In der neuen Sonderausstellung im museum gugging entführen uns vier besondere gugginger Künstler bis 16.3.2025 an ihre Sehnsuchtsorte. (Foto © Daniel Hinterramskogler)
fantastische orte.! walla | strobl | vondal | fink
Diese Ausstellung hat es in sich. Verbinden sich die Werke von zwei international bekannten gugginger Künstlern mit zwei „Newcomern“, deren Arbeiten sich aber keinesfalls verstecken müssen.
Obwohl die Ausstellung keine Gehrichtung vorgibt, folgt mir einfach auf dem Weg, den wir bei der Pressebesichtigung genommen haben.
Leonhard Fink
Im ersten Raum lernen wir damit den Kosmos von Leonhard Fink kennen. Seine Bleistiftzeichnungen zeigen Landschaften, Städte, Regionen. Man kann wahrscheinlich stundenlang vor einem Bild stehen und wird immer wieder etwas Neues darin entdecken.
Wer sich darauf einlässt, kann auch überraschende Perspektiven feststellen, Reales erkennen und sehen, wie Fink dieses charmant mit irrealen vermischt. Es ist kein Wunder, dass Fink oft mehrere Monate braucht, um ein Bild fertig zu stellen. Seine Liebe zu den Landkarten könnte von seinem Vater, einem Geologen und Geografen stammen.
Aber auch wundersame Tiere bevölkern die Schau. Mit hat dabei die Riesenschlange am besten gefallen, aber auch das Einhorn aus Horn ist einfach genial.
Ein Turm aus Venedig lädt dann zum nächsten Künstler ein.
Leopold Strobl
Hier beginnt die Schau der vielen kleinen Blätter mit mythischen Landschaften, eigenartigen Stimmungen und großen Felsbrocken mit der Rialto-Brücke in Venedig.
Leopold Strobl ist – seit ich zum ersten Mal Bilder von ihm in einer Ausstellung gesehen habe – mein Liebling unter all den Künstlern aus Gugging. Er schneidet Fotografien aus Zeitungen aus, übermalt sie teilweise und schafft damit einzigartige Werke mit einer besonderen Stimmung.
Strobl wurde dieses Jahr auch die Ehre zu Teil auf Einladung von Kurator Adriano Pedrosa auf der Biennale Arte de Venezia auszustellen, wo seine Werke noch bis November zu sehen sein werden. Ein großer Erfolg für den Künstler aber auch für das Art Brut Center, wobei aber gesagt werden muss, dass seine Werke bereits seit 2016 international, darunter auch in Amerika, immer mehr Anerkennung finden.
Auch hier gilt wieder: Zeit nehmen und jedes einzelne Bild auf sich wirken lassen.
August Walla
Die übermalten Fotografien von Leopold Strobl leiten nun zu August Walla über, von dem in dieser Ausstellung nicht nur Bilder, sondern auch viele Objekte – unter anderem Einrichtungsgegenstände aus seinen Wohnungen zu sehen sind.
Am Beginn zeigen Bilder von und mit August Walle seine Inszenierungen. Walla war ein Multitalent. Er fotografierte die Natur, die Landschaft, die Donau, die Schrebergärten und platzierte immer wieder auch seine Kunstwerke in den öffentlichen Raum und machte Fotos davon. Durch seine Kunst machte Walla alltägliche Gegenstände zu Teilen seines Universums. Er bemalte Donausteine, Kästen, Fernseher, Schränke und Koffer.
Um sein „Universum“ zu verstehen, ist ein wenig Hintergrundwissen von Nöten. Walla wuchs mit seiner Großmutter und seiner Mutter auf, die er beide abgöttisch liebte. Geboren 1936 kleidete ihn seine Mutter in Mädchenkleider um ihn zu schützen. Als allerdings die russische Besatzung begann wurde er von ihr flugs wieder als Bub gekleidet.
