Emely Stewart, Mercedes und Miriam Vargas über die Japanischen Riesenkrabben (Macrocheira kaempferi)

Im Kunsthistorischen Museum könnt ihr folgende Künstler sehen und natürlich hören:
- Der Rausch – Johanna Doderer und Shadab Shayegan über Theseus besiegt den Kentaur von Antonio Canova. Es spielen Judith Fliedl und Evgeny Artemenkov.
- Einen Namen haben – Milena Michiko Flašar über Jagdhund mit Blumen und Früchten von Jan Fyt. Es spielt Mara Romei.
- Unter Geiern – Die Strottern über Südamerikanischer Königsgeier von Jan Weenix. Es spielen Klemens Lendl und David Müller
- In der Falle – Franz Schuh über Die Vogelfalle von Pieter Bruegel d. Ä.Es spielen Katrin Grumeth und David Oberkogler
- Durst – Amélie Nothomb über Ecce Homo von Tizian. Es spielt Raphael von Bargen
- Corncerning das Einhorn -Teresa Präauer über Hl: Justina von Alessandro Bonvicino. Es spielt Grischka Voss
- Den Bogen spannen – Tony Rey Garcia über Der Kentaur Chiron und Achill von Giuseppe Maria Crespi, gen. Lo Spagnuolo. Es spielen Martin Eberle, Tony Rey Garcia, Peter Rom

Damit ihr euch vorstellen könnt, was euch bei so einem Abend erwartet, möchte ich euch hier noch drei Kurzausschnitte der Performances zeigen, die bei der Pressekonferenz vorgeführt wurden.

Personal Growth
András Dés über den Gorilla
Erwartungsvoll nahmen wir unsere Stockerl entgegen und strebten in den Saal um bei der Vitrine, in der der Gorilla auf Besucher wartet abrupt zu stoppen. Ein Mann lag hier lang ausgestreckt am Boden.

Sogleich wurden die Sitze aufgestellt und nach Möglichkeit gute „Lausch“- und Sichtpositionen eingenommen und nachdem wirklich alle still waren ging es los.

Es begann mit leisem Klopfen und Klatschen – noch konnte man sich nicht vorstellen, was folgen würde und ich konnte auch in etlichen Gesichtern ziemliches Unverständnis lesen. Doch dieses Klopfen,Klatschen, Stampfen wurde von Minute zu Minute rhythmischer und die Bewegungen glichen sich mehr und mehr den bekannten Bewegungen eines Gorillas an. So entstand ein richtiges Musikstück und eine sehenswerte Performance. Sagenhaft ….

Hier ein kleiner Ausschnitt:
Dann ging es weiter zu Riesenkrabben.
Wie die Welt schmeckt
Emily Stewart, Mercedes und Miriam Vargas über die Japanischen Riesenkrabben
Leises Geigenspiel startet und hinter den beiden Riesenkrabben tauchen die Zwillinge Mercedes und Miriam Vargas auf, um ihre Geschichte – oder vielleicht die Geschichte von Zwillingen überhaupt – zu erzählen. Das Geigenspiel ändert sich je nach Emotionslage.

Es ist eine interessante Geschichte, die hier dargeboten wird: von Nähe und Distanz, von Liebe, voll von Humor und doch hintergründig. Es muss eine seltsame, bereichernde, manchmal schwierige Beziehung zwischen Zwillingen sein, zwischen Erst- und Zweitgeborenen. „Wenn in Afrika ein Zwilling stirbt, sagt man: Er holt nur mal schnell Brennholz“. Man spürt förmlich die Nähe zwischen den beiden Schwestern.

Eine wunderschöne Geschichte, zauberhaft erzählt und musikalisch begleitet. Die Verbindung zu den Riesenkrabben ist mir zwar nicht ganz klar, aber vielleicht sind diese beiden ja auch Geschwister oder ihre Zwillingskrabben holen nur mal schnell Brennholz ….
Nach dieser Szene (meine Lieblingsszene) ging es schnellen Schritts an Maria Theresia vorbei ins Kunsthistorische Museum.
Der Rausch
Johanna Doderer und Shadab Shayegan über Theseus besiegt den Kentaur von Antonio Canova.
Es spielen Judith Fliedl und Evgeny Artemenkov.

Diese Szene möchte ich wirklich gerne bei Ganymed Bridge noch einmal sehen. Da das Kunsthistorische Museum zum Unterschied zum NHM offen hatte, gab es natürlich jede Menge Besucher, die meine Konzentration auf die Szene natürlich schon etwas störten.

Unübersehbar ist für jeden Besucher die Skulptur, die im Zwischenstock der Treppen die Blicke auf sich zieht. Von beiden Treppen kommen nun langsam die beiden Geigenvirtuosen mit leisen gefühlvollen Spiel zum Theseus geschritten. Während sich die Musik immer mehr steigert, zeigen sich auf den Figuren Farben, Risse, Verläufe, die an Blut, Verderben, Kampf und Krieg erinnern.

Die österreichische Komponistin Johanna Doderer und die iranische Animationskünstlerin Shadab Shayegan erzählen so ihre Geschichte von der Kultur der Diktatur und den männlichen Mythos von Gewalt und Dominanz.
Die Geigerin und der Geiger tauschen nach furiosen Klängen die Plätze, wenden sich der anderen Seite zu und gehen langsam wieder die Treppe hoch während ihre Musik leiser wird und dann ganz verstummt.
Ihr seht, es sind ungewöhnliche Szenen. Aufführungen, die man vielleicht nicht gleich versteht, deren Verbindung zum Kunstwerk man nicht auf den ersten Blick vielleicht erkennen kann, die aber toll aufgeführt sind und zum Nachdenken einladen.
Ich freue mich jedenfalls schon, das komplette „Programm“ zu erforschen …
Die Premiere fand am 5.5.2023 statt, weitere Termine sind 13., 19. und 16.5.| 3., 9., 17. ,23. und 30.6.| 1. und 7.7.| 19. und 25.8.| 2., 8. 16. 22. und 30.9.| 6. und 14.10.2023.
Es wird von 19:00 bis 22:00 Uhr gespielt, Einlass ist ab 18:15 Uhr, die Karten kosten 48 Euro (ermäßigt 28 Euro) und können online auf www.shop.khm.at/tickets/ganymedbridge sowie an der Museumskassa erworben werden.
Weiter Infos findet ihr auch unter www.ganymedbridge.at.