Die „näheren“ Beziehungen zwischen Brasilien feiern heuer 200. Geburtstag.
Im Naturhistorischen Museum in Wien widmet sich eine Sonderausstellung der unglaublichen Vielfalt in der Fauna und Flora Brasiliens, beleuchtet aber auch ein bisschen die gemeinsame Geschichte und zeigt historische Fakten.
Im Prinzip begann die gemeinsame Beziehungsgeschichte bereits 1817mit der Heirat von Kronprinzessin Leopoldine mit dem portugiesischen Thronfolger Dom Pedro, bei der wieder einmal Metternich seine Finger im Spiel hatte.
Wie damals üblich war es keine Liebesheirat, aber vielleicht half der Prinzessin ihr naturwissenschaftliches Interesse ihrem Gemahl in ein damals ziemlich unbekanntes Land zu folgen. Als „Hochzeitsgeschenk“ entsandte ihr Vater eine Forschungsexpedition mit ihr nach Brasilien und versprach ihr eine Stelle als „Hofmineralogin“ freizuhalten.
Die Ehe und das Leben der Prinzessin endete tragisch: ihr Ehemann hatte bald viele Geliebte, die er auch am Hof installierte und so seine Frau mehr als einmal demütigte. Außerdem misshandelte er Leopoldine, die wahrscheinlich mehr Verstand und politisches Gespür als er besaß, auch körperliche, sodass sie erst 29jährig nach einer Fehlgeburt starb.
Trotz ihrer kurzen Lebenszeit hatte Leopoldine großen Einfluss auf Brasiliens Geschichte. So war sie maßgeblich an der Unabhängigkeitserklärung Brasiliens 1822 beteiligt. Daran erinnert man sich im Brasilien noch bis heute.
Das Naturhistorische Museum in Wien wiederum verdankt den Forschern, die mit Leopoldine nach Brasilien reisten viele Schätze. Namhafte Forscher sollten ursprünglich zwei Jahre lang interessante Pflanzen, Tiere und Mineralien sammeln und nach Wien bringen. Dafür wurden auch genaue Reisepläne ausgearbeitet, wie auch exakte Anweisungen vorgegeben, wie die gesammelten Fundstücke zu dokumentieren seien. Außerdem wurde das Führen von Tagebüchern verlangt.
Ausgangspunkt dieser ersten Expedition war Rio de Janeiro. Das tropische Klima und die Strapazen waren allerdings für viele der Teilnehmer zu viel – sie erkranken und kehrten vorzeitig nach Wien zurück. 1821 erklärte man die Expedition für beendet.
Allerdings widersetzte sich der Präparator und Naturforscher Johann Baptist Natterer dem kaiserlichen Befehl und blieb insgesamt 18 Jahre in den Regenwäldern Südamerikas bis er wieder in seine Heimat zurückkehrte. Leider wurde ein Großteil seiner Tagebücher, Manuskripte und Notizen beim Brand der Hofburg 1848 vernichtet.
Natterer schickte damals nicht nur Gegenstände und Präparate, sondern auch lebende Tiere für die Menagerie des Kaisers (heute Tiergarten Schönbrunn) nach Wien. Die Anzahl war so groß, dass die Naturalienkabinette aus allen Nähten platzten und man in der Johannesgasse im ersten Wiener Bezirk sogar ein eigenes Brasilienmuseum eröffnete: das Brasilianum, das bald eine der Hauptattraktionen in Wien wurde. Leider bestand es nur bis 1836 und da die Ausstellungsgegenstände danach in die Hofburg zurückgebracht wurden, wurden auch sie beim großen Brand ein Raub der Flammen.
1857 gelangte auch die Novara bei ihrer Weltumsegelung nach Brasilien. Und wieder war die „Ausbeute“ enorm. Die wissenschaftliche Aufarbeitung dauerte viele Jahre und auch heute noch bringen manche, der damals mitgebrachten Objekte der Wissenschaft neue Erkenntnisse.
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht aber die Vielfalt Brasiliens, das in sieben Biome eingeteilt ist:
Bioma Marinho
Mata Atlântica
Amazônia
Caatinga
Pantanal
Pampa
Cerrado
Jedem der sieben sind eigene Tafeln und Ausstellungsstücke gewidmet, die auf die unterschiedliche Fauna und Flora, aber auch auf Probleme wie auf den Raubbau der Natur und auf ihre Verwüstung hinweisen. Man hat sich auch bemüht, gute Nachrichten aus der Wissenschaft zu verkünden: Wie man z.B. schützenswerte Gebiete wieder renaturieren könnte. Allerdings sind davon etliche sehr allgemein und unkonkret ausgefallen und wenn man gegenüberstellt, wie schnell die Natur vernichtet wird und wie lange es – auch mit Hilfe der Wissenschaft dauert, sie wieder herzustellen, kann man als Besucher kein allzu positives Gefühl für unsere Mutter Erde entwickeln.
Dennoch liegt einiges in unserer Hand. Und so stellt die Ausstellung nicht nur kritische Fragen zur Herkunft ihrer Objekte und wie sie erworben oder vielleicht geraubt wurden, sondern gibt auch Tipps für unser Verhalten.
Fazit: Der Besuch lohnt sich, man lernt einiges über die Geschichte, aber auch viel über die Vielfalt des riesigen Landes.
Zusätzlich zur Ausstellung ist ein interessanter Katalog erschienen, mit dem Interessierte ihr Wissen noch weiter vertiefen können und auch das Rahmenprogramm bietet viele interessante Vorträge. Mehr darüber und die genauen Daten des Rahmenprogramms findet ihr unter www.nhm.at
Zur Ausstellung wird auch ein Blog angeboten: www.nhm.at/brasilien/blog
Das Naturhistorische Museum in Wien ist Donnerstag bis Montag von 9:00 bis 18:30 Uhr und am Mittwoch von 9:00 bis 21:00 Uhr geöffnet. Dienstag ist geschlossen.