Walla meinte daher, er sei als „Nazimädchen“ geboren und in einer „russischen Operation“ zum Kommunistendoppelknaben geworden. Das linksgedrehte und spiegelverkehrte Hakenkreuz und Hammer und Sichel sind in seinen Werken oft zu sehen, allerdings sind beide ohne politische Relevanz. Für Walla war das Hakenkreuz ein Symbol des Weiblichen, Hammer und Sichel eine Darstellung der Männlichkeit.
In der Ausstellung ist auch noch ein Ausschnitt aus dem Film „Im Land Kollombye.?“ von Heinz Bütler aus dem Jahre 1985 zu sehen, dessen Zustandekommen bei Walla gemischte Gefühle auslöste. Auf der einen Seite freute er sich da es ihm die Möglichkeit gab seine Mythologie und seine Werke zu erklären, andererseits hasste er es, sich den Regeln des Filmemachens unterzuordnen und schmiss so auch ein paar Termine, weil er eben keine Lust darauf hatte.
Besondere Beachtung verdient auch sein Umgang mit dem Tod. Nachdem Tod seiner geliebten Großmutter hatte Walla große Angst auch seine Mutter zu verlieren und kreierte das Ewigkeitsende oder das Weltallende. In dem Ewigkeitendeland sollte man seine Verstorbenen wieder treffen können und vom Ewigkeitendegott namens „Sattus“ erhoffte sich Walla die Abwehr des Todesgottes.
Als seine Mutter starb, war dies ein schwerer Einschnitt für August Walla. Über eine längere Zeit zeichnete und malte er nicht mehr und auch als er wieder mit seiner künstlerischen Tätigkeit begann, hatte sich sein Ausdruck geändert. Er wirkte nun auch in seinem Auftreten erwachsener und selbstbestimmter.
Karl Vondal
Eigentlich sollte diese Sonderausstellung mit ihm eröffnet werden. Doch das Schicksal wollte es anders. Karl Vondal starb im Mai dieses Jahres überraschend, während er arbeitete. Es wird erzählt, dass die Farbe auf seinen Fingern noch nicht getrocknet war.
Vondal ist der Meister der Collagen-Technik und als Kind der 1960er Jahre nimmt in seinen Werken Sexualität und Erotik einen hohen Stellenwert ein. Dabei stellt er häufig eine Liebesszene in den Mittelpunkt seiner Bilder, einen Mann namens Karl und eine Frau, die ein wenig Brigitte Bardot ähnelt. Frauen sind in seinen Werken aber auch durchaus selbstbewusst, stark wie z.B. eine Musikerin auf der Bühne. Umrahmt sind seine Motive nicht selten von paradiesischen Landschaften mit Palmen, Stränden, Flugzeugen. In der Ausstellung gibt es aber auch Objekte zu sehen, darunter eine Gitarre oder ein Schiff vor einem Hochhaus. Letzteres ist unvollendet.
Vondal war, ebenso wie Walla, ein sehr präsenter Künstler, der immer wieder das Gespräch mit Besuchern suchte. Nach einem Aufruf zeigen viele Fotos den Künstler beim Gespräch mit Besuchern und wie er seine Arbeiten präsentierte und sie auch aufforderte, ihn mit seinen Kunstwerken zu fotografieren.
Es ist eine tolle Schau, die wieder viel Neues bietet und die es lohnt, wenn man sich mit den Künstlern und ihren Werken auseinandersetzt.
Zwei Buchtipps noch zum Abschluss:
In „Jeder Mensch ist eine Insel“ beschreibt Wolfgang Pennwieser das Leben des Romanheldens Wallner für den er sich einige Anleihen beim Leben von August Walla nahm. Mehr darüber findet ihr hier
Über die Künstler von gugging ist ein neues Buch erschienen „kunst aus gugging“, das nicht nur die vier Künstler der Ausstellung dem Leser näher bringt, sondern insgesamt 15 Künstler und ihre Werke vorstellt. Schaut es euch an. Wer an Art brut interessiert ist, wird seine Freude daran haben.
Das museum gugging ist Dienstag bis Sonntag und Feiertage von 10:00 bis 17:00 Uhr geöffnet, Montags ist geschlossen.
Ein kurzer Rundgang durch die Ausstellung: